Hotel Mama vorübergehend geschlossen
Hinweis abgeblockt, im Vorratsschrank lägen zwei Packungen Miracoli, das wisse er genau. Also hatte Tinchen für alle Nudeln gekocht, und als die gegessen waren, war es ein Uhr geworden, und nicht mal
eine
Maschine voll Wäsche war durchgelaufen, weil Tinchen sie zwar gefüttert, jedoch vergessen hatte, sie auch einzuschalten.
»Damit endet der definitiv letzte Urlaubstag«, sagte Florian, noch einen Blick aus dem Fenster werfend, bevor er in sein Bett kroch. »Für morgen hat der Wetterbericht nämlich Sonne und ansteigende Temperaturen versprochen.«
»Trotzdem bleibt es noch ein paar Wochen lang dunkel, wenn Björn aus dem Haus muß.« Tinchen legte ihr Buch weg und knipste die Nachttischlampe aus. »Bringst du ihn morgen zur Schule?«
»Jein! Das heißt, ich werde ihn hinfahren, doch er hat sich strikt verbeten, daß ich ihn persönlich abliefere. Und wehe dir, wenn du jeden Morgen aufstehst und ihm seine Stullen schmierst! Mit fünfzehn ist er alt genug, es selber zu tun.«
Sofort saß sie wieder senkrecht im Bett. »Dann nimmt er erst gar keine mit! Das kenne ich, war doch seinerzeit bei Tobias nicht anders. Und frühstücken würde er auch nicht, und jeden dritten Tag den Bus verpassen, weil er zu spät aus dem Haus geht … Nee, kommt nicht in Frage! Ich stehe morgens wieder mit auf.«
»Selber schuld!« knurrte Florian, gab Tinchen einen Gutenachtkuß und drehte sich auf die andere Seite. »Hoffentlich hast du den heutigen Tag noch genossen, es dürfte auch
dein
letzter Urlaubstag gewesen sein!«
»Nicht nur wegen des Längerschlafenkönnens! Oder solltest du tatsächlich vergessen haben, daß sich deine Schwiegermutter und Frau Ka-Ka zur Stunde auf dem Weg nach Montego Bay befinden? Um 23.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit geht nämlich ihr Flieger! Und wer, glaubst du, steht morgen abend bei uns auf der Matte?«
»O Gott!« sagte Florian nur, doch dann fiel ihm ein, daß ja auch für ihn der Alltag wieder beginnen würde. »Tut mir wirklich leid, Tine, aber von nun an bin ich abends wieder in der Redaktion!«
15.
Und sie kamen! Zwar erst am übernächsten Tag, weil sich Frau Antonie nach den Strapazen des Rückflugs doch zu erschöpft fühlte und lediglich telefonisch ihre glückliche Heimkehr meldete – »Weißt du, Kind, die Bahnfahrt von Frankfurt nach Düsseldorf hat mir die Müdigkeit erst richtig zum Bewußtsein kommen lassen!« –, doch dann erschienen sie im Dreierpack: Dabei hatte Frau Antonie auf die Begleitung von Frau Klaasen-Knittelbeek verzichtet und stattdessen Frau von Rothenburg und Frau Helmers mitgebracht. Zur moralischen Unterstützung, wie sie Tinchen erläuterte, denn das Verhalten ihrer Mitbewohnerin habe sie doch sehr enttäuscht. »Ich habe schon ernsthaft überlegt, ob ich ihr nahelegen soll, wieder auszuziehen.« Da es sich offenbar um eine langwierige Beratung handeln würde, komplimentierte Tinchen ihren Besuch in den Wintergarten, und während sie Kaffee kochte und den Inhalt der einzigen noch unangebrochenen Kekspackung sternförmig auf einem Teller verteilte, sagte sie telefonisch ihren Friseurtermin ab und beauftragte Björn, sie in spätestens anderthalb Stunden loszueisen. »Laß dir was einfallen, aber es muß absolut glaubhaft klingen!«
»Was ist denn nun eigentlich passiert?« wollte sie wissen, nachdem die Damen mit Kaffee, Sahne, Zucker (Frau von Rothenburg bat um Süßstoff, Frau Helmers um heißes Wasser zum Verdünnen, weil sie normalerweise ein koffeinfreies Produkt verwende) und als Äquivalent für die trockenen Kekse auch noch mit einem Gläschen Cointreau versorgt waren. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß Frau Klaasen-Knittelbeek in irgendeiner Form negativ aufgefallen sein sollte. Und wenn du ihre Vorliebe für schillernde Badeanzüge meinst, Mutti, dann wäre das bestimmt kein Grund …«
»Wer redet denn von Äußerlichkeiten«, unterbrach Frau Antonie das Plädoyer ihrer Tochter, »obwohl ihr Geschmack doch manchmal sehr zu wünschen übrig läßt. Denk nur an die T-Shirts mit den violetten Blumen, zu denen sie mich überredet hat. Ich hätte für die Damen« – ein entschuldigender Blick traf ihre beiden Begleiterinnen – »lieber ein weniger auffallendes Dessin gewählt, doch Dorothee hat auf diesen Hemden bestanden.«
Tinchen japste nach Luft. Das durfte einfach nicht wahr sein! Ganz deutlich erinnerte sie sich noch an ihren gemeinsamen Bummel über den Markt von Ocho Rios und an Frau Antonies Suche nach lila Orchideen. Und es
Weitere Kostenlose Bücher