Hornjäger (German Edition)
sind sie gestorben?« Euphena fixierte die Verrückte mit ihren großen, runden Augen. Helwyr mochte diesen Blick an ihr, er hatte etwas Neugieriges, aber doch Friedliches.
»Weshalb interessiert Ihr Euch so für diese garstigen Biester? Wir sind froh, dass sie weg sind.« Die Frau grummelte und wischte mit ihrer Hand eine Steinplatte sauber.
»Und wohin sind sie verschwunden?«
»Westen! Nein ... Norden. Ach das weiß keiner so genau. Warum auch? Alle sind froh, dass sie verschwunden sind! Menschen wie Tiere. Alle!« Die letzten Worte hatte sie beinahe geschrien. Euphena wartete, bis sich ihre Atmung wieder etwas beruhigt hatte.
»Sehen diese grässlichen Wesen, denn genauso aus, wie die Steine sie uns zeigen?«
Die hagere Frau machte eine wegwerfende Handbewegung. »Größer, gefährlicher ... Sind alle froh, dass sie weg sind!« Unruhig wippte sie vor und zurück.
Helwyr überlegte, ob es jetzt an der Zeit war einzugreifen. Mehr Informationen würden sie aus dieser Kreatur wohl kaum herauskriegen und je mehr sie sich aufregte, desto unberechenbarer wurde sie.
Gerade, als er etwas sagen wollte, legte ihm Euphena die Hand auf den Arm. Alarmiert lauschte er. Ein Klacken regte sich im dunklen Teil des Raumes. Es kam näher.
Euphena bohrte ihm schmerzhaft ihre Nägel ins Fleisch. Dort aus der Finsternis kam das Ding, dass sie zuvor umgerannt hatte. Ein fauliger Geruch kroch über den Boden zu ihnen herüber und setzte sich in ihre Nasen. Sie tauschten einen besorgten Blick. Ihnen war klar, dass sich ihre Lage dadurch nicht gerade verbesserte!
Euphenas Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Die Waldfrau vor ihr kicherte leise, so als würde sie über einen Witz lachen.
»Komm her, mein Lieber!« Die Frau quiekte höchst befremdlich in die Dunkelheit.
Aus dem Schatten trat ein Monstrum. Ein schwarzer Keiler, so groß wie Helwyr selbst, starrte sie aus wässrigen Augen an. Euphena blieb der Mund offen stehen. Seine Hauer waren länger als ihr Unterarm und die Borsten auf seinem Rücken wirkten wie tausend dicke Nadeln. Unwillkürlich betastete Euphena ihre Schulter. Die Kratzer waren getrocknet und ihre Haut spannte.
»Das ist mein Mann.« Die Frau wandte sich Euphena zu, als wollte sie überprüfen, ob sie auch brav aufpasste. Der Keiler trat schnaufend neben sie und beschnupperte Helwyr zuerst.
Euphena wusste beim besten Willen nicht, was sie sagen sollte. Nicht nur, dass dieses Vieh ihre derzeitige Lage komplett veränderte, konnte sie immer noch nicht fassen, dass die verrückte Schachtel es als ihren Ehemann vorstellte! Bei Hofe kam es durchaus vor, dass sich Hofdamen Liebhaber nahmen, die nicht in das gesellschaftliche Bild des Hofes passten, aber dieser Keiler sprengte den Rahmen des Normalen ganz eindeutig!
Verunsichert sah sie zu Helwyr. Vielleicht konnten sie sich irgendwie absprechen, was jetzt zu tun war. Wenn dieses Monster wütend wurde, war ein verlustloser Sieg für sie beide kaum vorstellbar!
Helwyr bemerkte ihren Blick, sah dann demonstrativ zum Eber und schloss sein linkes Auge. Euphena vermutete, dass das ein Zeichen sein sollte, hatte aber nicht den Hauch einer Ahnung, was er damit meinte!
Sie räusperte sich. »Sehr erfreut, Herr Keiler!« Irgendetwas musste sie ja tun, um die Situation entspannt zu halten.
Das Vieh schnaubte. Gedankenverloren kraulte die Eberfrau ihren Gatten unter dem borstigen Kinn. Sie musste sich für ein Wildschwein halten ... oder zumindest so etwas Ähnliches.
»Wir werden Eure Zweisamkeit jetzt nicht länger stören, komm Liebling!« Helwyr wollte sich erheben, aber die Frau fuhr dazwischen.
»Setzen!« Das klang schon gar nicht mehr so gut.
Ängstlich suchte Euphena nach Helwyrs Hand.
»Aber meine Herrin, ihr wollt bestimmt am Feuer alleine sein und all die Sachen genießen ... die hier herumliegen!« Helwyr hatte manche Worte seltsam betont und dabei ihre Hand gedrückt. Unglücklicherweise hatte Euphena immer noch keine Ahnung, was er von ihr wollte.
Hestus stampfte unruhig in der rechten Ecke, in die er und Antha sich verkrochen hatten. Doch der schwarze Keiler machte ihn sichtlich nervös.
Der Kopf der Eberfrau ruckte zu den Pferden. Sie wurde nicht gerne in ihren Gedanken gestört, das hatte Euphena bereits bemerkt.
»Oh, leckere Pferdchen! Schau doch nur mein Schatz!« Sie zog sich an den Hauern des Ebers hoch und ging auf Hestus zu.
»Das sind unsere Pferde. Die brauchen wir noch!« Euphenas Stimme hatte jegliche Wärme verloren. Was bildete
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