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Hotel der Sehnsucht

Hotel der Sehnsucht

Titel: Hotel der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Reid
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wenn Samantha etwas nicht ertragen konnte, dann das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden.
    Seine Reaktion war wenig dazu angetan, ihren Verdacht zu entkräften. „Wo willst du hin?" fragte er, und sein Blick wirkte ernst und entschlossen.
    „Mir ist der Appetit..."
    „Du sollst dich hinsetzen und frühstücken!" ordnete er an.
    „Wie soll ich einen Bissen herunterbringen, wenn du mich dauernd anstarrst?"
    Andre zuckte zusammen, dann runzelte er nachdenklich die Stirn. „Also gut", sagte er schließlich. „Dann werde ich eben später frühstücken. Wichtiger ist, dass du etwas isst."
    Ohne ein weiteres Wort verließ er die Küche - mit dem Erfolg, dass Samantha sich
    regelrecht zwingen musste, etwas zu essen, so sehr schämte sie sich dafür, dass sie Andre aus seiner eigenen Küche vertrieben hatte.
    Kaum hatte sie ihr Frühstück beendet, stellte sie Toast und Kaffee auf ein Tablett und machte sich auf die Suche nach ihm.
    Schon in der Halle konnte sie seine Stimme hören. Er saß an seinem Schreibtisch im Arbeitszimmer und telefonierte. Als er Samantha sah, beendete er das Gespräch und legte den Hörer auf die Gabel.
    Samantha stellte das Tablett ab und sah Andre verlegen an. „Vertragen wir uns wieder?"
    „Haben wir uns denn gestritten?"
    Ein wenig enttäuscht reichte Samantha Andre den Kaffee. Mit einem Satz hatte er die schöne Strategie, die sie sich mühsam zurechtgelegt hatte, zunichte gemacht.
    „Sie sind anscheinend immer für eine Überraschung gut, Signor Visconte", sagte sie trocken.
    „Vielleicht", erwiderte Andre lächelnd, „und doch bin ich nicht annähernd so unberechenbar wie Sie, Signora Visconte."
    „Darf ich das als Kompliment verstehen, oder soll das eine Beschwerde sein?" fragte sie eher sich selbst als Andre und wollte das Arbeitszimmer wieder verlassen.
    „Jedenfalls war es nicht als Aufforderung gedacht, schon wieder zu gehen." Andre quittierte mit einem Lächeln, dass Samantha tatsächlich stehen blieb. „Wenn ich meinen Kaffee getrunken habe, würde ich dir gern das Haus zeigen."
    Auch wenn sich Samantha Andres Sinneswandel nicht so recht erklären konnte, nickte sie zum Zeichen der Zustimmung.
    Noch bevor Andre seiner Freude darüber Ausdruck verleihen konnte, klingelte das
    Telefon. Während er telefonierte, ging Samantha zu der beeindruckenden Bücherwand und ließ den Blick über die ledergebundenen Buchrücken schweifen.
    „Hast du die etwa alle gelesen?" erkundigte sie sich ungläubig, als Andre das Gespräch beendet hatte.
    „Sehe ich wirklich so alt aus?"
    Die Antwort kam so überraschend, dass Samantha aus vollem Herzen lachen musste. Erst als sie Andres Gesicht sah, wurde sie sich bewusst, dass ein ganzes Jahr vergangen war, seit sie zum letzten Mal so unbeschwert gelacht hatte - und dass es Andre mindestens ebenso gefehlt hatte wie ihr selbst.
    Doch Andre war so höflich, mit keiner Silbe darauf einzugehen. „Die Bücher stammen noch von meinem Großvater", setzte er das Gespräch fort, ohne sich seine Rührung allzu deutlich anmerken zu lassen. „Und weil er Italiener war, sind die meisten Bücher auf Italienisch. Doch nicht einmal meine Mutter hätte es gewagt, sie zu verkaufen, obwohl sie als überzeugte Französin alles, was nicht aus Frankreich kam, mit Geringschätzung gestraft hat."
    „Warum sagst du das?" fragte Samantha verwundert. „Immerhin hat sie doch einen Italiener geheiratet. Sogar einen, der in Amerika lebte. Das hätte sie doch nicht getan, wenn sie ihn nicht geliebt hätte."
    „Wer weiß, wie alles gekommen wäre, wenn mein Vater länger gelebt hätte", erwiderte Andre bitter. „Kurz nach seinem Tod hat sie jedenfalls einen Franzosen geheiratet, mit dem sie nach Europa zurückgekehrt ist."
    „Ich dachte, du seist in Philadelphia aufgewachsen?"
    „Allerdings bin ich das", bestätigte Andre. „Was ich jedoch nicht meiner Mutter, sondern meinem Vater zu verdanken habe. Schließlich hatte er das Geld und damit auch das Sagen.
    Selbst als er schon tot war." Andres Bitterkeit war längst in blanken Zynismus umgeschlagen. „Er hatte mich testamentarisch zu seinem Alleinerben bestimmt, und um wenigstens an das bisschen Geld zu kommen, das er für sie vorgesehen hatte, musste meine Mutter sich damit einverstanden erklären, dass ich in Amerika bleibe. Denn da war ja auch der Sitz der Firma."
    „Und sie ist wirklich ohne dich nach England gegangen?" fragte Samantha ungläubig.
    „Du bist auf der falschen Spur", erklärte Andre" kühl.

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