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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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oder diesen gehäkelten Baumwollmützen in den jamaikanischen Landesfarben nicht widerstehen konnten und sogar zu den großen polierten Muscheln griffen, deren Ausfuhr nur halbherzig verboten, ihre Einfuhr in Europa jedoch unter ziemlich strenge Strafen gestellt worden war. Es dauerte auch eine Weile, bis die Souvenirjäger ihre Wahl getroffen, bezahlt und verstaut hatten. Die Nichtinteressierten hatten sich ein schattiges Plätzchen zum Ausruhen gesucht, lehnten an irgendwelchen Bäumen, die sie nicht kannten, oder beguckten sich Blumen, die sie noch nie gesehen hatten. Tinchen stand mit in den Nacken gelegten Kopf neben einer hohen Kokospalme. »Paß auf, daß du nicht eine auf den Kopf kriegst«, witzelte Florian, »aus dieser Höhe ist das bestimmt ungesund.«
    »Die Nüsse sind noch gar nicht reif, und wenn, fallen sie bestimmt nicht schräg herunter. Aber guck dir mal die Schmarotzerpflanze an, die da am Stamm hochrankt; die obersten Blätter hängen bestimmt schon sechs, sieben Meter über dem Erdboden.«
    Florian guckte. »Ja, und?«
    »Das ist ein Philodendron, siehst du das nicht? Und sowas wächst hier wie Unkraut.«
    »Natürlich sehe ich es, aber was ist denn so Besonderes daran? Hier wickelt sich doch um jeden dritten Baum irgendein Grünzeug.«
    Über so viel Ignoranz konnte sie nur den Kopf schütteln. »Flori, dieses Gewächs ist ein Phi-lo-den-dron!«
    »Richtig!« Bereitwillig sah er nochmals nach oben. »Es ist wirklich ein Philo … wie heißt das?«
    »Philodendron! Er stand bei uns im Wintergarten, war zweiundneunzig Zentimeter groß und ein Geschenk von dir zum Nikolaus.«
    »Tatsächlich?« staunte er. »Vielleicht hätte ich doch lieber eine andere Pflanze nehmen sollen. Wenn sie so in die Höhe schießt, ist sie ja Ostern schon an der Decke.«
    Das war zuviel für Tinchen. Erbost schluchzte sie: »Es g-gibt sie ja-ha gar ni-nicht mehr, du ha-hast sie d-doch erf-frieren la-lassen!«
    Das allerdings stimmte. Er hatte auf dem heißen Herd einen Topflappen liegenlassen, der prompt angekokelt war und fürchterlich gestunken hatte. Also hatte Florian Durchzug gemacht, auch die Terrassentür geöffnet und die vom Wintergarten, und damit sie nicht zufliegen konnte, hatte er einen Blumentopf dazwischengestellt. Nur für ein paar Minuten, die hätten bestimmt nichts geschadet, doch als er die Türen wieder schließen wollte, hatte er ganz in Gedanken den Blumenkübel mit dem Fuß nach draußen geschoben. Ende der Geschichte. Und des Philodendron. Vier Grad minus in der Nacht hatte er übelgenommen.
    Zum Glück für Florian, der seinem untröstlichen Tinchen soeben als Wiedergutmachung für den gemeuchelten Philo freie Auswahl in der größten Gärtnerei Düsseldorfs zugesichert hatte, tauchte von irgendwoher eine ältere Dame auf, die sich als Jane vorstellte und zu Florians Enttäuschung wieder nur englisch sprach.
    »Wenn's wenigstens französisch wäre!« murmelte er vor sich hin, doch Frau Maier hatte ihn trotzdem verstanden. »Donnerwetter, sprechen Sie wirklich französisch?«
    »Nein«, erwiderte er, »aber es hört sich besser an!«
    Eine Stunde dauerte der Rundgang durch den Garten, und wenn er auch kaum etwas von Janes Erläuterungen verstand, so konnte er zumindest die vor vielen Pflanzen angebrachten lateinischen Schilder lesen.
Guiacum
officinale
kam ihm genauso mühelos über die Lippen wie
Spathiphyllum
und
Peperomia obtusifolia,
und weil Jane jedesmal beifällig nickte, galt er binnen kurzem als Fachmann und wurde nach Beendigung des Rundgangs von allen Seiten um Ratschläge gebeten, wie man die mit stillschweigender Genehmigung ausgebuddelten Ableger (und sie hatten alle einen in der Hand!) am besten transportieren und zu Hause behandeln sollte. Nachdem Tinchen seine hilfesuchenden Blicke nur mit einem ironischen Kopfschütteln erwidert hatte, er andererseits aber nicht gewillt war, seinen Nimbus als vermeintlicher Botaniker gleich wieder aufs Spiel zu setzen, erklärte er rundheraus, seine schon vor Jahren selbst angestellten Versuche, tropische Gewächse im eigenen Wohnzimmer heimisch zu machen, seien sämtlich fehlgeschlagen. Vermutlich habe es daran gelegen, daß er die Pflanzen zwar benennen könne, jedoch kein gelernter Gärtner sei und ihm deshalb die notwendigen Kenntnisse zu ihrer Aufzucht fehlten. Das war nachvollziehbar, doch nur widerstrebend ließ man Florian endlich in Ruhe. Allerdings nur so lange, bis Jane die Gruppe zu dem am Eingang stehenden Holztisch

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