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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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jetzt ist er nämlich kaputt!«
    Florian hinkte zum Sofa und ließ sich hineinfallen. Erst dann wunderte er sich. »Wieso schläfst du noch nicht! Es ist halb zwei Uhr nachts!«
    »Bin ich tot, Flori?« kam es zaghaft aus der Sesselecke, wo Tinchen, eingerollt wie ein Farnwedel, ins Licht blinzelte.
    »Du nicht, aber ich – jedenfalls beinahe! Einen halben Meter weiter nach links, und ich wäre mit dem Kopf an den Kamin geknallt!« Er zog den Socken aus und betrachtete seinen Fuß. »Na ja, zu sehen ist nichts, aber es hat trotzdem höllisch wehgetan!« Mitleidheischend sah er Tinchen an. »Kann man da nicht einen kalten Umschlag drumwickeln oder 'ne Salbe raufschmieren?«
    »Ich bin wirklich nicht tot?«
    »Falls ja, dann bist du eine ziemlich lebendige Leiche!« knurrte er unwillig. »Wie kommst du überhaupt auf diesen blödsinnigen Gedanken? Hast du wieder was von Stephen King gelesen?«
    »Nein! Im Gegenteil! Ich wollte mal wieder den
Medicus
anfangen, aber dann bin ich wohl eingeschlafen und habe so viel geträumt. Alles durcheinander. Zuerst von Vatis Tod und von Tonis Dampferfahrt, und dann plötzlich von Tobias und Ulla, und immer war ich selber dabei, obwohl ich ja gar nicht dabeigewesen bin. Jedenfalls nicht immer«, ergänzte sie, als sie Florians verständnisloses Gesicht sah. »Ich meine, da waren lange Gespräche, die ich nie persönlich mitgekriegt habe, also zwischen Mutsch und Frau Ka-Ka oder zwischen dir und Karsten … Natürlich hast du mir davon erzählt und Mutti ja auch und Tobias, aber plötzlich war alles so echt, beinahe wie gerade erst gewesen … Ich hab sie alle reden gehört! Ach, Flori, das war furchtbar!« Schluchzend warf sie sich in seine Arme. »Und weil doch immer gesagt wird, wenn man gleich stirbt, läuft das ganze Leben vor einem ab, habe ich geglaubt, nun bin ich tot!«
    »Hm«, meinte Florian und fuhr Tinchen beruhigend über den Kopf, »wann bist du denn eingeschlafen?«
    »Weiß ich nicht genau, so gegen neun.«
    »Na siehste! Jetzt ist es gleich zwei, also hast du fast fünf Stunden gebraucht, um nur die letzten drei Jahre zu durchleben. Die anderen dreiundfünfzig schaffst du heute sowieso nicht mehr!« Er schob sie zur Tür hinaus. »Komm, gehen wir lieber schlafen. Spätestens um sieben, wenn die kleinen Fratzen vor dem Bett stehen, ist die Nacht zu Ende. Wann holt Ulla sie eigentlich wieder ab?«
    »Wenn sie achtzehn sind, hat sie gesagt!«

2.
    »Hast du das Schmuckblatt für die Weihnachtsgrüße schon fertig?« erkundigte sich Tinchen, während sie pro forma mit dem Staubtuch herumwedelte und dabei über Florians Schulter linste. »In genau zwei Wochen ist nämlich Heilig Abend, und bis dahin sollten sie eigentlich im Kasten sein!«
    »Die liest doch sowieso keiner!«
    »Das nicht, aber jeder registriert, ob er welche gekriegt beziehungsweise von wem er keine gekriegt hat! Weißt du noch, wie empört Gisela letztes Jahr gewesen ist?«
    »Über Idioten diskutiert man nicht, die ignoriert man bloß!« sagte Florian. »Ich schicke doch meiner Schwägerin keine Weihnachtskarte, wenn sie am zweiten Feiertag sowieso auf der Matte steht! Und das nur, weil sie ihren Gänsebraten haben will und selber keinen fertigbringt!«
    »Einmal im Jahr wirst du sie wohl ertragen körnen!«
    »Das ist genau einmal zu viel!« wütete er und vertiefte sich wieder in das Benutzerhandbuch für den Computer, der seit zwei Tagen die Hälfte seines Schreibtisches bedeckte, vom Fachmann installiert worden und somit betriebsbereit war, doch bei seinem Besitzer noch keine rechte Begeisterung ausgelöst hatte. In der Redaktion standen diese Dinger natürlich in Mengen herum, und Florian benutzte sie auch gelegentlich, wenn sein Diktiergerät mal wieder streikte, aber mit der Technik als solcher hatte er sich nie abgegeben. Das war ihm sogar strikt untersagt worden, seitdem er Vandeveldes Leitartikel versehentlich durch mehrmaligen, nicht mehr rekonstruierbaren Tastendruck in den Tiefen des Rechners hatte verschwinden lassen, wo er trotz sofortigem Einsatz einiger selbsternannter Experten nie wiedergefunden wurde. Dieses Desaster hatte sich nachts um halb zwölf ereignet, also eine halbe Stunde vor Redaktionsschluß. Zu diesem Zeitpunkt sind auch Dienstleistungsbetriebe relativ selten zu erreichen, und deshalb hatten die Leser auf die geistigen Höhenflüge des Chefredakteurs verzichten und mit einer gekürzten Rede des Herrn Bundeskanzlers vorliebnehmen müssen.
    Wenn Florian nunmehr in der

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