Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
Vom Netzwerk:
zitiert worden, den Scott in dem gegenüberliegenden Turm entdeckt hatte. In den letzten sechs Stunden hatte er von dort Gelächter, Jubelrufe und Applaus gehört. Ein Teil von ihm wollte hingehen und selbst nachsehen. Aber er wusste genau, dass er es lieber lassen sollte – jedenfalls, wenn er jemals wieder schlafen wollte.
    Jamie.
    Der Gedanke kam ihm ganz plötzlich. Ihm war mittlerweile egal, ob er lebte oder starb, aber er wollte unbedingt noch einmal seinen Bruder sehen. Er und Jamie hatten zusammen so viel durchgemacht, in Salt Lake City, in Carson City, in Reno. Und doch hatten sie überlebt. Mehr als das. Sie waren oft glücklich gewesen, zumindest bevor die Agenten von Nightrise anfingen, sie zu suchen. Scott hatte immer auf Jamie aufgepasst. Das war sein Lebenszweck gewesen. Und sie hatten einander immer versichert, dass sie sich nie trennen würden, was auch geschah.
    Und doch lagen jetzt Tausende Kilometer zwischen ihnen. Jamie war in London, in der Nähe der St. Meredith’s Kirche. Matt hatte ihm gesagt, dass es so ausgehen würde, als sie sich in der Traumwelt vor der Bibliothek getroffen hatten. Aber die fünfundzwanzig Türen, ihre geheimen Verbindungen zu allen Teilen der Welt, waren verschlossen.
    Scott musste wieder an die Höhle denken, die er in der hintersten Ecke des Hofes entdeckt hatte. Die fünfundzwanzigste Tür. Davor war eine Kette gespannt und zwei ineinander verschränkte Hände aus Elfenbein bildeten das Schloss. Der Vorsitzende von Nightrise hatte ihn gewarnt, dass die Kette ihn töten würde, wenn er sie berührte.
    Spielte das noch eine Rolle? Wenn er die Hände voneinander trennen und die Tür öffnen konnte, würde er nach London springen, zu Jamie. Sie würden wieder vereint sein. Vielleicht blieben ihnen nur ein paar Minuten. Vielleicht weniger. Aber das wäre es wert, oder etwa nicht?
    Scott hatte in seinem Zimmer auf dem Bett gelegen. Er schaute auf und musste feststellen, dass die Decke voller Spinnweben war. Spinnen krabbelten überall um ihn herum. Es fühlte sich an, als wären die Kissen unter seinem Kopf verschwunden und durch schmutziges Stroh ersetzt worden. Er selbst war vollkommen verdreckt. Er sah aus, als hätte er in seinem eigenen Grab gelegen.
    Jamie.
    Das war der einzige Gedanke in seinem Kopf. Mit etwas, das sich anhörte wie eine Mischung aus Schluchzen und entschlossenem Grunzen, wälzte sich Scott aus dem Bett, um zu tun, was nötig war, um seinen Bruder ein letztes Mal zu sehen.
    Scarlett hatte recht.
    Sie entdeckten es kurz nach dem Anlegen. Obwohl die Klippe, die sich vor ihnen auftürmte, massiv aussah, gab es dort einen Spalt, gerade breit genug, dass sich zwei Menschen hindurchzwängen konnten. Vom Wasser aus war der Spalt nicht zu sehen gewesen, aber nachdem sie bis ans Ende des Strandes gegangen waren, fanden sie ihn. Ein Weg schlängelte sich in die Ferne und im Schnee waren immer noch die Fußabdrücke der Fliegensoldaten zu sehen. Die Felswände ragten zu beiden Seiten des Spalts hoch auf, so dicht beieinander, dass sie sich fast zu berühren schienen, das Licht aussperrten und nicht einmal einen Blick in den Himmel erlaubten. Der Pfad war eigentlich eher ein Tunnel. Sie hatten keine Ahnung, wohin er führte, aber es war anzunehmen, dass er sie in die Festung bringen würde.
    „Da sind bestimmt Wachen“, flüsterte Lohan.
    „Damit werde ich fertig“, entgegnete Scarlett.
    Sie gingen immer weiter und ließen den Strand und ihr Schlauchboot hinter sich zurück. Die dicke Schneeschicht dämpfte ihre Schritte und sie sprachen nicht mehr miteinander. Sie waren überzeugt, dass sie nicht überleben würden. Die Millionen Tonnen Gestein, die sie einkesselten, vermittelten ihnen das Gefühl, als wären sie bereits tot.
    Wie Lohan vermutet hatte, waren auf Felsvorsprüngen oberhalb von ihnen Gestaltwechsler postiert worden, um den schmalen Pfad zu überwachen. Es war eine elende Aufgabe. Sie waren allein in der Eiseskälte. Mit ihren Menschenhänden umklammerten sie rostige Speere und hielten mit ihren Schweine-, Schlangen- oder Falkenaugen Ausschau nach Eindringlingen.
    Doch bevor sie jemanden entdecken konnten, zog in der Felsspalte unter ihnen ein merkwürdig dichter Nebel auf, der jedes Geräusch verschluckte. Deswegen sahen und hörten sie nichts und bemerkten auch die beiden Menschen nicht, die unterhalb von ihnen lautlos dem gewundenen Pfad folgten.

23
     
    LONDON
     
     
    Noch bevor Jamie Tyler am Morgen die Augen aufschlug, wusste er,

Weitere Kostenlose Bücher