Hornjäger (German Edition)
nahm der Waffenmeister ihm den Brief ab, den er verkrampft in der Rechten hielt, bevor er noch weiter damit herumwedeln konnte, und ließ den erschöpften Mann im Gras hinter sich zurück.
»Euer Majestät.« Mit einer knappen Verneigung übergab der Waffenmeister Fengus den Brief. Er schlug die Hacken zusammen und entfernte sich rücksichtsvoll. Den Boten beachtete, außer ein paar der heiratswütigen Damen hinter ihren Fächern, niemand.
Fengus brach das Siegel und lehnte sich gegen die Zielscheibe, damit Ardianna ihm nicht so leicht über die Schulter blicken konnte. Hastig flogen seine Augen über den Papierfetzen, dann noch einmal und ein drittes Mal ganz ruhig und bedächtig. Die allgemeine Aufregung in seinem Hühnerstall war so ansteckend, dass Fengus sich zwingen musste, genau dem Wortlaut zu folgen, um die Botschaft richtig zu verstehen. Ardianna reckte den Kopf. »Und? Was steht drin?«
»Er ist von Astos.« Seit sein Rittmeister zusammen mit Helwyr und Euphena aufgebrochen war, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Zuerst hatte Fengus vermutet, dass irgendetwas geschehen war, doch jetzt meinte er, Scham aus den Worten seines treuesten Kriegers zu hören.
Schnell zerknitterte Fengus das Papier und stopfte es sich unter den Hosenbund. Diese Nachricht ging niemanden etwas an und er brauchte noch einen Moment, bevor er endgültig entschieden hatte, wer was erfahren durfte.
»Waffenmeister!« Er winkte ihn galant zu sich. »Bereite Er die nächste Übung vor!« Faustkampf. Darauf freute sich Fengus nach diesem Brief nur umso mehr! Irgendein armes Schwein würde jetzt seinen Zorn zu spüren bekommen, aber vielleicht merkten sich seine Kämpfer dann, dass sie gefälligst zuschlagen sollten, auch wenn sie gegen ihn, den König, antraten.
Mit fahrigen Fingern öffnete er Schnalle um Schnalle seines Wamses und warf es hinter sich zu Boden.
»Bruder?«, fragte Ardianna besorgt, hüpfte über seine Kleidung und folgte ihm zum Sandplatz für die Ringer. Fengus blickte über die Schulter. Der ganze Hühnerstall folgte ihm gemächlich im Schatten der Arkaden. Es war immer wieder aufs Neue verblüffend, wie wenig Menschen zu tun haben konnten ... und das ironische daran war, dass er all diese Gaffer auch noch durchfütterte! Er schnaubte und beschleunigte seinen Schritt, die irreführenden Wege des höfischen Lebens hatte er noch nie verstanden, und auch jetzt hatte er keine Lust darüber nachzudenken.
Er hatte Astos immer für seinen besten Mann gehalten. Er besaß, trotz seiner jungen Jahre, Köpfchen und einen beweglichen Geist, doch wenn das, was er in dem Brief gelesen hatte, der Wahrheit entsprach, dass Euphena geflohen und Helwyr verschwunden war, war er vermutlich gezwungen, seine Meinung über den Rittmeister noch einmal zu überdenken. Vorsichtig dehnte er seine Arme und sprang ein paarmal so hoch er konnte in die Luft, um seine Beine zu lockern. Der Sand zwischen seinen Zehen, gab ihm ein beruhigendes Gefühl. Hier war er zu Hause. Die Sommersonne auf seiner nackten Haut und die frische Brise, die jedes Mal aufs Neue seine Wangen kühlte, bevor er sich mit einem anderen Mann maß, zeigten mit ausgestrecktem Finger auf sein Leben.
»Fengus! Was stand da drin?« Ardianna hatte ihn inzwischen eingeholt und auch der Rest des anwesenden Hofstaates sammelte sich erneut um den runden Kampfplatz.
Er wandte sich um und bedeutete einem Knecht ihm die Fäuste abzubinden. »Es geht um dein Hoffräulein ...«
»Was ist mit ihr?«
Für Fengus‘ Geschmack klang seine Schwester ein wenig zu besorgt. »Das sage ich dir später.« Oder auch gar nicht fügte er stumm in Gedanken hinzu. Er musste sich gründlich überlegen, wem er was preisgab.
Er hatte Euphena unterschätzt, das gab er zu, aber eine Gruppe Männer aus der königlichen Garde zu überlisten und unauffindbar zu verschwinden, traute er ihr ohne fremde Hilfe dann doch nicht zu. Zugegeben, er hatte keine besonderen Maßnahmen ergriffen und die Männer waren vielleicht nicht die allerbesten gewesen. Bis auf Astos und Helwyr. Was seinen Rittmeister betraf, war er nicht verwundert, Astos war ein Mann des Schreibtisches geworden. Er war seit Jahren in keine Mission mehr gezogen. Er würde seiner Gemahlin einen Boten schicken, dass es ihrem Gatten gutging. Wenn sie ihm weiterhin genauso in den Ohren lag, wie seine Schwester, würde er tatsächlich noch in den Kerker umziehen.
Aber Helwyr verschwunden? Das kam durchaus vor. Nur hatte ihn die Erfahrung eines
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