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Hornjäger (German Edition)

Hornjäger (German Edition)

Titel: Hornjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Weithofer
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überhaupt?« Kerfluns runzelte die Stirn.
    Sie zuckte mit den Achseln und ließ drei Reben in den Korb purzeln. »Ich bin mit ihm in einem Kerker gesessen.« Sie schmunzelte schelmisch zwischen den Blättern hindurch.
    Kerfluns lachte so laut auf, dass sich einige Köpfe zu ihnen drehten. »Das sieht dem Jungen ähnlich! Ich nehme an, von ihm wusstest du auch, wohin du zu gehen hattest, um uns zu finden?«
    »Er hat sich zuerst geweigert, aber zum Schluss hat er mir geholfen.«
    »Hast du ihn dafür bezahlt?« Kerfluns Stimme klang ein bisschen trauriger als zuvor.
    »Nein, er wollte einfach, dass ich meinen Weg gehen kann, obwohl er mir vorausgesagt hat, dass ich scheitern würde.« Im Nachhinein ergab alles plötzlich einen Sinn. Die Pupillen, die kleinen Füße, seine Trittsicherheit auf dem Seil. Nur die Hörner hatten ihm gefehlt.
    »Da hast du einen besseren Mann kennengelernt, als den, der uns verlassen musste.« Kerfluns gelbe Augen blickten zu Boden.
    »Was ist damals passiert? Er sagte, er wäre ein Prinz.«
    »War. Er war ein Prinz ... sogar ein ziemlich Guter! Beim Schäfchenzählen war er fast immer der Bock und er hatte genug diplomatisches Geschick und ein einnehmendes Wesen, um Redlef gefährlich zu werden.« Seine Finger strichen über ein Blatt. »Wir mussten ihn verbannen.«
    »Was ist passiert?« Euphena hörte auf zu arbeiten.
    Kerfluns lächelte sie an. »Darüber solltest du dir dein hübsches Köpfchen nicht zerbrechen! Es war der einzige Ausweg.«
    »Und seine Hörner?«
    »Wenn wir jemanden verbannen, dann für immer ... Hörner werden in so einem Fall abgeschnitten.« Kerfluns schluckte.
    Euphena keuchte auf. Jetzt war ihr klar, warum er sich geweigert hatte, darüber zu reden!
    Sie schwiegen eine Weile. Euphena widmete sich mit gebührender Langsamkeit den Trauben und ließ ihre Gedanken schweifen.
    »Geht ... geht es ihm denn gut?«, fragte Kerfluns plötzlich.
    Euphena lächelte und nickte. »Er ist Gaukler. Seiltänzer ... um genau zu sein. Der Beste, den ich je gesehen habe!«
    Kerfluns lächelte stolz. »Das ist mein Junge! Und die Weiber?« Er sah sie scharf an.
    »Wohl ein ganzer Haufen, wobei er sich für einen blondgelockten Engel ganz besonders zu interessieren scheint.« Euphena musste an Elvira denken und den Blick, den sie Gefelerius zugeworfen hatte. Die beiden würden ihr Glück finden, dessen war sie sich sicher!
    »Das ist mein Junge!«, wiederholte Kerfluns und schlug sich auf die Brust. Nuori erwähnte Euphena besser nicht ... höchstwahrscheinlich wusste Kerfluns gar nichts von seiner Existenz. Sie war auch bestimmt nicht, die Person, die das Recht hatte, etwas daran zu ändern.
    »Das ist mein Junge«, flüsterte er noch ein letztes Mal und bückte sich schnell zu einer Rebe hinter das Blattwerk.
    Euphena ließ ihm Zeit. Leise summte sie den Militärmarsch vor sich hin, den Helwyr pfiff, wenn sie lange zu Pferd unterwegs waren. Helwyr. In ihr zog sich mit einem Schlag alles zusammen. Sie vermisste ihn. Viel schrecklicher, als sie gedacht hatte! Euphena biss sich auf die Lippe. Da war es nur gut, wenn er angepflockt am Dorfplatz hockte, so hatte sie wenigstens Zeit, ihn sich aus dem Kopf zu schlagen!
    »Wie ist das alles hier eigentlich passiert?«, fragte sie schnell, bevor sie wieder ins Grübeln verfiel.
    »Du meinst, wie unsere Rasse zustande gekommen ist?« Kerfluns tauchte wieder aus der Versenkung auf. »Nun ... vor langer Zeit trieben Hirten im Sommer ihre Schafe und Ziegen auf die saftigen Weiden hier ... und in Ermangelung von Frauen ... hm?« Er bedeutete ihr, weiterzudenken.
    Euphena verstand nicht, was er meinte. »Was hat denn die Abwesenheit von Frauen ... Oh!« Sie schlug sich die Hand vor den Mund. »Also auf die natürliche Art!«
    »Kann man so sagen, ja!« Kerfluns lachte kehlig. Deshalb sehen wir auch nicht alle gleich aus.«
    »Ihr meint, die Hirten ... im Sommer ... das ist immer noch so?«, fragte Euphena ungläubig.
    »Nein! Natürlich nicht, dagegen gibt es inzwischen Gesetze!«, versicherte er ihr schnell. »Wir schaffen das schon seit Jahrhunderten ganz gut allein!«
    Euphena lachte und schulterte ihren Weidenkorb. Gemeinsam gingen sie durch die Weingärten zurück zur Vorratskammer.
    Im Vorbeigehen beobachtete sie einen Aigiden, der einen Kranz aus Weinlaub auf dem Kopf trug und sich auf theatralische Weise mit einem Stein unterhielt. Euphena blieb stehen und sah zu.
    Der Gehörnte trug ein weißes Gewand und hatte zwei Bocksfüße. Mit

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