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Hornjäger (German Edition)

Hornjäger (German Edition)

Titel: Hornjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Weithofer
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Aber die Nacht lag mit einer ohrenbetäubenden Stille über ihm.

    Kreischend kam die Eberfrau auf Euphena zu. Unsicher umfasste sie das Eisen in ihrer Hand noch ein wenig fester. Es war ihre einzige Chance! Mit brutaler Gewalt stürzte sich die Eberin auf sie. Euphena spürte den Tisch in ihrem Rücken, das glatte Holz, dass sein ganzes Leben eingezeichnet trug. Jede Rille, jeder Brandfleck einer zu spät gelöschten Kerze. Hunderte Geschichten standen hinter ihr und deckten ihr den Rücken.
    Wer war sie schon, dass sie ein Ungeheuer besiegen konnte? Sie wollte niemandem Schaden zufügen, schon gar nicht einer Person, die man eher bemitleiden, als vernichten musste! Wenn die verrückte Schachtel doch nur aufgegeben hätte! Eine stumme Träne suchte sich einen Weg über Euphenas Wange. All die Geschichten, die durch die Zeit in den Tisch hinter ihr geschrieben worden waren, erinnerten sie schmerzhaft an ihre Aufgabe. Sie durfte hier nicht enden. Nicht so. Und nicht heute!
    Die Eberfrau setzte zum Sprung auf sie an. Euphena schloss die Augen und duckte sich in letzter Sekunde unter ihren knorrigen Fingern weg. Aus der Drehung heraus rammte sie den Schürhaken mit aller Wucht von hinten in das Fleisch ihrer Kontrahentin. Mit einem scheußlichen Schmatzen fuhr ihr das spitze Eisen durch den Leib und blieb mit einem Knirschen in der Tischplatte stecken. Eine weitere Geschichte für die hölzerne Banketttafel!
    Euphena blieb bei ihr, bis sie starb. Kurz bevor ihre Augen brachen, löschte sich der Hass aus ihrem Blick, und als ihr Kopf gegen das Holz sank, war sie bereits mit einem Lächeln eingeschlafen.
    Euphena rutschte zu Boden. Im Augenblick konnte sie nicht denken. Ihr Kopf war leer. Alle Gedanken wie weggeblasen. Eine tödliche Stille legte sich über den Raum und verhöhnte ihre Tat. Euphena weinte stumm.
    Mit einem leisen Klingen rutschte der grüne Steinring von den erschlafften Fingern der Eberfrau und fiel neben ihr zu Boden. Sie ließ ihn liegen.
    Ein dumpfer Knall schreckte sie schließlich aus ihren Gedanken. Helwyr! Euphena sprang auf und lief in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Sie betete zu allen Göttern, dass es ihm gut ging!

H elwyr hörte hastige Schritte den Gang entlanglaufen. Vorsichtig öffnete er die Augen. Die alten Gemäuer waren geflutet von goldenen Sonnenstrahlen und auf seiner Zunge schmeckte die Luft nach Frühling. Da über die verstreuten Felsblöcke kam Euphena auf ihn zu gelaufen. Ihr offenes Haar fiel ihr keck in die Stirn, als sie sich lachend auf seinen Schoss fallen ließ.
    »Helwyr!« Behutsam strich sie ihm über die Wange. Er sah ihr tief in die Augen. In diesem Augenblick wollte er sich verlieren. Vorsichtig umfasste er ihre schlanke Taille. Euphena lächelte verschmitzt und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Er war im Paradies.
    »Helwyr!« Der Boden bebte plötzlich. Krampfhaft versuchte er sie festzuhalten, damit sie nicht stürzten. Wieso störte jemand diesen wundervollen Augenblick? Jetzt, wo sein Leben endlich vollkommen war!
    »Helwyr! Wacht auf!«
    Ein Schlag ins Gesicht ließ das goldene Licht endgültig verschwinden. Helwyr war verwirrt. Er lag wieder auf den kalten Steinfliesen. Mit der Nacht kehrten auch die Schmerzen in seinem Bein zurück. Er wollte die Augen nicht aufmachen. Er wollte mehr von diesem Licht und von der lächelnden Euphena, die ihm einen Kuss zuhauchte und ihn fest umschlungen hielt!
    »Helwyr!«
    Grummelnd öffnete er die Augen. Eine äußerst verdreckte Euphena kniete über ihm und grinste ihm ins Gesicht. »Da seid Ihr ja wieder! Ich dachte schon, ich muss Euch noch einmal schlagen!« Sie lächelte traurig.
    Er seufzte. Es war zu schön gewesen, um wahr zu sein! Jetzt tat ihm alles wieder weh. Von der kleinen Zehe, bis in seinen brummenden Schädel.
    »Was ... was ist passiert?« Vorsichtig versuchte er, sich aufzurichten.
    »Ihr habt den Eber besiegt und seid dabei ganz schön mitgenommen worden.« Sie deutete auf sein Bein. »Ihr hättet es schlimmer treffen können. Aber wie sagt man so schön: Unkraut vergeht nicht!«
    »Oh ja, ich bin auch überglücklich, dass Ihr wohlbehalten vor mir steht!«
    Lachend streckte sie ihm die Zunge heraus und half ihm langsam auf die Beine.
    Die Euphena aus seinem Traum wäre ihm fast ein wenig lieber gewesen. Aber er war tatsächlich froh, dass sie gesund und munter vor ihm stand!
    »Nicht so schnell, Püppchen.« Sein rechtes Bein fühlte sich steif an. Behutsam versuchte er, es zu

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