Hosen runter: Roman (German Edition)
Ehrlichkeit als mir lieb ist, und hat die Tendenz, alle Details unserer Beziehung mit ihren Freundinnen zu besprechen. Ich bevorzuge es anonymer. Darum bin ich hier. Doch trotz aller Unstimmigkeiten ist ein gewisses Vertrauen für mich die Grundvoraussetzung einer funktionierenden Partnerschaft. Danke für die Zigarette, aber deine Beziehung zu deiner Verlobten ist offensichtlich nur auf Lügen aufgebaut.«
»Klar lüge ich sie an!«, konterte Thilo. »Aber die Schlampen, die verheiratet sind und sich von mir auf einer Kneipentoilette vögeln lassen, machen doch auch nichts anderes. Oder meinst du, die rennen danach zu ihrem Mann und schenken ihm reinen Wein ein? ›Du, Schatz, ich bin spät dran, aber ich musste es mir noch von einem geilen Hengst besorgen lassen.‹ So blöd ist doch keine Frau auf der ganzen Welt.«
Ich war gespannt, wie unsere Therapeutin mit dem Typen fertigwürde. Ich war mir sicher, dass sie mit sich rang, ob sie ihn zu seiner Verlobten nach Hause schicken sollte. Wie verzweifelt musste die sein, dass sie sich das von diesem vorsintflutlichen Hirni bieten ließ?
»Was ist das für eine Frau, die das alles mitmacht?«, fragte Frau Gassner. Sie schien meine Gedanken lesen zu können.
»Sie liebt mich. Ich bin der Mann, mit dem sie zusammen sein will«, antwortete Thilo, und es schien zu stimmen. Das notierte sich Frau Gassner. »Und ich liebe sie«, fügte er leise hinzu. Danach war es still im Zimmer.
Oliver trat seine Zigarette auf dem Boden aus. »Wenn du sie liebst, wie lange willst du sie noch hintergehen?«, fragte er ihn.
»Keine Ahnung? Fünf Jahre?«
»Das kann doch nicht dein Ernst sein!«, platzte es aus dem Banker heraus. »Du willst in fünf Jahren mit einer Partnerin eine Familie gründen, die du bis dahin weitere fünfhundert Mal betrogen hast?«
Abgesehen von der Trostlosigkeit, die das über dieBeziehung verriet, war Fünf-Fucking-Hundert ein unglaublicher Highscore. Dieser hohle Vorstadtmacho rammelte allein mehr als die deutsche Nationalelf – und zwar inklusive der Ersatzspieler. An dieser Erkenntnis führte kein Weg vorbei: In unserer Gruppe befand sich ein ausgewachsener Mäuserich!
»Was verspricht sich Ihre Verlobte überhaupt davon, Sie zu einer Gesprächstherapie zu schicken?«, fragte Frau Gassner.
»Sie hat mich nicht geschickt. Ich lasse mich nicht schicken«, stellte er klar. »Sie hat gesagt, dass sie mich sonst verlässt.« Die Therapeutin schrieb sich wieder etwas auf. Der Mäuserich räusperte sich. »Ähm, könnten Sie mir vielleicht eine Bescheinigung ausstellen, dass ich hier teilgenommen habe?«, fragte er fast schon kleinlaut.
»Das reicht Ihrer Verlobten? Jede Ihrer Affären könnte ihnen dasselbe auf ein Blatt Papier kritzeln«, wunderte sie sich.
»Haben Sie keinen Stempel oder so was?«
»In meiner Praxis habe ich einen Stempel, aber das ist hier eine Nebentätigkeit von mir. Ich kann Ihnen höchstens meine Karte geben«, bot sie ihm an.
»Ja, die kann ich gebrauchen«, grinste er zweideutig.
Sie nahm ihre Tasche und suchte eine Visitenkarte heraus, die sie ihm mit coolem Gesichtsausdruck überreichte. »Richten Sie Ihrer Verlobten aus, dass sie sich jederzeit bei mir melden kann. Ich werde sie, sofern Sie damit einverstanden sind, über eventuelle Fortschritte in Kenntnis setzen.«
»Aber sicher«, sagte er und verstaute die Karte sorgfältig in seiner Jacke. Dann konnte er es sich nicht verkneifen, ihr zuzuzwinkern. Als sei bereits klar, dass sie diese Woche noch von ihm rangenommen würde, spätestens jedoch nach der nächsten Therapiesitzung.
Zwar konnte ich bei ihr keine Anzeichen erkennen, die dem Mäuserich signalisiert hätten, dass er mit seiner barbarischen Anmache bei ihr landen könnte, trotzdem meldete sich mein natürliches Misstrauen gegenüber den Frauen. Man konnte sich bei denen einfach nie sicher sein, worauf sie abfuhren. Die schöne Therapeutin war dem Mäuserich in jeder nur denkbaren Weise überlegen. Aber was hinter den Kulissen ihrer geschniegelten Fassade passierte, konnte ich nicht einschätzen. Und das ging mir gewaltig auf den Zeiger. Und zwar weil ich dasselbe Ziel vor Augen hatte wie der Mäuserich: Frau Gassner in ihrer gesamten Pracht in meine dunklen Gemächer zu zerren und sie dort unzivilisiert durchzuvögeln. Mit dem feinen Unterschied, dass ich diese Frau zu schätzen wusste. Ihr Aussehen, ihre Art, ihre Stimme, es passte einfach alles. In meinem Laden lernte ich täglich hübsche Frauen kennen,
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