Hostage - Entführt
die Türen zu brechen. Alle sollten Feuerlöscher dabeihaben.
Talley hatte keine Zeit, seine kugelsichere Weste aus dem Wagen zu holen, sondern borgte sich eine von der Autobahnpolizei, schnallte sie über sein Sweatshirt und schlang sich den Gurt eines Feuerlöschers über die Schulter. Die Feuerwehrmänner wickelten ihre Schläuche ab, sollten aber in Deckung bleiben, bis sie Meldung bekamen, dass der Widerstand der Geiselnehmer gebrochen war.
Als sie sich über den Angriffsplan einig waren, rief Talley bei Thomas an. Die Verbindung war diesmal noch schwächer, und Talley sagte ihm, er solle das Handy anlassen – das ständige Ein- und Ausschalten des Telefons kostete vermutlich mehr Energie als der Dauerbetrieb. Falls Jones sich etwas dabei dachte, dass Talley mit Thomas telefonierte, sagte er es jedenfalls nicht.
Martin schob sich neben Talley, als Jones seinen Männern sagte, was sie wo zu tun hatten.
»Was soll ich unternehmen, Talley?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wollen Sie sie einfach mit den Disketten verschwinden lassen?«
»Ich weiß nicht, was ich machen werde, Martin. Wirklich! Ich muss jetzt in erster Linie die Kinder retten.«
Talley schloss den Kragen seiner Weste und rückte sein Schultermikrofon zurecht. Alles ging schnell und effizient, ohne überflüssige Handgriffe oder Worte. Als er fertig war, sah er zu Jones rüber.
»Sind Sie bereit?«
Der setzte seinen Helm auf und schüttelte sich noch mal, damit sein Kampfanzug richtig saß.
»Denken Sie dran, Talley.«
»Also – bringen wir's hinter uns.«
Jones lief aufs Haus zu. Talley gab ihm etwas Vorsprung und drehte sich zu Martin um.
»Wenn ich nicht zurückkomme, lassen Sie ihn nicht abhauen. Holen Sie das FBI, und versuchen Sie, meine Familie zu retten.«
»Sehen Sie einfach zu, dass Sie wieder rauskommen.«
Sie wandte sich ab, ehe er antworten konnte, und rief ihrem Team zu, es solle stillhalten.
Talley holte Jones beim Gästezimmerfenster ein. Sie hörten laute Musik aus dem brennenden Haus. Gut so – dieser Krach und das Feuer würden dafür sorgen, dass Mars ihr Eindringen nicht bemerkte. Sie rissen das Fliegengitter weg. Dann stemmte Jones mit einer Brechstange das Fenster auf, schob die Jalousie beiseite und machte Talley mit dem Daumen ein Zeichen, dass die Luft rein war. Sie hoben die Feuerlöscher ins Zimmer und warteten, bis die anderen in Position gegangen waren. Talley zog das Handy aus der Tasche:
»Thomas?«
»Ja, Chief?«
Die Stimme klang brüchig und sehr verrauscht.
»Wir sind so gut wie da. Drei Minuten noch, höchstens vier. Sobald wir Krupchek haben, kommt die Feuerwehr.«
»Es wird allmählich heiß.«
»Ich weiß. Ist Krupchek noch im Schlafzimmer?«
Talley wollte den Jungen am Reden halten – solange er sprach, dachte er nicht darüber nach, wie viel Angst er hatte. Und Talley auch nicht.
»Er sitzt auf dem Fußboden beim …«
Die Verbindung war unterbrochen.
»Thomas? Thomas?!«
Nichts.
Das Handy des Jungen hatte endgültig den Geist aufgegeben.
Jones blickte über die Schulter zu Talley und ließ den Zeigefinger kreisen. Sie waren so weit – es konnte losgehen.
»Dann wollen wir mal.«
Jones tippte mit dem Finger ans Fenster.
»Los!«
Er ging als Erster rein. Talley kletterte ihm nach. Das einzige Licht im Zimmer war der spärliche Brandteppich, der den Zugang zum Flur blockierte. Nur drei Meter dahinter lag die Tür zum Elternschlafzimmer. Jones entsicherte seine Maschinenpistole, Talley seinen Colt. Sie knipsten ihre Taschenlampen an und sahen sich in die Augen. Talley nickte. Jones sagte ins Mikro:
»Jetzt.«
Die Glasschiebetüren im Schlafzimmer zerbrachen, und im gleichen Moment wurde die Haustür aus den Angeln gerissen.
Im Schlafzimmer wurden kurz hintereinander zwei Schüsse abgegeben. Als Talley und Jones über den Flur hetzten, hörten sie einen weiteren Schuss. Dann waren sie schon durch die Tür und an Ort und Stelle.
Das Zimmer war ein Flammenmeer. Der Mann, der die Glastüren eingeschlagen hatte, lag am Boden und krümmte sich vor Schmerz. Aus dem Augenwinkel nahm Talley eine Bewegung wahr: Krupchek wuchtete sich hinter einem Sessel hoch; sein nackter Oberkörper glänzte, und auf seinem Gesicht lag ein schmales, böses Lächeln; er stieß ein helles Kreischen aus, schwang dabei die Pistole und schoss wild drauflos. Talley und Jones feuerten zurück, und Krupchek taumelte nach hinten und fiel mit rudernden Armen in die Flammen, fuchtelte im Liegen weiter und
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