Horror Cocktail
Scheinwerfern nicht schwitzte, niemals müde wurde und nie liebte. Und trotzdem ist dir die Wahrheit nicht aufgegangen. Ich kann dir sagen, daß er niemals ißt und auch niemals schläft. Weil er es nicht muß. Nicht mit seinem Gehirn und den anderen lebenswichtigen Organen, die in ein synthetisches Nervensystem und einen synthetischen Körper eingegliedert sind.«
Ihre Hand fuhr zum Mund und fiel dann herunter.
»Das ist das Geheimnis, Liebling. Das große Geheimnis der großen Namen. Nur ein paar wenige unter ihnen bleiben, weil nur wenige bereit sind, das Risiko auf sich zu nehmen und den Preis zu bezahlen. Nur die wenigen, die Ruhm und Startum über die hübschen Vergnügen des sogenannten Lebens stellten.
Nur diejenigen, die bereit waren, das Essen und Trinken und das Schlafen und das Lieben aufzugeben – weil sie nichts anderes aßen, tranken, liebten als Ruhm.
Du hast gesagt, daß du genau so fühltest, Kay. Du wolltest nicht zehn Jahre lang warten, bis du alt geworden wärst. Du hast darum gebeten, das Geheimnis schon jetzt kennenzu-lernen. Jetzt kennst du es.«
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Kay erhob sich. Sie bewegte sich ruckartig, wie eine Puppe.
»Vorsichtig«, warnte ich sie. »Du mußt erst noch lernen, deinen Körper unter Kontrolle zu bekommen. Nicht, daß etwas zerbrechen könnte – das Gehäuse ist praktisch unzerstörbar.
Aber das Gleichgewichtssystem ist anders als im natürlichen Körper, und auch seine Augen funktionieren anders.«
Sie starrte mich fassungslos an. »Ich dachte, ich sei verrückt«, sagte sie. »Aber ich habe mich geirrt, nicht wahr?
Du bist der Verrückte, Ed. Gib es zu. Mir zu erklären, ich sei eine Art Automat …«
»Nimm eine Nadel«, schlug ich vor. »Du wirst feststellen, daß du nicht blutest.«
»Wo ist Dr. Loxheim? Ich möchte sofort Dr. Loxheim sprechen!«
»Beruhige dich«, sagte ich. »Er wird gleich kommen. Du kannst jeden Beweis haben, den du brauchst. Heute abend werden wir eine Versammlung abhalten, an der alle teilnehmen werden, Paul und die anderen. Um uns ein bißchen näher bekannt zu machen. Alle außer Betty. Ich habe vergessen, daß sie diesen Monat ausgeschaltet ist.«
»Ausgeschaltet?«
»Ja. Das gehört dazu, verstehst du? Auszuruhen. Energie zu sparen. Zwischen den Dreharbeiten die Doubles die Arbeit machen zu lassen. Man hält länger. Natürlich können wir keinem Star erlauben, länger als zwanzig, fünfundzwanzig Jahre höchstens oben zu bleiben, denn sonst würde das Publikum wirklich Verdacht schöpfen. Danach ziehen sie sich einfach zurück. Aber wenn sie sich Ruhe gönnen, können sie praktisch unbegrenzt am Leben bleiben. Loxheim sagt, vielleicht zwei- oder dreihundert Jahre. Ohne zu altern, wohlgemerkt. Es wird also gar nicht so schlimm sein, wenn du dich erst mal daran gewöhnt hast. Frage Paul.«
Sie wirbelte herum. »Paul. Betty. Das sind wohl alles deine Freunde, wie?«
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»Teilhaber, Liebling«, sagte ich lächelnd. »Das ist mein Geheimnis. Du hast mich einmal gefragt, wie es kommt, daß mein Name in Hollywood immer noch Gewicht hat, obgleich ich seit Jahren keine eigenen Filme mehr produziert habe. Nun, eben weil ich meine Teilhaber habe. Sie sind mir alle dafür verpflichtet, daß sie an der Spitze bleiben können. Ihre Arbeit bekommen sie alle durch meinen Agenten, Blitzer. Ich bekomme meine Prozente. Genau wie von dir.«
Sie versuchte jetzt, die Tür zu öffnen, versuchte mich nicht zu hören. Sie tat mir leid, aber ich bewahrte mein Lächeln.
Ich mußte um ihretwillen Ruhe bewahren.
»Tu jetzt nichts Übereiltes, Kay«, riet ich ihr. »Denke darüber nach. Morgen wirst du dich schon besser fühlen. Dann triffst du dein Double, und wir können damit anfangen, die nötigen Pläne zu machen.«
»Double?«
»Sicher. Ich habe dir doch gesagt, daß man ein Double braucht. Ich habe für diese Rolle eine außerordentlich begabte junge Dame ausgewählt. Sie hat nicht nur eine überraschende Ähnlichkeit mit dir, sondern besitzt auch selbst beachtliche schauspielerische Fähigkeiten. Anhand deiner Filme, die sie genau studiert hat, hat sie sich die meisten deiner Angewohn-heiten und Gebärden bereits angeeignet, und den letzten Schliff kann sie sich ja direkt bei dir holen. Sie kennt deine Stimme von Dr. Loxheims Tonband und hat sich bereits alles einge-prägt, was du ihm über dein Leben, deine Gewohnheiten und deinen persönlichen Geschmack erzählt hast. Du brauchst das bloß noch zu ergänzen und mit ihr den Rest
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