Hornjäger (German Edition)
von solch einem rüpelhaften Menschen, kein Ehrgefühl zu erwarten hatte. Zuerst spielte er sich auf, ruinierte ihr die Schuhe, verbot ihr die Hälfte ihrer Kleidung und bei der ersten Gelegenheit machte er sich aus dem Staub. Euphena schnaubte. Typisch Mann!
»Was habt Ihr werten Herrn denn jetzt bitteschön mit mir vor? Wollt ihr mich verkaufen? Mich ausrauben? Mich aufhängen?«
»Das wird unser Herr entscheiden.« Der Breite drehte ihr den Rücken zu. »Bis er ankommt, hältst du die Klappe, verstanden?«
»Ich sehe gar nicht ein, warum man mir den Mund verbieten sollte! Ich bin immer noch eine Dame, auch wenn es im Moment nicht so aussehen mag!« Euphena kreischte wie ein aufgescheuchtes Huhn. Der Schlamm in ihrem Gesicht und ihren Kleidern begann langsam zu trocknen und ließ ihre Haut unangenehm spannen.
»Seid still, sonst ...« Der Breite lockerte seinen Gürtel.
»Was sonst?« Sie schrie ihn in einer ganz und gar undamenhaften Lautstärke an. »Wenn König Fengus Euch erwischt, werdet ihr alle hängen!«
»Das glaube ich kaum. Aber bitte, Ihr habt es so gewollt ...« Mit einem breiten Grinsen zog er sich den Gürtel ganz von der Hüfte.
»Untersteht Euch! Das würdet Ihr nicht wagen ...«
Der Anführer stellte sich auf die Zehenspitzen und zwang ihr das Leder zwischen die Zähne. Das Zeug schmeckte widerlich nach altem Schweiß und Schmierfett. Er zog ihn fester, hakte den Dorn ins Leder und betrachtete dann zufrieden sein Werk.
»Jetzt haben wir unsere Ruhe, bis der Herr eintrifft.« Der Anführer ließ sich auf einen Sessel plumpsen und rieb sich die Augen.
Euphena schluckte. Vielleicht hätte sie diesmal einfach die Klappe halten sollen. Wenn sie heil davon kam und Fengus von dieser Bande erfuhr, würde er sie rächen! Das war sicher!
Wobei das interessanterweise allesamt gepflegte Burschen waren. Glattrasiert, kurzgeschorene Haare und die Kleidung wirkte auch, trotz Schmutz, eher neuwertig. Nobel ging die Welt zugrunde! Euphena versuchte, den Kopf zu drehen. Der Wirt saß inzwischen zusammengesunken auf seinem Hocker und spielte mit dem Zapfhahn vor sich. Der würde ihr wohl nicht helfen. Sie schlenkerte mit den Beinen. Herunterspringen konnte sie nicht. Dazu hätte sie mit den Füßen die Tischplatte erreichen müssen, ganz zu schweigen von den Strauchdieben, die sie umlagerten wie ein Rudel Jagdhunde eine Wildente, vor der Ankunft ihres Herren.
Euphena vermutete, dass sie auf Lösegeld aus waren. Sie schnaubte. Fengus zahlte sicher nichts für ihre Freilassung, und wenn sie das herausfanden, würden sie Euphena vermutlich einfach zum Spaß hängen. Eine unangenehme Situation, die sie so mit Sicherheit nicht geplant hatte! Helwyr hatte sie im Stich gelassen, sie hatte weder Geld noch Waffen und hockte gefesselt auf einem Bartresen umgeben von einer Gruppe Räuber, die ihr früher oder später ans Leder wollten.
Draußen hörte sie die Pferde unruhig wiehern und dicke Regentropfen klatschten wie ein Pfeilhagel gegen die kleinen Wirtshausfenster. Euphenas Laune hätte einen Hofnarren in den Selbstmord getrieben!
Das erste Steinchen traf den braunen Hengst an der Wange. Er stampfte protestierend auf und warf den Kopf zurück. Helwyr warf das nächste Steinchen und traf eine weiße Stute am Hinterteil. Der hatte gesessen! Empört wieherte sie und zerrte am Strick. Helwyr war froh, dass er Hestus aus der Schusslinie gebracht hatte. Würde sein Pferdchen sehen, was er hier mit seinen Artgenossen anstellte, bedürfte es einiger Äpfel und Kuchenstückchen, um ihn wieder versöhnlich zu stimmen. Er zielte wieder auf die Stute. Sie war der Schwachpunkt der Gruppe.
Dicke Tropfen klatschten auf seine Schultern. Die Pferde wurden unruhiger. Helwyr schoss und traf. Erbost zerrte die Weiße an ihrem Strick, trat nach hinten aus und rempelte einen Gescheckten an, der lauthals seinen Ärger hinausschrie.
Helwyr rieb sich die Hände. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern.
Tatsächlich kam nach wenigen Augenblicken Gwael aus der Schanktür gestolpert. Missmutig sah er in den Regen und trabte dann an den Fenstern vorbei, zu den Pferden. Helwyr duckte sich tiefer unter die Bretterwand und ließ ihn herankommen. Er wartete, bis er außer Sichtweite der anderen war, und streckte ihn mit einem gezielten Schlag auf den Hals zu Boden.
Bewusstlos sank der Junge in seine Arme. Er hatte ihn nicht schwer getroffen, aber für seine Zwecke würde es reichen. Helwyr schleifte ihn hinter die Bretterwand. Jetzt
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