Horror-Horoskop
auf den Knopf, der wie ein weißer Punkt im Mauerwerk leuchtete.
Wir hörten keine Klingel und waren fast überrascht, als jemand die Tür heftig aufzog. Noch überraschter sahen wir aus, als wir die Person zu Gesicht bekamen, die im Eingang stand und uns fragend anschaute. Es war eine Frau mit einem aparten Gesicht, das von einer braunen Mähne umflossen wurde. Sie trug braune Lederjeans mit Fransen, einen im Muster modernen blauschwarz gestreiften Pullover und ein Lächeln zur Schau, das mir irgendwie geschäftsmäßig vorkam und alles bedeuten konnte.
»Sie wünschen?«
Ich hatte mit Fernando Crion gesprochen und stellte mich deshalb vor.
»Mein Name ist John Sinclair. Ich telefonierte mit Monsieur Crion…«
»Ja, mein Vater sprach davon. Kommen Sie.« Die Frau schnippte mit den Fingern. »Aber er hat nichts davon gesagt, dass Sie zu dritt sind. Sie gehören doch zusammen - oder?«
»Meine Kollegen. Mr. Bill Conolly und Mr. Suko.«
»Ein seltsamer Name.« Die Frau ließ ihre Blicke über die Gestalt des Inspektors wandern.
Suko hob die Schultern. »Sorry, aber wir Chinesen heißen nun nicht mal Miller oder Smith.«
»Klar. Bitte, kommen Sie.«
Die Frau hielt uns die Tür offen, und wir schritten an ihr vorbei in eine hallenartige Diele, die gleichzeitig von einem großen Kamin beherrscht wurde, in dem ein Feuer brannte und dem durch die Fliesen zum Teil kahl wirkenden Boden einen warmen Touch gab.
»Mein Vater ist im Augenblick noch oben. Er wird gleich kommen.« Sie sprach im Gehen und deutete auf eine Sesselgruppe. »Wenn Sie dort Platz nehmen würden.«
»Danke.«
Wir ließen uns auf den Ledersesseln nieder. Ein leichter Rauchgeruch durchzog die Halle, er hatte sich mit den Gerüchen des alten Leders vermischt.
Der Tisch zwischen uns war rund. Nicht weit entfernt stand eine fahrbare Bar. Weiß, aus Kunststoff, wie von der Hand eines italienischen Designers geformt. Sie passte zwar beim ersten Hinsehen nicht in die Halle, mir gefiel sie trotzdem.
»Was darf ich den Herren zu trinken anbieten?« erkundigte sich die Tochter des Hausherrn.
»Dass Caroline so etwas noch fragt«, ertönte eine Stimme von der Treppe her. »Ich würde Calvados vorschlagen.«
»Ja!« sagte Bill. »Apfel in seiner besten Form.«
»Richtig, Monsieur. Ich merke, Sie sind vom Fach.«
Das Lachen des Hausherrn begleitete dessen weiteren Weg. Fernando Crion war ein hochgewachsener, kräftiger Mensch, an dessen Kinn ein eisgrauer Bart »klebte«. Auch er trug bequeme Hauskleidung. Die Jacke war weit geschnitten, die Hose aus Cord ebenfalls. Wir reichten uns die Hände. Unsicherheit las ich in seinen Pupillen, anscheinend wusste er nicht, wie er uns einstufen sollte. Auch er zeigte sich ein wenig verwundert über unseren Auftritt zu dritt, was ich sehr schnell erklärte und er auch akzeptierte.
Caroline servierte den Calvados. Die Gläser standen auf einem Tablett. Wir nahmen jeder einen Schwenker, auch Suko, ließen die Flüssigkeit einige Male kreisen und genossen das aufsteigende Aroma. Der Apfelbranntwein war vorzüglich. Weich, mild, dennoch voller Fülle. Man schmeckte das Holz der Fässer heraus, in dem das Getränk so lange Zeit gereift war.
Wir waren natürlich nicht gekommen, um nur ein Plauderstündchen abzuhalten. Ziemlich schnell kam ich zur Sache und schaute Fernando Crion dabei an, der in einem Schaukelsessel saß und seine Hand auf die Schulter der Tochter gelegt hatte, die auf einem neben dem Sessel stehenden weichen Ledersitzkissen ihren Platz gefunden hatte. Ich erklärte ihm zunächst, wer wir waren und mit welchen Aufgaben wir uns beschäftigten.
Vater und Tochter hörten gespannt zu. Während der Mann hin und wieder nickte, bekam Carolines Blick einen etwas spöttischen Ausdruck, als würde sie unseren Job nicht sehr ernst nehmen.
»Natürlich hat mich mein Freund schon über Sie eingeweiht«, sagte der weißhaarige Mann. »Ich wollte mir nur persönlich ein Bild von Ihnen machen, bevor ich Sie ins Vertrauen ziehe.«
»Das verstehe ich«, sagte Bill.
»Und Sie glauben alles, was ich Ihnen berichte?«
»Sofern es mit unserem konkreten Fall zusammenhängt, sicher«, sagte ich. »Wir haben die Menschen sterben sehen.«
Ich berichtete noch einmal, wie die drei Mitarbeiter des Mannes ums Leben gekommen waren. »Und wir konnten nicht mehr helfen, weil diese Schattengestalt mit dem Schwert einfach zu schnell war.«
»Ja, das verstehe ich«, erwiderte der Professor. »Auch ich habe hier gesessen und
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