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Hornjäger (German Edition)

Hornjäger (German Edition)

Titel: Hornjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Weithofer
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Lächeln in ihre Mundwinkel stahl und sie ein Stückchen nach oben zwang. Das zweite Ornament war nicht minder schön als das Erste, wies aber einen gänzlich anderen Stil auf. Ihr persönlich gefiel es noch besser!
    »Ah ... jetzt hab ich Euch!« Ihr Zellengenosse legte triumphierend seinen Kopf in den Nacken, zerknüllte auch das zweite Ornament und warf mit dem kleinen Strohbällchen nach Euphena.
    »Warum tut Ihr das?« Sie war selbst überrascht, dass sie soeben gesprochen hatte, aber ewig schweigen konnte sie ja auch nicht.
    »Euch aufmuntern? Nun, ich denke, das ist reiner Egoismus!« Die Beine lachten. Zwischen all den Steinen hier klang es dröhnender als normal.
    »Nein, ich meine, warum erschafft Ihr etwas so Wunderschönes, um es nach zwei Augenblicken wieder selbst zu zerstören? Das ergibt doch keinen Sinn!«
    »Ihr beginnt unser Gespräch aber reichlich philosophisch! Nun gut ... ich denke, nichts auf dieser Welt ergibt wirklich Sinn.« Der Mann in der Ecke ließ die Hände hängen. »Das Einzige, worauf man sich verlassen kann, sind wundervolle Augenblicke. Die kommen so sicher wie die Kälte im Winter, und gerade wenn du bemerkst, dass du dich in solch einem wundervollen Augenblick befindest, und zweimal blinzelst, um auch ja keinen Moment des Wunders zu versäumen, dann ist er bereits vorübergezogen und dreht dir den Rücken zu. Was also tust du? Starren, um nichts zu verpassen und gleichzeitig riskieren, dass deine Augen trocken werden und deine Sicht verschwimmt, oder blinzelst du, was deine Sicht erhalten würde, aber auch das Risiko in sich birgt, plötzlich wieder vor dem Nichts zu stehen?«
    Euphena verstand, was er damit sagen wollte. Wenn schöne Dinge, die das Leben ja grundsätzlich ausmachten, kontrollierbar wurden, verloren sie ihren Wert und man selbst war nicht mehr gezwungen, sich zu entscheiden. Starren oder Blinzeln?
    »Ich denke, ich habe geblinzelt.« Obwohl das Ganze wohl eher eine rhetorische Frage war, wollte sie darauf antworten.
    »Interessante Wahl.« Ihr Zellengenosse kratzte sich hörbar am Kopf. »Nun, mir persönlich sind die starrenden Leute lieber, ... die merken es wenigstens nicht so leicht, wenn man ihnen die Geldsäckel vom Gürtel schneidet.«
    »Womit auch geklärt wäre, warum Ihr hier seid.« Euphena schmunzelte.
    »Schuldig im Sinne der Anklage! Vor Euch sitzt ein waschechter Beutelschneider.« Die Hände formten sich zu einem Trichter, den er sich an den Mund legte. »Das habe ich offiziell natürlich nie gesagt!«, murmelte er in die Stille. »Ich bin - wie sagt man so schön?«
    »Unschuldig?«, versuchte Euphena ihm auszuhelfen.
    Er schnippte mit den Fingern. »Genau!«
    »Das seid Ihr aber nicht.«
    »Ich wäre es aber gern!« Ihr Zellengenosse lachte.
    Euphena schwieg.
    In der Zwischenzeit war es ganz dunkel geworden. Nur in der Mitte des Raumes hatte der Mond drei silberne Streifen auf den Boden gemalt, die sich Hand in Hand mit der Zeit geräuschlos über die Fugen der Steinplatten schoben. Euphena schien es eine Ewigkeit zu dauern, bis sie eine Veränderung entdeckte. Sie blinzelte vorsichtig. Oder täuschte sie sich und es hatte sich noch gar nicht verändert? Mit einem Mal wurde ihr alles klar! Wenn sie hier nicht verrottete, dann würde sie wahnsinnig werden! Und ihr Zellengenosse war auf dem richtigen Weg ihr dabei zu helfen!
    Euphena seufzte gedehnt. Was wohl Helwyr gerade machte? Ob er einen tollkühnen Plan ersann, um sie zu retten? Oder war er bereits am Heimweg, vergaß sie in ihrem Elend und machte sich ein schönes Leben in irgendeinem der kleinen Dörfer, nahm eine Gänsemagd zur Frau und verdiente ein Vermögen im Pelzhandel? Euphena schloss die Augen und stellte sich sein Gesicht ganz genau vor. Die dunklen Haare, die er sich verärgert aus der Stirn blies, wenn sie ihm in die Augen hingen. Seine bergseeblauen Augen, die so schelmisch funkelten, sobald er lachte, oder sie neckte. In Gedanken fuhr Euphena mit dem Finger seine Narbe nach, von der Augenbraue bis zum Ohr, und fragte ihn flüsternd, was da passiert war. Nein, Helwyr war irgendwo da draußen und wartete auf den richtigen Augenblick. Er würde sie retten, da war sich Euphena ganz sicher!
    »Ihr habt ein bezauberndes Lächeln!« Kam es aus der Ecke. Seine Stimme klang jetzt ruhig, irgendwie gelassen. »Denkt Ihr an einen Mann?«
    Euphena konnte förmlich hören, wie ihr Zellengenosse grinste.
    Ihre Gedanken gingen den Beutelschneider nichts an! Helwyr war ihr Zufluchtsort, den

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