Hosen runter: Roman (German Edition)
Wein.
Das klang vielversprechend. Sie stand auf und bewegte sich auf den wichtigsten Raum in meiner Wohnung zu. Ich folgte ihr artig und überlegte dabei, wie ich meinen herannahenden Fehltritt, der Gott sei Dank noch keiner war, rechtzeitig wieder loswürde.
»So ähnlich hat es bei Heinrich dem Achten wahrscheinlich auch ausgesehen«, spottete Nathalie über die opulente Einrichtung meines Schlafzimmers. Dabei hatte ich nur schwere dunkelrote Samtvorhänge vor den Fenstern und ein Kingsize-Bett, das aus königlichen Gemächern hätte stammen können. Daneben wirkte der sechsarmige goldene Kerzenständer auf dem Nachttisch schon fast dezent.
»Keine Sorge«, beruhigte ich sie. »Wenn du dich gut mit mir stellst, wirst du nicht hingerichtet.«
»Und wenn du dich bei mir schlecht benimmst, wirstdu morgen in der Gruppensitzung von mir hingerichtet«, sagte sie und streckte mir ihre Zunge raus wie eine kleine Göre.
Ich packte sie mir und trug sie auf meinen Armen Richtung Bett. Dabei schwappte mir etwas von ihrem Wein über das Hemd. »Vorsicht«, sagte sie. »Der Wein! Warte, ich trink ihn erst aus.«
Während ich sie auf dem Bett ablegte, leerte sie das Glas. Ich nahm es ihr ab und legte mich zu ihr. Langsam knöpfte ich ihr die Bluse auf und vertiefte mich in ihr Dekolleté, bis mich eine Vibration in meiner Hosentasche daran erinnerte, dass ich dringend telefonieren musste.
»Oh, mein Hemd ist ganz nass geworden«, sagte ich.
»Na und?«, fragte sie erstaunt. »Dann zieh es doch einfach aus.«
Aber ich stand auf und ging zur Tür, damit sie nicht auf das summende Handy aufmerksam wurde.
»Wo willst du denn hin?«, fragte Nathalie erstaunt.
»Ins Bad. Ich schmeiße es gleich in die Wäsche«, antwortete ich.
Beim Abhören meiner Mailbox sah ich im Spiegel einem Verräter in die Augen. Die Sexbombe hatte in der letzten Viertelstunde bereits zweimal auf meine Mailbox gesprochen. Erst aus dem Restaurant, dann aus dem Taxi, mit dem sie nun auf dem Weg hierher war. Ich stellte mich möglichst weit weg von der Badezimmertür in die Duschkabine, damit Nathalie nicht hörte, dass ich telefonierte. Schützend hielt ich die Hand vor den Mund.
Das scharfe Biest nahm gleich nach dem ersten Klingeln ab. »Ja, hallo?«
»Hier ist Tom. Aus der Lingerie Royale«, flüsterte ich.
»Na endlich«, meinte sie. »Wurde aber auch Zeit, ich bin schon fast bei dir.«
Mir stockte der Atem. Das war Rettung in letzter Sekunde. »Ähm«, druckste ich herum. »Du, entschuldige, aber … Das wird heute nichts. Mir ist da was dazwischengekommen.«
»Was dazwischengekommen? Geht’s noch?«, blaffte sie mich an.
»Ich weiß, es klingt wie eine Ausrede, aber ein Kumpel von mir hat mir sein Baby aufs Auge gedrückt«, hoffte ich, dass ein süßes Kleinkind ihr Verständnis fände.
Aber sie reagierte überhaupt nicht darauf. Vielleicht war die Verbindung drinnen gestört? »Hallo?«, testete ich vorsichtig an, ob es an der Technik lag.
Dann hörte ich sie atmen. Es war eher ein Schnauben. »Alter! Du hast wohl schlecht geschissen!«, fauchte sie. Dann legte sie auf.
Das kurze Telefonat hatte eine therapeutische Wirkung auf mich. Spätestens mit ihrer rüden Ansage wurde mir endgültig bewusst, dass ich mich in den letzten Stunden wie ein Vollidiot aufgeführt hatte. Statt mich um eines der bezauberndsten Wesen der Welt zu kümmern, hatte mich mein Schwanz um ein Haar in die Fänge einer schlichten Männermörderin getrieben. Vielleicht sollte ich in Zukunft meinen Gefühlen doch mehr vertrauen als diesem verwirrten Stück Fleisch zwischen meinen Beinen?»Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Was war denn los?«, fragte Nathalie, als ich endlich zu ihr ins Schlafzimmer zurückkehrte.
Ich stand nur noch mit einem Handtuch um die Hüfte vor dem Bett und atmete durch. »Ich bin irgendwie nervös heute Abend«, erklärte ich ihr.
Nathalie richtete sich auf und klopfte auf die Matratze. »Komm, setz dich. Wir können über alles reden«, bot sie mir an.
Reden, eine tolle Idee. Ich konnte ihr natürlich ganz offen erzählen, dass ich das, was dabei war, sich zwischen uns zu entwickeln, soeben fast für eine völlig unbedeutende Nummer aufs Spiel gesetzt hätte. Dass ihr Misstrauen in mich völlig begründet war. Und dass es vermutlich noch eine Weile dauern würde, bis aus mir ein beziehungsfähiger Mensch wurde. Da jedoch seit dem Telefonat wieder genug Blut in meinem Schädel war, entschied ich mich für eine etwas schmeichelhaftere
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