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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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zuschieben, und ich wünschte, er wäre nie in unser Dorf gekommen.
    „Was ist los?“, fragte Rita.
    „Es war Miss Keyland“, keuchte ich. „Wir sind ihr gefolgt. Da war eine Telefonzelle im Wald. Wieso hast du mir das nie gesagt? Sie hat die Polizei angerufen. Sie sind auf dem Weg.“
    Ich stieß das alles in einem atemlosen Ausbruch hervor. Rita starrte mich an.
    „Auf dem Weg ins Dorf?“ George war am Fuß der Treppe aufgetaucht, in einem zerknitterten weißen Hemd, dessen Ärmel er hochgekrempelt hatte. Ich dachte, er würde sich über diese Neuigkeit freuen. Wenn die Polizei kam, würde sie Jamie mitnehmen. Aber da irrte ich mich. Er stand nur da und war vollkommen entsetzt.
    „Habt ihr gehört, was Miss Keyland gesagt hat?“, fragte Rita.
    „Nein. Aber ich habe den Hörer abgenommen und sie gehört …“ Ich merkte, wie mir Tränen aus den Augenwinkeln liefen, aber ich konnte nichts dagegen tun. „Sie waren furchtbar“, sagte ich. „Die wussten meinen Namen. Die wussten alles.“
    John warf Rita einen Blick zu und ich sah ihre Schultern herabsinken – ein Zeichen, dass sie sich ins Unvermeidliche fügte. Es war, als hätte sie auf etwas wie das hier gewartet, und jetzt, wo es eingetroffen war, wirkte sie beinahe erleichtert. Aber als sie wieder etwas sagte, klang es entschlossen und der eiserne Wille, den ich an ihr kannte, gewann wieder die Oberhand.
    „George“, sagte sie. „Lauf zur Kirche und läute die Glocke. Du kennst das Alarmsignal – dreimal Läuten, dreimal wiederholt. Wir müssen das Dorf warnen.“ George rührte sich nicht. Sie sah sich nach ihm um und fuhr ihn an: „Geh schon.“
    George gehorchte. Als er an mir vorbeiging, trafen sich unsere Blicke und ich konnte ihm ansehen, dass er sich Sorgen um mich machte und sich auf seine eigene Weise für die Spannung entschuldigen wollte, die in den letzten Tagen zwischen uns geherrscht hatte. Ich versuchte, ihm zuzulächeln, war aber nicht sicher, welchen Ausdruck er in meinem Gesicht sah.
    Rita suchte in dem Küchenschrank unter der Spüle herum und zog ein in Sackleinen gewickeltes Bündel heraus. „Das ist für dich, Jamie“, sagte sie. „Ich weiß, dass du selbst schon Vorräte gesammelt hast, aber das hier nützt dir wahrscheinlich mehr. Es ist Wasser, Brot, Trockenfrüchte und Nüsse. Genug für ein paar Tage. Außerdem ein Kompass und eine Karte. Du musst das Dorf sofort verlassen – das verstehst du doch, oder? Und ich will, dass du Holly mitnimmst.“
    „Aber, Rita –“
    „Keine Widerrede!“, sagte sie und mir wurde plötzlich klar, dass sie sich auf diese Situation vorbereitet hatte, dass die Vorräte und der Kompass schon die ganze Zeit dort lagen. Woher hatte sie gewusst, was passieren würde? Sie drückte mir das Bündel in die Hand und in diesem letzten Augenblick standen wir uns zum ersten Mal richtig nahe. „Ich wusste schon immer von der Tür“, sagte sie. „Oder dachtest du, ich könnte in einem Dorf wie diesem aufwachsen, ohne all die Geschichten zu hören? Meine Großmutter hat mir bereits davon erzählt, als ich jünger war als du. Eines Tages würde ein Junge durch die Tür kommen« und das würde das Ende des Dorfes bedeuten. Das hat sie gesagt. Aber es war nicht nur eine schlechte Nachricht. Sie hat auch gesagt, dass es der Anfang einer besseren Zukunft und eines neuen Lebens sein würde. Hoffen wir es.“ Sie gab mir einen schnellen Kuss. „Geht zurück in den Wald. Die Telefonzelle stand früher an einer Straße und wenn ihr nach Norden geht, werdet ihr sie finden. Wenn ihr sie nicht sehen könnt, spürt ihr sie unter euren Füßen. Was immer geschieht, bleibt nicht stehen. Kommt nicht zurück.“
    „Und was ist mit euch?“
    „Es gibt nichts, was ihr für uns tun könnt.“
    „Es tut mir leid“, murmelte Jamie niedergeschlagen. Es waren die einzigen Worte, die er überhaupt sagte.
    „Es muss dir nicht leidtun. Sei stark. Und pass gut auf Holly auf. Mehr verlangen wir nicht.“
    Jamie nickte. Wir eilten aus dem Zimmer, und das Letzte, was ich von Rita und John sah, war, wie die beiden beieinanderstanden. John war zu ihr gegangen und sie hatte den Kopf an seine Schulter gelegt. So viel Zuneigung hatte sie ihm in der ganzen Zeit, die ich bei ihnen verbracht hatte, niemals zuvor gezeigt.
    Als wir das Haus verließen, begann die Kirchenglocke zu läuten – dreimal, dann Pause, dann wieder dreimal und dann noch dreimal. Etwa eine Minute später geschah etwas Unglaubliches. Das Dorf wurde hell.

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