Hosen runter: Roman (German Edition)
mich. »Als würde ich Frauen nur dank meines Ladens kennenlernen.«
»Deine Freunde haben sich Sorgen um dich gemacht«, versuchte sie, mich zu besänftigen. »Sie wollten dir helfen.«
»Weshalb? Weil ich mehr Sex habe als sie?«, fragte ich.
»Nein. Weil du dich in den letzten Jahren offensichtlich im Kreis gedreht hast«, antwortete sie.
»Das ist doch wieder typisch!«, ärgerte ich mich. »Da spricht man mit seinen engsten Kumpels über seine Gefühle, und was kommt dabei raus? Man wird bei einer Psychologin angeschwärzt.«
»Also ich glaube nicht, dass deine Freunde von deinen emotionalen Geständnissen genervt waren, sondern von dieser permanenten Angeberei.«
»Mann, da machen die sich ins Hemd, weil man mal eine kleine schmutzige Anekdote erzählt!« Ich war fassungslos.
»Ganz ehrlich, Tom: Ich möchte nicht Teil irgendwelcher Bettgeschichten sein, die du offensichtlich munter ausplauderst«, meinte Nathalie.
Na wundervoll! Da hatten mich meine Kumpels ja richtig in die Pfanne gehauen. Das hätte selbst mein ärgster Feind nicht besser hinbekommen. Respekt!
»Nathalie«, versuchte ich, sie zu besänftigen. »Details erwähne ich nur bei Frauen, die mir nichts bedeuten. Über alles, was zwischen uns ist, würde ich natürlich niemandem ein Sterbenswörtchen verraten. Es sei denn, ich werde in einer Therapie dazu gezwungen«, grinste ich sie an.
Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, das jedoch schnell wieder einer ernsten Miene wich. »Daran sieht man schon, dass du den tieferen Sinn einer Therapie gar nicht begriffen hast. Es geht hier nicht um schmutzige Anekdoten, sondern darum, sich seinen Gefühlen zu stellen.«
»Moment mal! Ich habe mich sehr wohl mit meinen Gefühlen auseinandergesetzt«, wehrte ich mich. »Immerhin habe ich doch auch geschnallt, dass du die Richtige für mich bist, oder etwa nicht?«
»Ach, Tom«, seufzte sie. »Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits würde ich dir ja gern alles glauben, aber andererseits geht mir das alles viel zu schnell mit uns.«
»Schnell?«, fragte ich entgeistert. »Wir kennen uns bestimmt schon einen Monat!«
»Das mag sich für deine Verhältnisse schon fast wie eine silberne Hochzeit anfühlen, aber als Therapeutin weiß ich, dass sich die Dinge nur sehr langsam weiterentwickeln. Echte Fortschritte macht man nicht hoppla hopp, sondern in Babysteps.«
Das klang nach einer langen und schweren Geburt. Erst jetzt nahm ich die vielen Passanten um uns herum wahr, die einen Bogen um uns machten, weil wir wahrscheinlich wirkten wie ein Pärchen, das gerade einen Beziehungsstreit hat. Ich rückte ein Stückchen näher an Nathalie heran.
»Was verlangst du von mir?«, fragte ich mit gedämpfter Stimme.
»Ich will, dass du das alles komplett aufarbeitest. Anders wirst du kein beziehungsfähiger Mann werden«, antwortete sie.
»Soll ich mich jetzt in die Gruppe setzen und alle meine Affären offen schildern? Ist das so wichtig, wie ich es mit wem getrieben habe?«
»Nein. Du musst es vor allem für dich selber tun. Und was du dabei lernst, das solltest du mit einer Therapeutin besprechen.«
»Vor einer Stunde habe ich meine Therapeutin noch im Arm gehalten. Soll ich mit der über alles reden?«
»Weiß ich nicht«, sagte sie und zuckte mit den Schultern.
»Was soll das denn heißen?«, wunderte ich mich.
»Wenn wir was miteinander anfangen, weiß ich nicht, ob ich dich noch therapieren kann. Da fehlt mir die Distanz«, klärte sie mich auf.
»Ich habe eher das Gefühl, seit ein paar Tagen herrscht bei uns wieder viel mehr Distanz als davor. Wir telefonieren nicht, wir sehen uns kaum, und ins Bett haben wir es seitdem auch nicht mehr geschafft.«
»Das wird auch erst mal ein Weilchen so bleiben«, sagte sie mit einem Tonfall, als würde sie vor Gericht ein Urteil verlesen.
»Warum denn?«
»Weil ich nicht nur die nächste Nummer auf deiner Liste sein will.« Nathalie schluckte. »Und weil ich selber für mich herausfinden muss, wie beziehungsfähig ich derzeit bin.«
Wenigstens gab sie mir nicht die ganze Schuld. Das konnte in solchen Augenblicken ein gewisser Trost sein, nur leider hielt er nicht lange vor. »Auch wenn wir vorerst nicht mehr wild durchs Bett toben, sehen wir uns trotzdem?«, erkundigte ich mich vorsichtig.
»Ich denk drüber nach«, sagte sie nüchtern und gab mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange, der allerdings so unterkühlt war, dass ich von meiner Sachbearbeiterin in der Bank herzlicher verabschiedet
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