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Hosen runter: Roman (German Edition)

Hosen runter: Roman (German Edition)

Titel: Hosen runter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Regel
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»Seitdem ich mich vom Nachtleben verabschiedet habe, komme ich mit Frauen auf keinen grünen Zweig mehr. Und langsam frage ich mich, warum eigentlich.«
    Die Therapeutin blickte auf ihre Armbanduhr, unsere Geständnisse schienen sie nicht gerade vom Hocker zu reißen. Dann hob sie die Augenbrauen. »Nun,meine Herren, einer von Ihnen muss ins kalte Wasser springen. Ich brauche einen Freiwilligen, der etwas genauer erzählt, warum er hergekommen ist.« Sie sah zu mir und hoffte auf mich als ihren Verbündeten, doch ich ließ sie im Stich. Die anderen waren auch nicht mutiger. Keiner drängelte sich in den Vordergrund, um vor vier wildfremden Männern und einer ebenso wildfremden Frau emotional mal so richtig auszupacken. Die Stille war beklemmend. Was war das für ein Alptraum? Vor mir saß die heißeste Therapeutin aller Zeiten, doch um sie zu beeindrucken, würde kein sorgsam ausgewähltes Negligé reichen. Hier galt es, mich selbst nackig zu machen und mein Gefühlsleben auszubreiten. Plötzlich kam ich mir vor wie der neunjährige Tom, der mit heruntergelassenen Hosen vor seiner Kinderärztin steht. Damals rief ich heulend nach meiner Mutter, das würde mir hier jedoch kaum helfen. Im Gegenteil. Und ich wollte auf keinen Fall als Flasche vor ihr dastehen. Außerdem würde ich mir nie verzeihen, wenn Ralph in einem solchen Moment mehr Mumm gehabt hätte als ich. Also quatschte ich einfach los  – irgendwie mussten wir ja ins Gespräch kommen.
    »Ich habe innerhalb von zehn Jahren mit einem Dutzend Frauen geschlafen«, hielt ich mich an die Wahrheit. Frau Gassner nickte mir aufmunternd zu. »Mit den meisten dieser Frauen hatte ich festere Beziehungen, ein paar Monate oder einmal sogar zwei Jahre lang. Nach dieser Phase habe ich wieder mit einem Dutzend Frauen geschlafen. Doch diesmal habe ich dafür nur etwa ein Jahr gebraucht. Und es sind kein einziges MalBeziehungen daraus geworden. Ich habe also in den letzten zwölf Monaten genauso viele Partnerinnen gehabt wie in dem ganzen Jahrzehnt zuvor.«
    Frau Gassner schrieb auf ihrem Block mit. »Wie geht es Ihnen dabei? Fühlen Sie sich ausgebrannt?«, fragte sie. Mitnichten. Ich war gut in Form. Mir ging’s super. Hatte wenig Stress mit Frauen und machte mir selbst keinen, wenn ich mal ein paar Nächte allein blieb. Wenn sie mir ihre Telefonnummer geben würde, könnte man mich guten Gewissens sofort als geheilt entlassen. Sie sah mich an und erwartete eine Antwort von mir.
    »Nein. Ich bin gut in Schuss«, sagte ich.
    »Aber offenbar gab es einen Wendepunkt in Ihrem Verhältnis zu Frauen.« Damit traf sie den Nagel auf den Kopf, aber das musste sie ja nicht unbedingt wissen. Sie bohrte weiter. »Und offensichtlich sind Sie nun an einem Punkt in Ihrem Leben angelangt, Tom, an dem Sie nachdenklich werden«, vermutete Frau Gassner.
    Ich reflektierte über mein Dasein aktuell nicht mehr und auch nicht weniger als sonst. Die zahlreicheren Affären waren in erster Linie auf den Publikumsverkehr in meinem Laden zurückzuführen, weniger auf irgendwelche Probleme mit meinem Gefühlsleben. Ich war in einem Alter, in dem ich erfahren und neugierig genug war, um den ganzen Trubel mit den Weibern zu genießen. Nur würde mir das die hübsche Therapeutin nicht abkaufen.
    »Oder warum wollen Sie diese Therapie für Männer mit Bindungsangst machen?«, fragte sie mich, als hätte ich mich hier heimlich reingeschlichen, um Gesellschaftzu haben. Wovon redet sie? Ralph hatte mir erzählt, es ginge um eine Gruppe für Männer mit Frauenproblemen – was sollte das denn nun? Ich sah zu ihm hinüber, aber er wandte sich ab. Na toll, nun stand ich vor der scharfen Braut als verstörter Bindungsunfähiger da. Das hatte er mir eingebrockt, und das würde er mir büßen, doch viel dringender war, ihr eine befriedigende Antwort zu geben. Denn mein Weg zwischen die Beine von Frau Gassner würde nur über therapeutische Erfolge führen, die sie an mir erkannte, so viel stand fest. Wenn ich Fortschritte in Sachen Bindungswilligkeit machte. Wenn sie in mir einen Patienten sah, dem sie helfen konnte. Ich musste ihr also suggerieren, dass ich bereit war, mich von ihr heilen zu lassen.
    »Ich will herausfinden, ob es sich in meinem Fall tatsächlich um echte Bindungsängste handelt«, bemühte ich mich um eine plausible Erklärung. »Zudem habe ich mehr und mehr das Gefühl, mich in einem Reifeprozess zu befinden, zu dem auch gehört, dass ich mich selbst kritisch betrachte«, warf ich ihr einen

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