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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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zurückführte. Statt der Saftgläser war jetzt Obst und Gemüse aufgebaut, angefangen von Green bananas, die zum Kochen verwendet wurden, über Yamswurzeln, Brotfrüchte, Mangos – Namen, die die meisten zumindest schon mal gehört hatten – bis zu Callaloo oder Cho-cho, von denen Jane nicht einmal die englische Bezeichnung kannte, geschweige denn die deutsche, sofern es überhaupt eine gab. Dies alles seien eßbare Früchte der auf Jamaika wachsenden Pflanzen, erklärte sie stolz, in dieser Vielfalt angeblich auch in keinem anderen Land der Erde zu finden.
    Als Florian der Zusammenhang zwischen den eben besichtigten, in Latein beschilderten Gewächsen und ihren genießbaren Produkten klar wurde, dachte er nur noch an Flucht, erinnerte sich an das Schild mit dem schwarzen Männchen und dem Pfeil darunter und verschwand. Er wurde nicht mehr gesehen, bis der Bus vorfuhr (es war wieder ein anderer, was nun auch die in Ökonomie weniger Bewanderten an der Effektivität des jamaikanischen Wirtschaftssystems zweifeln ließ) und der Fahrer (auch er war neu) seine avisierten dreiundzwanzig Fahrgäste zusammensuchte. Nicht mal Tinchen hatte ihren Mann vermißt – sie hatte dort gesessen, wo der Pfeil mit der kleinen schwarzen
Frau
hingezeigt hatte.
    Zum Abendessen hatte Florian ein zusammengefaltetes Badelaken und Tinchen ihr aufblasbares Nackenpolster mitgebracht. Die Stühle im Speisesaal hatten nämlich aus Sisal geflochtene Sitze, hübsch anzusehen, darüber hinaus Arbeitsplätze sichernd, weil ein heimisches Erzeugnis, aber sie waren nicht nur hart, sie kratzten auch ganz erbärmlich, wenn man sich mit kurzen Hosen draufsetzte. Zwar trug Tinchen einen Rock und Florian die vorgeschriebenen langen Hosen, doch weicher wurden die Stühle dadurch auch nicht.
    »Mir tut der ganze Hintern weh«, jammerte sie, sich vorsichtig auf das Kissen setzend, »ich glaube, heute nacht muß ich auf dem Bauch schlafen«.
    »Erst mal solltest du ein bißchen Luft rauslassen«, empfahl Florian grinsend, »du schaukelst auf dem Ding herum, als ob du schon einen sitzen hättest!«
    »Du weißt genau, daß das nicht stimmt.« Trotzdem lockerte sie den Stöpsel, worauf ein lautes, sehr markantes Geräusch ertönte, das dann auch alle Anwesenden aufblicken ließ. Tinchen lief dunkelrot an, zog betont langsam und für alle sichtbar das Nackenpolster hervor und legte es auf den Boden.
    Obwohl es an diesem Abend zum Dessert drei Sorten Eiscreme gab, verzichtete Tinchen auf den Nachtisch. Sie konnte einfach nicht mehr sitzen. Zusammen mit Fiffi Maier, die aus demselben Grund erst gar nicht zum Abendessen erschienen war, kühlte sie den lädierten Körperteil im Meer. Es war Fiffis Idee gewesen, die Stühle so weit ins Wasser zu schieben, daß nur Beine und Po von den Wellen umspült wurden, der Rest jedoch trocken blieb, denn über den Badeanzügen trugen sie Wolljacken. An manchen Abenden war es doch ziemlich kühl im tropischen Jamaika …
    Und nun waren sie auf dem Weg zum Flugplatz, die Maiers mit a-i aus Neustadt an der Weinstraße. Natürlich hatte man die Adressen ausgetauscht und würde trotzdem nie wieder voneinander hören. Urlaubsbekanntschaften waren selten von Dauer. Deshalb würde Florian genausowenig einen Segelkurs machen wie Tinchen ihr Tennistraining wieder aufnehmen würde, obwohl es ihr hier richtig Spaß gemacht hatte. Eine überragende Spielerin war sie nie gewesen, hatte auch lange ausgesetzt, aber Fiffi Maier war ebenfalls aus der Übung gewesen, und so hatten sie an den letzten beiden Vormittagen mit mehr Enthusiasmus als Können ihre Bälle übers und noch mehr ins Netz gedroschen und sich halb totgelacht.
    »Man sollte sich wirklich mehr bewegen«, hatte Tinchen hinterher gesagt, »nicht bloß im Urlaub, erst recht zu Hause, schon um mal aus dem Alltagstrott herauszukommen«.
    »Früher waren wir fast jedes Wochenende auf dem Tennisplatz«, hatte Fiffi erzählt, »aber wenn Alfi jetzt damit anfängt, höre ich in mir immer zwei Stimmen. Die eine fragt: ›Weshalb nicht?‹, die andere sagt: ›Laß mich in Ruhe!‹ Raten Sie mal, Tina, welche lauter ist!«
    Florian war schon richtig eifersüchtig geworden, weil Tinchen die meiste Zeit mit Fiffi Maier zusammengesteckt hatte. Sogar eine Hochzeit hatten sie miterlebt, sich einfach an den Brautzug drangehängt und die Zeremonie im Tülltempel verfolgt. Der Hinweg hatte oben durch die Gartenanlage geführt, der Rückweg jedoch über den Strand, weil der hoteleigene Fotograf

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