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Hot Summer

Hot Summer

Titel: Hot Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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beschuldigte, mit ihm zu schlafen.“
    „Also hattest du eine Affäre mit ihm?“
    „Wir wollten nicht, dass es so weit kam, Anne. Es ist einfach passiert.“ Meine Mutter trank von ihrem Kaffee, der inzwischen längst kalt sein musste. „Und dann habe ich mich in ihn verliebt.“
    „Du bist mit ihm gegangen. Du hast uns zurückgelassen.“
    „Ich wusste nicht, ob es mit Barry funktionieren würde. Ich wollte euch Kinder nicht aus dem gewohnten Umfeld reißen und ja, ich brauchte Zeit, um mir klarzuwerden, was ich wollte. Eine Mutter zu sein heißt nicht, perfekt zu sein“, fügte sie hinzu. „Ich machte Fehler. Mit Barry klappte es nicht so, wie ich es mir vorstellte. Ich liebte deinen Vater zu sehr, um ihn für immer zu verlassen. Hätte ich euch Kinder damals mitnehmen sollen, fort von eurem Dad, um euch einem fremden Mann vorzustellen? Einem Mann, von dem ich mir nicht sicher war, ob es mit uns funktionieren würde?“
    „Du hast uns verlassen!“, schrie ich. „Und er hat den ganzen Sommer getrunken! Er hat uns erzählt, wie er Steine in seine Hosentaschen stecken und in die Mitte des Sees gehen wollte. Oder wie er eine Pistole besorgen und sich in den Kopf schießen würde!“
    „Es tut mir leid“, sagte meine Mutter. Ihre Finger spreizten sich um die Tasse, als erflehe sie meine Absolution. „Es tut mir so leid, Liebes. Ich wusste es nicht. Und alles, was ich jetzt tun kann, ist dich um Verzeihung bitten, weil ich euch das angetan habe.“
    Natürlich hatte sie recht. Es bedauern war alles, was sie tun konnte. Nichts konnte sie besser oder rückgängig machen. Sie konnte die Vergangenheit nicht ändern.
    „Warum hast du dich für Dad entschieden?“, fragte ich. „Hast du Barry wirklich nicht geliebt?“
    „Doch, ich liebte ihn. Genauso wie ich deinen Vater liebte, aber doch irgendwie anders. Ich war bei Barry eine andere Person. Aber diese Person war eine Frau, die nicht vier Töchter hatte. Die keine Vergangenheit besaß. Er ließ mich jemand Neues sein, aber letztlich … ich wollte nicht neu sein.“
    Nie hätte ich meiner Mutter zugetraut, sich so gewandt auszudrücken. Ich fühlte mich schlecht, weil ich sie all die Jahre unterschätzt hatte. „Hast du die Entscheidung je bereut? Hast du je gedacht, was vielleicht anders gewesen wäre in deinem Leben?“
    „Natürlich tue ich das. Aber ich lasse mich davon nicht zurückhalten.“
    Ich nickte. Schaute auf den Tisch. „Es tut mir leid, Mom.“
    Sie machte ein leises, überraschtes Geräusch. „Was denn?“
    „Dass ich dir keine bessere Tochter bin.“
    „Aber Anne!“ Meine Mutter lachte leise. „Weißt du nicht, dass du für mich perfekt bist? Jede von euch ist doch perfekt!“
    Dann umarmte sie mich und wir weinten ein wenig mehr. Wir mussten laut genug gewesen sein, um Claire aufzuwecken, die in die Küche tapste und sich die Augen rieb. Sie legte eine Hand auf die Hüfte.
    „Was, zum Teufel, ist denn hier los?“
    „Mom denkt, ich bin perfekt.“
    „Fick dich, Alte“, sagte Claire. „Ich bin hier die Perfekte.“
    Meine Mutter seufzte. „Claire, um Himmels willen. Deine Sprache. Rede nicht so mit deiner Schwester.“
    Aber Claire und ich lachten und bedachten einander mit obszönen Gesten. Meine Mutter, die in der Minderheit war, schüttelte nur den Kopf und hob abwehrend die Hände.
    „Ihr seid die perfekte Horde Nervensägen“, sagte meine Mutter.
    Das genügte mir.
    Alles klappte für meine Schwester. Dank James’ Hilfe und Alex’ Geld wurde Patricias Problem irgendwie gelöst, aber zugleich wurde ein neues für uns geschaffen. Ich hatte ihm Ehrlichkeit versprochen und er gab mir Lügen.
    Unterlassungslügen, das stimmte, aber ich hatte so viel Verantwortung für meine Unterlassungslügen übernommen, als hätte ich ihm die Unwahrheit erzählt. Er hatte mich glauben lassen, dass Alex fortgegangen war. Unser Leben verlassen hatte. Nun, er war aus meinem Leben verschwunden, das stimmte. Aber nicht aus dem meines Mannes.
    Das Gewitter, das drohend über dem Wochenende hing, lag auch am Montag in der Luft. Ich stand auf der Terrasse und beobachtete, wie der See vom Wind aufgepeitscht wurde und die Wolken sich dunkel zusammenballten. Eine starke Brise zerrte an meinem Haar und brachte es durcheinander, aber ich machte mir nicht die Mühe, es zu bändigen.
    Ich wollte eine Kämpferin sein.
    Als die ersten Tropfen auf dem Holz unter meinen nackten Füßen zersprangen, kam James nach Hause. Ich drehte mich nicht zu ihm um.

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