Hosen runter: Roman (German Edition)
ich wahrscheinlich schon das Doppelte zahlen.«
»Mindestens«, sagte er und ging weiter nach hinten. Dann verschwand er in einer meiner Umkleidekabinen.
Letztes Jahr war ein Typ mit Dessous in einer der Kabinen verschwunden und hatte sie mir voller schmieriger Spuren hinterlassen, seitdem achtete ich darauf, wer sich hinter die Vorhänge schlich. Als ich Chris kontrollierte, hatte er glücklicherweise nicht seinen Pimmel in der Hand. Er starrte an die Decke.
»Keine Kameras in den Kabinen?«, wunderte er sich.
»Ich muss meine Kundinnen nicht nackt sehen«, sagte ich ehrlich. »Jedenfalls nicht alle.«
»Ich kann mir vorstellen, dass es Bräute gibt, bei denen würde sich eine Fernsehübertragung schon lohnen, wenn die hier mit ihren Luxuskörpern vor dem Spiegel posieren, oder?«
»Dessous werden meistens von ganz normalen Frauen gekauft«, erklärte ich ihm meinen unspektakulären Arbeitsalltag. »Sie wollen mit erotischer Unterwäsche ihre Figur in Szene setzen oder von ihren Schönheitsfehlern ablenken.«
Chris nahm es enttäuscht zur Kenntnis. »Du brauchst nicht zufällig eine Aushilfe?«, fragte er mich mit der gedämpften Stimme eines Koksdealers, ohne seine Lippen zu bewegen. »Ich kann allerdings nur samstags.«
Ich brauchte einen Voyeur als Assistenten so dringend wie einen Mahnbescheid einer albanischen Inkassofirma im Briefkasten. Außerdem müsste er dann doppelt so viel kiffen, um den Anblick der Kundinnen in scharfer Wäsche auszuhalten, und ich wäre mir wie jemand vorgekommen, der ihn rücksichtslos den Drogen auslieferte. »Die Damen sind alt genug, um sich eigenständig umzuziehen«, machte ich ihm keine Hoffnung auf einen Aushilfsjob.
Er sah mich vorwurfsvoll an. »Hast du wenigstens einen Katalog, den ich mitnehmen kann? Irgendwas, wo ein bisschen Haut zu sehen ist?« Suchend wanderte sein Blick hinter meinen Ladentisch. Ich kam mir vor, als würde ich einen schmuddligen Sexshop in Bahnhofsnähe betreiben. Ich hatte tatsächlich Kataloge, aber die brauchte ich zum Bestellen meiner Waren.
»Mann, in jeder Fernsehzeitung sind mehr Titten zusehen als in einem Branchenprospekt für Damendessous!«, klärte ich ihn auf.
Doch er entdeckte ein Objekt, das einen Meter links von mir an der Wand heftete: ein Werbeposter mit einer brünetten Schönheit, die ein klassisches Set in bordeauxroter Spitze trug. Das glänzende Bild hatte das Format eines Kinoplakats, und Christian betonierte sich ehrfürchtig davor mit den Schuhen am Boden fest.
»Wie heißt das Ding da noch mal?«, fragte er und deutete auf ein Bein des Models.
»Das, mein Lieber, ist eine der faszinierendsten Errungenschaften der modernen Bekleidungsindustrie«, referierte ich staatstragend. »Im Fachchinesisch wird es als Strumpfbandgürtel bezeichnet, aber im Volksmund ist es als Strapse geläufig.«
»Strapse!«, platzte es aus ihm heraus. »Bin nicht auf den Begriff gekommen. Dabei liebe ich es, Frauen in Strapsen zu bumsen.«
»Das ist eine absolut salonfähige Leidenschaft«, gab ich ihm Absolution.
Obwohl wir allein waren, beugte er seinen Kopf konspirativ zu mir. »Weißt du, was ich letzte Nacht gemacht habe?«, fragte er mich. Ich zuckte mit den Schultern und hoffte, dass jetzt nicht irgendein kranker Scheiß kam, den ich meinem Anwalt mitteilen musste. »Ich habe mir unsere Psychologin in Strapsen vorgestellt und mir eine halbe Stunde lang einen auf sie runtergeholt«, sagte er kichernd.
Er erwartete wohl, dass ich ihm dazu gratulierte, aber mir war eher danach, das perverse Schwein anzuzeigen.Hermann musste dafür sorgen, dass dieser Wicht in Sicherheitsverwahrung kam, in eine Zwangsjacke, die verhinderte, dass er onanieren und dabei an Nathalie denken konnte. Denn in dieser Stadt hatte sich niemand ungestraft einen auf Frau Gassner runterzuholen, das tat ich bisher nicht einmal selbst.
»Ich muss dann mal los«, verabschiedete er sich abrupt.
»Wo willst du hin?«
»Nach Hause.«
Das dachte ich mir. Damit er dort an seinem Ding rumspielen und sich Nathalie in Netzstrümpfen vorstellen konnte. Das musste ich verhindern. »Warte!«, rief ich ihm nach. Ich nahm das Poster vorsichtig von der Wand, rollte es zusammen und überreichte es ihm in der Hoffnung, dass ihn die brutal hübsche Braut von Nathalie ablenken würde. »Ich glaube, das Bild passt prima in dein Schlafzimmer. Und wenn du von dem Biest die Schnauze voll hast, kommst du wieder und bekommst Nachschub.«
»Danke, Mann!«, sagte er ergriffen und trug
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