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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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solches Kunststück zu vollbringen, brauchte Hornblower Hilfe, und zwar fachmännisch erfahrene Hilfe. Er mußte also Bush und Brown bei sich haben. Das bedeutete, daß er sie auch bei seiner Fahrt die Loire hinab bei sich haben mußte - das wiederum rief neue Gedankenbilder wach: Hornblower als Kommandant einer dreiköpfigen Schiffsbesatzung; ein sechs Meter langes Boot anstatt eines Zwei- oder Dreitausend-Tonners. All das beschwor eine ziemlich verdrehte aber doch dramatische Situation herauf, die unabweislich nach einer gründlichen Betrachtung verlangte.
    Aber eines war sicher: mein Vorurteil gegen eine weitere Beschäftigung mit Hornblower ließ sich kaum halten.
    Noch etwas anderes kam dazu. Die Fahnenabzüge von ›An Spaniens Küstern‹ liefen ein, und ich mußte mich - wenn auch mit meinem üblichen Zögern - daranmachen, sie zu lesen. Da schaute mir mein kleiner Sohn über die Schulter, um zu sehen, was ich da mache. ›Oh, mach schnell, daß du damit fertig wirst, Daddy‹ , sagte er. ›Ich möchte das lesen. Das erste hat mir so gut gefallen.‹ Dieser Sohn hat nun selbst schon einen Sohn im gleichen Alter, aber noch heute fühle ich die Dankbarkeit genauso frisch wie in jenem Augenblick. Das war ein Ausgleich, ein überreicher Lohn, nicht nur für die Mühsal der Elternschaft, sondern auch für die Arbeit des Schreibens. Gefühl beiseite - warum hatte der Mann, der ich damals war, nur solches Mißtrauen gegen Gefühle? -, aber es konnte nicht anders sein, als daß dieser Vorfall mir half, mich mit der Erkenntnis abzufinden, daß ich noch einen weiteren Roman über Hornblower schreiben mußte. Michael Joseph half dann den Zaubertrank zu brauen. Ich versuchte, ihm zu erklären, was für ein Aufruhr in mir war, und kämpfte dabei mit meiner ewigen Scheu, irgendeiner Seele gegenüber in Worte zu fassen, was da an halbgeformten Ideen in mir wuchs. Aber irgendwie gelang es mir wohl doch, das Thema, das mir im Sinne lag, mit dürftigen Worten darzulegen. ›Du willst ihn also unter wehender Flagge zurückbringen‹ ; sagte Michael Joseph. Diesmal war er es, dem ein leerer Blick begegnete, als hätte diese Bemerkung kein Wässerchen gekräuselt. Das konnte sie auch nicht: sie war gefallen, aber nicht in den flüssigen, lebendigen Strom der Unterhaltung, sondern in den trägen Schlamm des Unterbewußtseins, wo sie tiefer und tiefer versank, um die Muscheln zu vermehrter Produktion anzuregen. Die unmittelbare Wirkung war natürlich ganz entgegengesetzt.
    Klarer Triumph, unverfälschter Erfolg war nicht das Thema, nach dem ich suchte. Was das betrifft, auch ich hatte schöne persönliche Erfolge genossen und war mir zutiefst bewußt, daß Genus keinesfalls die rechte Bezeichnung dafür war. Die Widerspenstigkeit der menschlichen Natur läßt uns dem geschenkten Gaul immer ins Maul schauen und feststellen, daß er lange Zähne hat; immer ist ein Blatt an der Rose verschrumpelt. Einfaches Schicksal aber und unwesentliche Geschehnisse fügen der Süße unabwendbar Bitterkeit und dem Glatten auch Rauhes bei und vermischen überdies die Begriffe.
    Es geschah Hornblower nur recht, wenn auch ihm das passierte; aber (laßt uns um jeden Preis Gefühle aus der Literatur heraushalten) jedenfalls hatte ich die Sicherheit, daß es künstlerisch (wieder dies abscheuliche Wort) befriedigend wäre.
    Die Tage gingen hin, und andere Ideen, die mich bewegt hatten, begannen sich einzufügen, obwohl sie in gar keiner Beziehung zu Hornblower zu stehen schienen. Ich hatte sie früher sogar als Keime zu einer neuen Arbeit betrachtet: so hatte ich zum Beispiel die Idee einer gestörten flüchtigen Liebschaft sich entwickeln sehen; heiße Leidenschaft, die ihre Erfüllung fand und doch abgebrochen wurde. Natürlich mußte es Hornblower sein, dem das widerfuhr. Warum war mir das nicht früher aufgegangen? Hornblower einer Liebe lebend - wenn auch nicht gerade mit einem Auge auf der Uhr, so doch mit lauter anderen Gedanken im Kopf; Hornblower, wie immer vom Glück begünstigt und doch unzufrieden und unfähig, sich hinzugeben; Hornblower, ein Mann, in den sich jede Frau ernstlich verlieben konnte und von dem eine kluge oder intuitive Frau doch wissen mußte, daß er sich weder halten noch binden ließ. Wenn er einmal ein wenig Muße und Freizeit hatte, mußte ihm so etwas doch früher oder später begegnen.
    Zu jener Zeit mochten sich auch die refractaires in Frankreich bemerkbar machen, die jungen Leute, die sich vor der Einziehung

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