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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Sparsamkeit! Es kann ja mal vorkommen, daß man die falschen Filtertüten erwischt, die hier waren eine Nummer zu groß gewesen, doch statt sie umzutauschen oder schlimmstenfalls wegzuschmeißen, hatte Tinchen die oberen drei Zentimeter einfach abgeschnitten. Doch nun war die Tüte an einer Seite nach innen umgeknickt, und die ganze Brühe lief oben rüber. Sie tastete nach der Küchenrolle, zog daran und hatte die letzten beiden Blätter in der Hand. Richtig, da hatte sie gestern noch eine neue hinhängen wollen. Man soll doch immer alles gleich erledigen … Anständig saugen tat das Papier auch nicht. »Ich möchte wissen, mit welch extra präparierten Bogen Uschi Glas im Fernsehen immer den umgekippten Rotwein aufwischt, die schafft das mit maximal zwanzig Quadratzentimetern, aber bestimmt nicht von
dieser
Marke, da ist ja Klopapier saugfähiger«, murmelte Tinchen entnervt. Normalerweise hätte sie natürlich einen Scheuerlappen benutzt, der wäre wesentlich effektiver gewesen, doch das widerstrebte ihr. Den alten hatte sie gestern nämlich ausrangiert und in die Mülltonne geworfen, einen neuen wollte sie nicht nehmen, den hätte sie je erst naßmachen und hinterher wieder ausspülen müssen. Hatte sie dazu etwa die Nirostaspüle extra auf Hochglanz gewienert? Das kam nicht in Frage, es ging ja auch anders! Sie warf die durchweichten Fetzen vom Küchenkrepp in den Abfalleimer, öffnete die Tür zum Vorratsschrank und holte eine Rolle Toilettenpapier heraus. Nach circa zwanzig Metern Doppellagig hatte sie es geschafft, der Fußboden war wieder trocken, der Tisch auch, und zur Belohnung gab es eine Tasse Nescafé.
    Viertel vor sechs. Vielleicht sollte sie duschen und sich anziehen? Nein, lieber erst kurz vor dem Aufbruch, sonst würde ja doch wieder irgendwas passieren, Büchsenmilch auf der frischgewaschenen Bluse oder – wie neulich – Rasierschaum im Haar statt Fönfestiger. Sowas geschieht doch immer bloß dann, wenn man 's eilig hat … Sie hätte besser noch ein bißchen im Bett bleiben sollen, weshalb war sie überhaupt schon so früh … – richtig, die Liste! Sie fand sich neben dem Telefon, weil Tinchen noch dem Bezirksschornsteinfegermeister Bescheid sagen wollte, bei wem sein Unterschornsteinfeger wegen des Schlüssels klingeln sollte.
    Die meisten Punkte auf der Liste waren bereits abgehakt, der Rest hatte mit der bevorstehenden Reise nichts mehr zu tun. Fabian hatte gestern nachmittag noch angerufen und Tinchen erzählt, jetzt sei ihm endlich eingefallen, an wen ihn Frau Ka-Ka erinnert habe: An die Direktoratssekretärin von seinem Gymnasium, die habe auch so ein Pferdegesicht gehabt, allerdings keine blauen, sondern graue Haare. Florian würde schon wissen, wen er meinte. Tinchen wußte es nicht und hatte vergessen, diese Botschaft weiterzugeben. Ach ja, und dann wollte Fabian noch das Foto mit den Mistelzweigen haben, unter denen Gisela Karsten geohrfeigt hatte, weil sie sich partout nicht von ihm hatte küssen lassen wollen. Keinen Funken Humor hatte diese Frau. Auf den ›antiken‹ Toaster war sie auch nicht reingefallen. Der stand jetzt in der Küche ständig im Weg und wartete auf den nächsten Flohmarkt beziehungsweise auf Ellen Hildebrandt. Die hatte nämlich eine – Tinchen völlig unverständliche – Vorliebe für Flohmärkte, und das nicht etwa, weil sie auf der Jagd nach möglichen Schnäppchen war, nein, sie baute selber einen Tapeziertisch auf und stellte alles zur Schau, was sich bei ihr im Laufe von Monaten an Artikeln der Kategorien
Finde ich
grauenvoll
oder
Brauche ich nicht mehr, ist aber zum Wegwerfen zu schade
angesammelt hatte. Tinchen hatte diese umweltfreundliche Methode der Kitsch-, Kram- und Krempel-Entsorgung schätzengelernt und sogar Frau Antonie war unlängst mit zwei Sofakissen angekommen, dunkelbrauner Samt mit Rüschen am Rand und vorne drauf Knötchenstickerei. »Ob die wohl noch einen Liebhaber finden würden? Ich habe sie beim Aufräumen im Keller ausgegraben. Sie sind reine Handarbeit, doch ich kann sie wirklich nicht mehr gebrauchen.« Bevor sie Ellen zur Begutachtung bekam, hatte Tinchen der reinen Handarbeit eine Woche Frischluft auf dem Balkon verordnet, danach hatte sie nicht mehr ganz so muffig gerochen und auf dem vorweihnachtlichen Flohmarkt tatsächlich einen Abnehmer gefunden.
    Von oben ertönte Blasmusik. Florian war aufgewacht und hatte sofort den Sender gewechselt. Nicht weil ihm diese Art Musik gefiel, sondern weil er sie im Gegenteil nicht

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