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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Kartoffelpuffer Seite 201. Hoffentlich war die noch da, es fehlten nämlich schon welche. Vorsichtig, damit nicht alles auseinanderfiel, blätterte sie die Seiten durch. Glück gehabt, das Rezept war noch vorhanden. Na also, so schief hatte sie gar nicht gelegen, die Zwiebeln waren richtig, aber wahrscheinlich waren drei ein bißchen zu viel gewesen. Pech gehabt, ließ sich jetzt nicht mehr ändern. Also weiter im Text. Na klar, Mehl gehörte dazu, dann würde der Teig gleich viel sämiger werden. Eier auch? Hoffentlich hatte sie noch genug. Salz ebenfalls? Hm, eigentlich naheliegend, Kartoffeln ohne Salz schmecken nach überhaupt nichts. Schmalz? Wieso Schmalz? Ach so, zum Braten. Na gut, da würde es Öl tun müssen, Schmalz hatte es im Hause Bender zum letztenmal gegeben, als Frau Antonie ihrem siebzehnjährigen Enkel Tobias beigebracht hatte, wie man Griebenschmalz selber herstellt. Der Topf mit der heißen Flüssigkeit war umgekippt und hatte seinen Inhalt gleichmäßig über Herd, Geschirrspüler, Küchenboden und Tobias' nagelneue Timberland-Schuhe verteilt.
    Auf Zehenspitzen schlich Tinchen wieder die Treppe hinunter, öffnete die Toilettentür und betätigte die Spülung. Dann drückte sie die Tür ins Schloß und ging zurück in die Küche. »Die besten Einfälle kriege ich entweder auf'm Klo oder unter der Dusche, bloß hätte duschen jetzt zu lange gedauert.« Auffordernd sah sie ihre zwei Mannen an, die auf dem Küchentisch saßen und Zwieback kauten. »Nun mal ein bißchen avanti, meine Herren, ich brauche Mehl, Eier, Salz, Öl und zwei Bratpfannen.«
    Björn schaffte neun Kartoffelpuffer, aber Florian streikte schon nach dem sechsten, und deshalb blieben sogar für Tinchen noch zwei Stück übrig, von denen der letzte eigentlich nur noch ein halber war. Dazu gab es wahlweise Birnen- oder Stachelbeerkompott, beides erst drei Jahre alt und nach Björns Ansicht ganz große Klasse. »Tante Tina, das war besser als jedes Gala-Diner! Kannst du das eventuell übermorgen wiederholen?«
    »Solche kostspieligen Mahlzeiten können wir uns höchstens einmal im Monat leisten«, ulkte Florian, Teller und Besteck in den Geschirrspüler räumend, »in den nächsten Tagen gibt es bestimmt bloß wieder Gulasch und Schnitzel. Und freitags natürlich Fisch!«
    »Hör auf mit dem Blödsinn! Am Ende glaubt er's noch!« Dann wandte sich Tinchen an Björn. »Wenn du so gern Mehlspeisen ißt, könnte ich statt Puffer ja auch mal Eierkuchen machen, nur nicht gleich übermorgen.«
    »Gebongt! Im übrigen hast du recht, Kartoffelpuffer ist wohl doch nicht das passende Essen für einen Gast. Soll ich ihn mal fragen, was er gerne hätte? Die Queen läßt sich vor Staatsbesuchen auch immer die Menüvorschläge kommen und wählt dann aus …«
    Tinchen zog den Kopf ein. Ihre spontane Einladung war wohl doch keine so gute Idee gewesen, denn Björn sah alles andere als begeistert aus, und nun wollte auch noch Florian wissen, worüber eigentlich geredet wurde und wer zum Henker der offenbar prominente Tischgast sein würde. »Der Bundespräsident?«
    »Allenfalls sein künftiger Pressesprecher.« Und dann erzählte sie vom Elternabend, von Herrn Evert, seinem Sohn Thorsten und dessen Zukunftsplänen. »Da habe ich mir eben gedacht, ich lade den Jungen einfach mal ein, und du nimmst ihn und Björn später mit in den Verlag.«
    »Na klar, ich habe ja auch sonst nichts zu tun.« Und dann zu Björn gewandt: »Was ist das denn für ein Knabe?«
    »Och, eigentlich gar nicht so übel«, antwortete der mit breitem Grinsen, »jedenfalls hat er den Lateinpauker heute regelrecht mattgesetzt. Als der wieder rumgelabert hat von wegen mangelndem Interesse und so, da hat Thorsten gesagt, er sähe nicht ein, weshalb wir immer noch für die Taten unserer Altvorderen büßen müßten, denn Latein sei doch nichts anderes als die späte Rache der Römer an den Germanen!«
    Als Thorsten in Björns Kielwasser durch die Tür trat, mußte Tinchen regelrecht zu ihm aufschauen. »Du lieber Himmel, wie groß bist du denn?«
    »Meinen Sie mit oder ohne?« Er deutete auf die etwa fünf Zentimeter hohen Sohlen seiner Turnschuhe. »Barfuß ergab die letzte Messung hundertneunundachtzig Zentimeter. Seitdem kann ich zum Ärger meiner Mutter mühelos feststellen, ob sie auch obenherum Staub gewischt hat.«
    »Wie wär's, wenn du ihr diese Arbeit abnehmen würdest?« schlug Tinchen vor, doch Thorsten konterte sofort. »Arbeit adelt. Ich bleibe bürgerlich!« Dann

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