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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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drückten. Ich hatte einen Augenblick überlegt, ob es möglich sei, daß Hornblower bei seiner Flucht von einigen dieser Leute irgendwie Hilfe erhalten konnte. Auch war damals in Frankreich eine Gruppe im Wachsen, die mit reiferen, vernünftigeren Ansichten in der öffentlichen Meinung sich Bonaparte entgegenstellte, weil sie liberalere Überzeugungen vertrat. Oder vielleicht auch einfach, weil sie die verheerenden Folgen des Bonapartismus erkannte. Damit fanden viele Teilchen des Puzzlespiels ihren Platz. Ich wußte nun, wo Hornblower die notwendige Hilfe fand und wie seine Liebschaft zustande kam. Noch ein paar letzte Entschlüsse waren zu fassen.
    Es mußte ein Todesurteil gesprochen werden - tatsächlich sogar zwei. Arme Mrs. Hornblower. Ihr Tod war beschlossen, wenn auch nicht ohne Zaudern, nicht ohne fruchtloses Mitleid. Ich glaubte sie so gut zu kennen. Aber es war kein Platz mehr für sie da, und ihr Tod war es, der Hornblowers Erfolg einen sehr bitteren Beigeschmack geben sollte. Es war nicht weiter schwer, ihn herbeizuführen, denn im letzten Roman war sie schon schwanger, und Tod im Kindbett war zu jener Zeit so häufig, daß es nicht nötig war, viele Worte darüber zu verlieren. Sie hatte schwanger sein müssen, um mir zu ermöglichen, in ›An Spaniens Küsten‹ einen besonderen Punkt für mich zu buchen.
    Jetzt kam mir diese Tatsache wieder zugute, als hätte ich die weitere Entwicklung damals schon im Kopf gehabt. Ich kann aber aufrichtig versichern, daß dem nicht so war; dennoch vermute ich, daß es möglich ist, daß ihr nahender Tod da unten bei den Muscheln ganz unbemerkt schon geplant wurde. Mit Admiral Leightons, Barbaras Gatten, Tod gab es weiter keine Schwierigkeiten. Er war ein Seemann im aktiven Dienst, und es war ohnehin klar, daß er sich bald den Weg in die Rosas Bay erkämpfen mußte, um die Schiffe zu zerstören, die Hornblower dort außer Gefecht gesetzt hatte. Ich konnte wohl sicher sein, daß kaum jemand über Leightons Schicksal eine Träne vergießen würde - vielleicht noch nicht einmal Barbara.
    Jetzt sah es fast so aus, als sei der Roman nun so weit, geschrieben zu werden. Zweifellos stellte sich auch die alte Rastlosigkeit wieder ein. Wieder fühlte ich den Reiz, die Versuchung, herauszubekommen, ob ich wirklich die Vielfalt der Geschehnisse und Stimmungen, die mir im Kopf umgingen, aufs Papier bannen konnte. Und wieder bewegte mich die gleiche unvernünftige Hoffnung, daß dieser Roman sich leichter schreiben ließe als der vorige. Und dann kam wieder der gleiche Sprung ins Wasser: Es kam der Tag, an dem ich Seite 1 und Kapitel 1 schrieb und Admiral Leighton seinen Angriff auf die Rosas Bay einleitete. Die Arbeit ging ganz gut voran, wenn man bei ganz gut die unvermeidliche tägliche Erschöpfung mit einbezieht.
    Oberst Caillard und seine Gendarmen erschienen, um Hornblower, Bush und Brown abzuführen, als Hornblower gerade noch genug über Leightons Schicksal erfahren hatte, um ihn während der nächsten Monate in verzweifelter Ungewißheit zu halten. Die Arbeit nahm ihren normalen Verlauf, bis der Schock eintrat, so plötzlich und in jeder Fiber so schmerzhaft, als liefe man im Dunkeln gegen eine Türkante. Als ich eines Morgens meine Tagesarbeit plante, überfielen mich schreckliche Zweifel - ich aber schloß einfach die Augen davor; am nächsten Tage waren die Zweifel Gewißheiten, und ich stand einer Katastrophe gegenüber.
    Ich kann mir nicht erklären, wie es dazu kam, wie ich so unglaublich achtlos, so blind, so unaufmerksam sein konnte. Im Entwurf der Geschichte hatte ich mir an diesem Punkt einfach gesagt, hier entfliehen sie, und dann nicht weiter daran gedacht.
    Ich hatte eine Lücke gelassen und nichts vorbereitet, sie zu füllen. Durch irgendeinen noch nicht da gewesenen Lapsus hatte ich dieses Loch, diesen Abgrund noch nicht einmal bemerkt, bis ich ihn vor meinen Füßen gähnen sah. Sie mußten entfliehen; im Herzen Frankreichs mußten sie aus einer Bewachung von zwanzig Gendarmen entkommen - und Bush fing eben erst an, sich von der Amputation eines Fußes zu erholen - er konnte keinen Meter laufen. Wie in aller Welt sollte ihnen da die Flucht gelingen? Bush zurücklassen - das kam nicht in Frage - so etwas hätte Hornblower nie getan, und außerdem brauchte ich Bush dringend für die übrige Geschichte. Ich hatte mir Schwierigkeiten über Schwierigkeiten aufgeladen; ich hatte die Hornblower-Affäre zu einer so wichtigen Sache gemacht, daß ich seiner

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