Hotel der Sehnsucht
überzeugen, dass ihre Angst völlig unbegründet war. „Erst im Morgengrauen konnte ich mir eingestehen, dass ich alles falsch gemacht hatte, was ich nur falsch machen konnte. Also bin ich hierher zurückgefahren. Doch du warst schon weg. Und Raoul war es auch."
„Woraus du natürlich die entsprechenden Schlüsse gezogen hast", warf Samantha mit einem bitteren Lächeln ein. „Kein Wunder, dass es ein Jahr gedauert hat, bis du mich gefunden hast."
„Es war alles ganz anders, Samantha", verteidigte Andre sich. „Ich..."
„Deine Ausflüchte interessieren mich nicht", unterbrach sie ihn und ging auf direktem Weg zur Haustür.
„Devon." Andre war sich im Klaren darüber, dass es nicht mehr als ein Strohhalm war, an den er sich klammerte. Doch irgendwie musste es ihm gelingen, Samantha zum Bleiben zu überreden. Und dafür musste er sie zunächst in ein Gespräch verwickeln. Worüber, war zweitrangig. „Warum bist du ausgerechnet nach Devon gegangen?"
„Weil ich es aus meiner Kindheit in bester Erinnerung hatte", erwiderte Samantha, ohne sich zu Andre umzudrehen. „Wir haben regelmäßig unsere Ferien dort verbracht. Und zwar im Tremount, wenn du es genau wissen willst", setzte sie bitter hinzu, und die Stimme drohte ihr zu versagen. „Das jetzt, nach allem, was ich weiß, dir gehört."
„Warum machst du mir einen Vorwurf daraus?" fragte Andre verständnislos.
„Schließlich habe ich es doch nur deinetwegen gekauft."
Samantha warf Andre1 einen vernichtenden Blick über die Schulter zu. „So wie du das Bressingham meinetwegen gekauft hast?" Es folgten ein ersticktes Lachen und energische Schritte auf den Ausgang zu.
Schlagartig wurde Andre bewusst, dass es dieses Mal nicht bei der Drohung bleiben würde.
Samantha war entschlossen, ihn zu verlassen, ohne dass auch nur ein einziges ihrer zahlreichen Probleme besprochen, geschweige denn gelöst war. Sie hasste ihn, und wenn er sie jetzt gehen ließe, würde er sie nie wieder sehen.
„Willst du einem Verurteilten nicht eine letzte Bitte erfüllen, cara ?“
Samantha blieb stehen und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Andre nahm die kleine Geste als Beweis, dass sie sich ihrer Sache nicht so sicher war, wie sie ihn glauben machen wollte.
„Ich kann nicht hier bleiben", wandte sie leise ein.
„Auch gut", beeilte sich Andre zu sagen. „Dann fahren wir eben woanders hin."
Instinktiv ging er einige Schritte auf Samantha zu, mit dem Ergebnis, dass sie sich angstvoll versteifte. „Ich muss allein sein", zeigte sie sich hartnäckig.
„Kommt nicht infrage." Andre erschrak selbst darüber, wie heftig er widersprach. Doch anders als mit Entschlossenheit ließ sich die Zwickmühle, in der er steckte, nicht lösen.
Normalerweise hätte er nicht gezögert, Samantha in die Arme zu nehmen und sie zu küssen, bis ihr Widerstand gebrochen war.
Weil ihm das dieses Mal wenig erfolgversprechend schien, beließ er es dabei, ihr Gesicht zu sich zu drehen und sie damit zuzwingen, ihn anzusehen.
„Es wäre unverantwortlich, dich allein gehen zu lassen", sagte er sanft. „Dafür bist du viel zu schwach. Gib deinem Herzen einen Ruck, Samantha, und lass mich mit dir kommen."
Was genau die Wirkung auslöste, wusste auch Andre nicht zu sagen. Waren es seine
Worte, die Berührung seiner Hände, der flehende Blick? Entscheidend war, dass Samantha nach kurzem Zögern endlich kapitulierte. „Wenn du unbedingt willst", stimmte sie wenig begeistert zu und machte sich von Andre los.
Kaum hatte er die Haustür geöffnet, fiel strahlender Sonnenschein in die Halle.
Samantha trat ins Freie und ging langsam zum Auto, während Andre das Haus abschloss.
„Und wo möchtest du hin?" fragte er, als er sie eingeholt hatte.
„Zum Bressingham", erwiderte sie mit schwacher Stimme. „Ich möchte wissen, was daraus geworden ist, seit du der Besitzer bist."
12. KAPITEL
Kaum war Samantha durch die große Flügeltür aus Eichenholz mit dem wertvollen Bleiglas getreten, drohte sie ein Weinkrampf zu überwältigen.
Weil ihm ihre Rührung nicht entgangen war, hielt Andre sich dezent im Hintergrund und wartete gespannt auf ihre Reaktion.
„Sind sämtliche Arbeiten beendet?" erkundigte sich Samantha flüsternd.
„Das schon", bestätigte Andre. „Die feierliche Eröffnung steht jedoch noch aus."
Zärtlich lächelnd beobachtete er Samantha, die in die Mitte des großen Foyers getreten war und den Blick bewundernd über die liebevoll rekonstruierte Decke gleiten ließ.
„Es
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