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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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zu erkennen - vielleicht war es unter der Anregung des Morphiums ein plötzliches Auftauchen eines wasserträchtigen Holzes mit einer noch unreifen Muschel daran.
    Jedenfalls war dieser Begriff, diese Wendung, nun da und begann zu sprießen, nach oben und nach unten, wie ein Same seine Schößlinge aussendet - daran war nichts zu ändern.
    Es war ein Ausdruck, der vielleicht auf ein Duell anwendbar war. Nein, das stimmte nicht. Alle Regeln und die Etikette des Duells waren darauf gerichtet, ein ›gleich auf gleich‹ auszuschließen, sicherzustellen, daß der Geschicktere nicht infolge zufälliger Umstände zu Schaden komme. Das Vergleichen der Säbel, das Wählen ebenen Grundes, alles dies sah bestechend so aus, als wolle man versuchen, gerecht zu sein, tatsächlich bedeutete es aber, daß der bessere Schütze oder der bessere Fechter auch die bessere Aussicht hatte - und das bei einem Ehrenhandel, der doch wahrhaftig nichts mit Treffsicherheit oder Fechtkunst zu tun hatte. Ein ungeübter Duellant, der sich mit Recht beleidigt fühlte, konnte sich durchaus beklagen, daß er auf diese Weise benachteiligt war, und mochte sogar versuchen zu erreichen, seine Sache wieder ›gleich auf gleich‹ zu bringen. So wuchs in mir das Bild eines Mannes, der so verärgert oder so unglücklich war, daß er bereit war, sein Leben zu riskieren, wenn er dabei - ›gleich auf gleich‹ - Aussicht hätte, seinen Nöten ein Ende zu machen. Und es mußte wohl ein junger Mann sein - seit der zivilisierten Ära (und des formell zugelassenen Mordes) hat sich erwiesen, daß junge Männer, die ungleich mehr zu verlieren haben als alte, diesen Verlust weit eher wirklich riskieren. Es mußte also ein junger Mann sein, der heftige Unbill erlitt, die er einem anderen, vermutlich auch jungen Manne zuschreiben konnte. Ein Schuljunge mochte so empfinden, nur war ein Duell unter Schuljungen recht ungewöhnlich.
    Aber ein Fähnrich in den alten Tagen der Navy...
    Fürchterliche Dinge gingen damals in der Fähnrichmesse vor sich, und Duelle kamen so häufig vor, daß man sie schon nicht mehr als ungewöhnlich empfand. Es konnte leicht jemandem einfallen, eine mathematische Berechnung aufzustellen, bei der die Aussicht zu überleben ›gleich auf gleich‹ gegen die Sicherheit stand, daß sonst kein Ende seines Elends abzusehen war. Eine mathematische Berechnung! Ha, wen kannte ich, und wem hatte ich einst genießerisch eine besondere mathematische Begabung verliehen? Die Antwort brauchte nicht einmal in Worte gefaßt zu werden. Alles, was ich über den älteren Hornblower wußte, schien zum Bild des jungen Hornblower, das sich in mir zu formen begann, ausgezeichnet zu passen. Und der spätere Hornblower hatte ja einen so mannigfaltigen, verzwickten Charakter, daß es Spaß machen mußte, sich auszudenken, wie er wohl dazu gekommen war.
    All dies gehörte zu einer wichtigen Entwicklungsphase, das war klar. Schon jahrelang war Hornblower meinen Gedanken entrückt; ich hatte ihn auf die Spitze des Baumes hinaufgebracht und ihn dort - nicht allzu bequem - sitzen lassen in der festen Absicht, mich nie wieder nach ihm umzuschauen. Dutzende von anderen Plänen beschäftigten mich, ein Dutzend andere Eier lagen zum Ausbrüten im Nest, und ich hatte die größten Bedenken, so ein Kuckucksei einzulassen. Dann verließ ich die Klinik, und alle Projekte waren vergessen über der Wonne, wieder leben zu lernen.
    Viel Freude und Glück hat mir dieser, mein seltsamer Beruf gebracht, obwohl ich dieses Bekenntnis etwas schamhaft ausspreche. Aber ich erlebte nun eine unvergeßliche glückliche Zeit droben in der klaren, herrlichen Luft der Hohen Sierra, von der man sagt, sie sei wie Champagner. Vielleicht sprudelten deshalb die Ideen nur so heraus. Dieser aufgeschlossene, grüblerische Jüngling, der da in meinen Gedanken Gestalt annahm, wurde mir immer lieber. Er neigte dazu, die Dinge überernst zu nehmen, und lernte doch auch das Lachen. Er hatte sehr gute Anlagen, und sein Hang zur Selbstanalyse machte ihn auf seine eigenen Schwächen aufmerksam, so daß er sich bemühte, sie zu überwinden oder wenigstens ihre Auswirkung zu verhindern. Auf diese Weise konnte er durch die harte Ausbildung, die ein junger Offizier in jener bewegten Zeit erfuhr, wirklich viel gewinnen. Eine rastlose Zeit konnte das bestimmt werden, mit all den Ideen, die in endloser Folge hervorsprudelten. Jenes Duell ›gleich auf gleich‹ konnte leicht in ein noch lebhafteres Unternehmungsfeld mit

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