Horror-Horoskop
immer auf dem Boden stand, der mir Halt gab, obwohl es nicht danach ausgesehen hatte.
»John!«
Jemand sprach mich an, dessen Stimme ich kannte. Deshalb drehte ich mich zu dem Sprecher herum. Es war Bill Conolly.
»Hey«, sagte ich.
»Was ist denn los gewesen? Du warst plötzlich wie verschwunden, obwohl wir dich sahen. Was war mit dem Kreuz?«
Ach ja, das gab es auch noch. Ich schaute auf meinen Talisman und hob die Schultern. »Ich habe etwas Seltsames erlebt.«
»Und was?«
»Ich sah Nostradamus. Und nicht nur ihn. Ich konnte auch einen Teil des Weges verfolgen, den er gegangen ist, und dabei habe ich erlebt, wie dieses Bild-Horoskop entstanden ist.«
Caroline öffnete den Mund. Ein schrill klingendes Lachen schallte durch den Raum. Sie wollte mir nicht glauben. Auch ihr Vater schaute mich ungläubig an.
Anders Bill und Suko. Sie kannten mich, mein Kreuz und dessen Magie besser. Denn von ihnen hörte ich keinerlei Widerspruch. Sie schauten mich beide nur an und nickten gemessen.
Caroline Crion war ärgerlich geworden. »Weshalb erzählen Sie uns so etwas?« fuhr sie mich an.
»Weil es stimmt.«
Sie wollte eine Widerrede geben, ihr Vater mischte sich ein und verbot ihr sogar den Mund. Die Frau schwieg.
Dann wandte sich Fernando Crion an mich. »Gesetzt den Fall, Monsieur Sinclair, ich glaube Ihnen. Was können Sie uns dann an Einzelheiten wiedergeben.«
»Einige«, erklärte ich. »Oder sogar sehr viel. Ich habe erlebt, wie Nostradamus in den Gewölben des Schlosses der Medici die letzten Seiten seiner Offenbarung schrieb.«
Fernando Crion blieb vor Staunen fast der Mund offen. Auch die Augen meiner Freunde wurden groß. Nur Caroline schüttelte den Kopf.
»Und das stimmt tatsächlich?« fragte Crion ächzend.
»Ich lüge Sie nicht an.«
»Wie war es denn?« Er hob die Schultern. »Entschuldigen Sie, wenn ich so dumm frage, aber mir fällt nichts anderes ein.«
Ich lächelte. »Das kann ich verstehen. Ich weiß zum ersten, was es mit den Grausamen Zwölf auf sich hat, und ich weiß ferner, wer Nostradamus die letzten Seiten seiner offenbarenden Schrift in die Feder diktiert hat.«
»Sagen Sie es!«
»Luzifer!«
Das war die nächste Bombe, die ich zur Explosion brachte und abermals Unglauben erntete.
»Den gibt es nicht!« schrie Caroline.
»Halten Sie den Mund!« fuhr Bill sie an, und die Sprache verstand sie.
Ich fuhr mit meinen Erklärungen fort. »Nostradamus versuchte, dieses Horoskop, das vor uns steht, unter den Schutz der zwölf Erzengel zu bringen. Er wollte also die stärksten Schutzgeister haben, die ihm bekannt waren. Das gelang nicht. Die Hölle war stärker. Luzifer erschien und diktierte ihm nicht allein die Offenbarungen des Schreckens mit Jahreszahlen, er sorgte auch dafür, dass die Grausamen Zwölf, das Pendant zu den Erzengeln, die Kontrolle über das Horoskop übernahmen. Mit anderen Worten, Monsieur Crion, Sie haben sich durch den Fund dieses Teils ein Kuckucksei ins Nest gelegt. Das Horoskop, auf das wir starren, ist dem Bösen geweiht. Es steht unter dem Schutz des Höllenherrschers Luzifer und seiner großen Diener, den zwölf Grausamen. Damit müssen Sie sich abfinden, und das erklärt auch die Morde an Ihren Mitarbeitern. Die Hölle kann und will nicht zulassen, dass wir Menschen erfahren, wie es tatsächlich um Nostradamus gestanden hat und wie seine letzten Offenbarungen zustande gekommen sind.«
Crion konnte es nicht fassen. Er schüttelte den Kopf, flüsterte Worte, die keiner von uns verstand und lehnte sich gegen die Wand. Dafür übernahm Bill Conolly das Wort. »Wenn ich dich richtig verstanden habe, John, darf niemand etwas Genaues wissen.«
»So ist es.«
Er kam auf mich zu. »Aber wir wissen es jetzt.«
»Klar.«
»Deshalb stehen wir ebenfalls auf der Liste der Grausamen Zwölf. Oder wie sehe ich das?«
»Genau richtig. Ich frage mich nur, wann und wie die Hölle reagieren wird.«
Nach diesen Worten war es zunächst einmal still. Jeder hatte meine Erklärungen gehört und dachte darüber nach. Sogar Caroline enthielt sich einer spöttischen Bemerkung.
Mein Blick traf die Platte des Tisches. Wieder musste ich den Kopf schütteln. Es war unvorstellbar, was ich da zu sehen bekommen hatte. Mein Kreuz hatte mir einen Tunnel geöffnet, durch den es mir gelungen war, in die Vergangenheit zu schauen.
Ich wusste nun, aus welch einem Grunde die Aufzeichnungen und Voraussagen Nostradamus' so schlimm gewesen waren. Luzifer hatte auch dort seine Hand im
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