Hornjäger (German Edition)
einem Schlag ins Gesicht beendete der Königssohn den Kampf nach wenigen Augenblicken. Das nächste Schaf wurde vom Platz getragen.
»Fehlt nur noch eines!« Redlef näherte sich dem vernarbten Bock mit einem grausamen Grinsen. Der andere griff zuerst an. Wie zwei Giganten prallten sie aufeinander. Rings um Euphena wurde gespannt die Luft angehalten. Sie selber wagte auch nicht, zu atmen.
Redlef stellte sich auf die Zehenspitzen und schlug mit seinen Hörnern nach dem Vernarbten, der ging automatisch in eine stabile Abwehrposition und wartete auf den Aufprall. Aber der kam nicht. In letzter Sekunde verriss Redlef sein Genick und hieb seinem Kontrahenten in die ungeschützte Seite. Der Bock schrie überrascht auf und wurde von Redlef quer durch den Saal geschleudert. Sofort war der wieder über ihm und holte aus. Der vernarbte Bock hob schnell die Hand und erklärte sich somit selbst zum Schaf. Redlef stieß ihn zur Seite und marschierte triumphierend nach vorne. Auch er wankte inzwischen leicht.
»So Menschenmädchen, meinen Kuss bitte!« Er lachte laut und etliche fielen mit ein.
Euphena lief ein Schauer über den Rücken. Redlef stand schwer atmend vor ihr und streckte die Hand nach ihr aus. Mit einem ungeduldigen Rucken schüttelte er sich die Haare aus dem Gesicht.
»Na! Nicht so schüchtern!« Kerfluns stieß sie lachend in die Arme seines Sohnes, der sie erstaunlich behutsam auffing und ihr seine Lippen auf den Mund drückte. Erschrocken riss Euphena den Kopf zurück und stemmte sich gegen seine Brust. Redlef lachte ihr nur ins Gesicht und hob ihren Arm, damit die Menge sie bejubelte. Überall pfiff und klatschte es. Euphena spürte, wie sie augenblicklich rot wurde. Mit einem Klaps auf den Hintern ließ der Königssohn sie alleine stehen und besorgte sich noch etwas zu trinken.
»Und gefällt dir das Spiel?«, fragte Kerfluns von hinten.
»Es ist ... ungewöhnlich!«, meinte Euphena nur und gesellte sich wieder an die Seite des Königs.
»Aber ein herrlicher Zeitvertreib an Winterabenden!« Er lachte. »In meinen Jahren als junger Bock war ich der ungeschlagene Meister!« Seine gelben Augen blickten verträumt. »Deshalb wird von meinen vielen Söhnen auch Redlef einst meinen Thron übernehmen.« Er zog einen Mundwinkel hoch und lächelte Euphena verschmitzt an.
»Ihr habt exakt dasselbe Lächeln, wie Gefelerius!«, meinte Euphena plötzlich. »Kennt Ihr ihn?«
Kerfluns zuckte mit den Achseln. »Ich war das letzte Mal vor rund sieben Jahren in den Wäldern unterwegs.«
»Das ist aber keine Antwort auf meine Frage!« Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
»Ich weiß.« Kerfluns trank grinsend seinen Becher aus. In der Halle wurde es immer ruhiger. Allgemeine Erschöpfung machte sich breit. »Legt euch schlafen, es war bestimmt ein langer Tag.«
»Und wo?« Euphena sah sich um. In den Ecken der Halle gab es etwas Stroh und schmale Bänke.
»Wenn du nicht mit einem unserer Prachtburschen mitgehen willst, würde ich dir die Ecke dort empfehlen. Da schläft es sich ganz gut!« Er wies neben den Eingang. Euphena nickte schwer und kuschelte sich ins Stroh. Es war ein komisches Gefühl so ganz alleine auf das Löschen der Fackeln zu warten, so ganz ohne Helwyr an ihrer Seite.
E uphena erwachte noch vor allen anderen. Die Halle lag friedlich im halbdunkel vor ihr. Vorsichtig raffte sie ihre Röcke hoch und stieg über die übrigen aus dem Stroh. Überall verteilt lagen schlafende Aigiden. Sie waren wie mitten im Fest versteinert, nur dass ihre Köpfe auf den Tischplatten lagen und sie leise vor sich hin schnarchten. Sogar Kerfluns saß noch auf seinem Holzthron und schlummerte selig vor sich hin. Von Betten schienen sie alle nicht viel zu halten! Behutsam beugte sich Euphena über einen der Schlafenden und angelte sich eine Holzschüssel, die sie mit Leckereien anfüllte. Dazu schnappte sie sich einen Krug mit verdünntem Wein und drückte leise die Hallentore auf.
Helwyr saß unverändert neben dem Brunnen und schlief. Sein Kopf war ihm nach unten gesackt. Euphena hockte sich vor ihn und strich ihm das Haar aus der Stirn. Er war vollkommen nass. Offensichtlich hatte es in der Nacht geregnet. Leise stellte sie Teller und Krug vor ihn hin und entfernte sich wieder.
»Euphena?«, murmelte er verschlafen. Hinter ihr schabte etwas über den Boden. »Euphena, warte!«, rief er ihr nach. Aber sie drehte sich nicht um, sondern schlich sich in die Halle zurück. Die Luft im Inneren kam ihr jetzt nur
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