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Horror Factory - Der Behüter(German Edition)

Horror Factory - Der Behüter(German Edition)

Titel: Horror Factory - Der Behüter(German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte S. Sembten
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in dir auslöst. Justine hat mir davon erzählt. Aber dieser Mann macht das freiwillig. Er leidet, ja. Aber für einen unvergleichlichen Lohn. Dieser Lohn ist ihm zuteilgeworden.«
    »Sieh genau hin«, forderte Gordian nach einer kurzen Pause. »Das bin ich.«
    Er fuhr fort: »Die Nadel im Fuß ist für Ringerlösung, damit der Gesalbte während des Sakraments nicht dehydriert. Der Schlauch im Penis ist ein Blasenkatheder zur Harnableitung, wie ihn jeder OP-Patient im Krankenhaus vorübergehend bekommt.«
    Er nahm sie bei der Hand und zog sie behutsam weiter, von Leuchtbild zu Leuchtbild. Die Galerie des Sakramentes zeigte Männer und Frauen. Jüngere waren darunter und Ältere. Alle hatten die Infusion im Fuß, den Katheder zwischen den Beinen und das Klebeband über den Lippen. Alle waren durch Augenbalken anonymisiert.
    Zum Schluss gelangten sie zu Rahmen, die nicht leuchteten und nur eine graue Fläche zeigten. »Hier wird die Galerie des Sakramentes fortgesetzt werden«, erklärte Gordian. »Vielleicht auch mit deinem Bild, Alenka.«
    »Doch nun«, kam er jeder Erwiderung zuvor, »sollst du unseren Altar sehen.«
    Der Altar erhob sich vor der Wand am hinteren Ende des Kellertempels. Er bestand aus einem runden Stufenpodest, worin zwei Ketten mit ledernen Fußmanschetten verankert waren. Über dem Podest hing ein Gestänge von der Decke, aus dem zwei weitere Ketten mit Ledermanschetten herabbaumelten, die für die Handgelenke bestimmt waren. Eine flaschenzugartige Vorrichtung diente dazu, die Ketten mit den Fesseln straff anzuziehen.
    Ein Ring schwenkbarer Spotlights, die um das schwebende Gestänge herum angebracht waren, erlaubte es, den Altar aus allen Winkeln auszuleuchten. Zu Füßen des Altars ragte ein Lesepult empor. Darauf ruhte ein dünnes, großformatiges Buch. Er war in altersdunkles Leder eingebunden.
    »Unser Messbuch, wenn du so willst«, sagte Gordian und schlug den Foliant behutsam auf. Auf fleckigem Pergament erkennte Alenka anatomische Darstellungen sowie unentzifferbare Zeichen in schwarzbraun nachgedunkelter Tinte.
    Plötzlich erklang eine alte, leise Stimme.
    »Willkommen, Novizin!«
    Alenka fuhr herum. Neben dem Altar stand eine kleine, gebeugte Frau. Sie musste unbemerkt aus einer der beiden Türen in der Rückwand des Kellers getreten sein. Sie war in einen weiten schwarzen Overall gehüllt, dem nur ein Taillenband Kontur verlieh. Aschweiße Strähnen durchzogen ihr graues Haar, und tiefe Runzeln furchten ihr Antlitz. Ein trüber weißer Film überzog ihre Augen. Offensichtlich war sie blind.
    »Dies ist Rorga«, sagte Gordion. »Unsere Priesterin. Sie spendet das Sakrament.«
    »Was bedeutet das – sie spendet das Sakrament?«, fragte Alenka.
    »Es bedeutet, dass ich das Skalpell führe.« Die Greisin lächelte. »Dazu benötige ich kein Augenlicht. Ich könnte es ebenso gut im Dunkeln tun. Die Punktstrahler und das Messbuch sind für den Ministranten, der mir assistiert. Das Sakrament erfordert vor allem zwei Voraussetzungen: Geduld von Seiten der Priesterin. Und Entschlossenheit von Seiten des Gesalbten.«
    »Bist du entschlossen, Alenka?«, forschte die Priesterin nach einer knappen Pause.
    Alenka war alles andere als entschlossen. Aber sie ahnte, dass das alles nur Geplänkel war. Es gab längst kein Zurück mehr für sie. Dazu wusste sie bereits zu viel.
    »Was wird geschehen?«, fragte sie.
    »Vier Stufen führen zur Offenbarwerdung«, sprach Rorga. »Erstens, die Stufe der Purifikation. Sie nimmt fünf Tage des Fastens und der inneren Reinigung in Anspruch, während derer Emetica und Laxativa, also Brech- und Abführmittel, verabfolgt werden. Zweitens, die Stufe der Salbung. Sie dauert einen Tag, in dessen Verlauf dein Körper gewaschen und rasiert wird. Drittens, die Stufe der Sakramentsspendung, die noch einmal fünf Tage beansprucht. Viertens, die Stufe des Sakrificiums, der Opferung. Sie verlangt, dass du dein Leben aufgibst.«
    Alenka erbleichte.
    »Das bedeutet nicht«, ergänzte Rorga, »dass du dein Leben verlierst. Denn dein Behüter wird in Erscheinung treten. Buchstäblich.«
    »Und falls nicht?«, versetzte Alenka. »Mein Behüter ist schwach.«
    »Dass du noch lebst, Alenka, beweist, dass dein Behüter stark ist. Er war nur schwächer als drei andere Behüter auf einmal. Denn auch deine Feinde haben Behüter.«
    Alenka richtete den Blick auf die beiden Behüter von Justine und Gordion. »Und du hast keinen Behüter?«, fragte sie die Priesterin.
    »Oh doch.

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