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Hotel der Sehnsucht

Hotel der Sehnsucht

Titel: Hotel der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Reid
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hatten.
    Doch so recht traute er dem Frieden ohnehin nicht. Denn selbst wenn Samantha sich durch die Vorkommnisse verändert haben mochte - an ihrem überschäumenden Temperament
    hatte sich nichts geändert. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich wieder jene Heftigkeit Bahn brechen würde, mit der sie sich früher geliebt, aber eben auch bekämpft und schließlich sogar fast zerstört hatten.
    Auf wundersame Weise hatten sie nun eine zweite Chance bekommen, und sie sollten
    alles Erdenkliche tun, um sie beim Schopf zu packen.
    Ich sollte alles Erdenkliche tun, verbesserte sich Andre. Denn von Samantha konnte er das nicht erwarten - jedenfalls nicht, solange sie sich an nichts erinnern konnte.
    Bevor Samantha pünktlich um neunzehn Uhr ihr Zimmer verließ, warf sie einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. Was sie sah, stimmte sie einigermaßen zuversichtlich, dass Andre wenig Anlass haben würde, sich ihrer zu schämen. Nicht einmal er konnte an dem schwarzen Cocktailkleid, das sie trug, etwas auszusetzen haben.
    Zumal ihm nicht anzusehen war, dass sie es geschenkt bekommen hatte. Die Frau eines der behandelnden Ärzte hatte es ihr überlassen - einerseits aus Mitleid, andererseits weil es ihr selbst zu eng geworden war.
    Doch während die anderen Kleider, die sie bei der Gelegenheit bekommen hatte, nach und nach durch neue ersetzt worden waren, hatte sich Samantha von dem Cocktailkleid nicht trennen können. Es war einfach zu schön und wertvoll, und die Hoffnung, dass sie eines Tages Gelegenheit haben würde, es zu tragen, hatte sie nie aufgegeben.
    Nun war dieser Augenblick gekommen, und zu ihrer großen Zufriedenheit stellte sie fest, dass ihr das Kleid nicht nur ausgezeichnet stand, sondern dass sie sich darin auch überaus wohl fühlte.
    Wahrscheinlich hatte ihr das auch den Mut gegeben, das Haar offen zu tragen, anstatt es sich nach dem Föhnen wieder hochzustecken. Außerdem hatte sie sich zum ersten Mal seit langem ausgiebig Zeit für ihr Make-up genommen. Wenn sie noch andere Schuhe als die schwarzen Pumps gehabt hätte, wäre alles perfekt gewesen. Und doch betrat sie das Arbeitszimmer mit dem sicheren Gefühl, dass man sich mit ihr durchaus in der Öffentlichkeit sehen lassen konnte.
    Andre stand am Schreibtisch und beugte sich über irgendwelche Unterlagen. Auch er hatte sich geduscht und umgezogen. Doch anders als sie hatte er sich lediglich ein weißes T-Shirt und eine graue Leinenhose angezogen.
    Was der Tatsache, dass er sagenhaft gut aussah, nicht den geringsten Abbruch tat. Im Gegenteil. Der Anblick des markanten Gesichts und des durchtrainierten Oberkörpers, der sich unter dem T-Shirt mehr als deutlich abzeichnete, weckte in Samantha Lüste und Begierden in einer Heftigkeit, über die sie selbst erschrak.
    Zumal es Andre ganz offensichtlich nicht verborgen geblieben war, wie Samantha
    erschrocken feststellen musste, als sich ihre Blicke trafen, nachdem er sie aufreizend langsam von Kopf bis Fuß gemustert hatte. Seine dunklen Augen ließen keinen Zweifel, dass er genau wusste, was in ihr vorging und wie unendlich peinlich ihr die Situation war.
    Doch glücklicherweise erwies er sich als Gentleman. „Da bist du ja", begrüßte er sie, und in seiner Stimme lag nicht die geringste Spur von Ironie, als er fortfuhr: „Pünktlich auf die Minute und wunderschön obendrein."
    Vorsichtshalber vermied er es jedoch, die Tatsache zu kommentieren, dass sie den Stock in ihrem Zimmer gelassen hatte. Stattdessen steckte er die Unterlagen in eine Aktenmappe, die er sorgfältig verschloss. Dann nahm er ein Jackett von der Stuhllehne und zog es sich über.
    „Oder dachtest du, ich wollte dich im T-Shirt ausführen?" fragte er, als hätte er auch diesen Gedanken Samanthas erraten.
    Im Restaurant hatte man ihnen einen Tisch reserviert, der ein wenig abseits stand, so dass sie sich ungestört unterhalten konnten. Wovon sie erstaunlicherweise regen Gebrauch machten. Und da sie es tunlichst vermieden, strittige Themen anzusprechen, begann Samantha allmählich, Andres Nähe zu genießen. Immer mehr legte sie ihr Misstrauen ihm gegenüber ab und ertappte sich sogar zwei oder drei Mal dabei, dass sie laut auflachte.
    So schien alles auf einen rundum gelungenen Abend hinauszulaufen - bis Andre dem
    Frieden ein jähes Ende setzte. „Ich muss dir etwas gestehen", sagte er und blickte nachdenklich auf sein Rotweinglas. Noch schien er mit sich zu hadern, ob er das frisch erworbene Vertrauen gleich wieder zerstören

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