Hotel Mama vorübergehend geschlossen
neue Putzfrau ein, die kam dann schon teurer, und Kartenlegen konnte sie auch nicht. Als der neueröffnete Supermarkt Kassiererinnen suchte, bewarb sie sich, wurde genommen und kündigte bei Toni fristlos. Ihr folgte ein junges Mädchen, das Anita hieß, offenbar unter Blasenschwäche litt und einen Teil seiner Arbeitszeit auf der Toilette verbrachte, wo es Schokoladenriegel kaute und Comics las.
Danach versuchte es Frau Antonie mit einer Italienerin, die ihr beibrachte, wie man Spaghetti richtig al dente kocht, jedoch nicht einsehen wollte, daß man Parkett nicht mit einer Wurzelbürste reinigt. Zu Hause in Avellino habe sie auch Holzböden, und die würden jede Woche mit Seifenlauge geschrubbt. Nachdem Karsten anhand des Atlasses festgestellt hatte, daß Avellino südlich von Neapel und folglich schon in jenem Teil Italiens liegt, der mehr wegen der Mafia und weniger wegen seiner Wohnkultur bekanntgeworden ist, mußte Giovanna einer Özlem weichen. Auch dieses Arbeitsverhältnis war nicht von langer Dauer gewesen und war in erster Linie wegen Verständigungsproblemen gelöst worden. Frau Antonie wußte nicht, was Spinnweben oder Schonwaschgang auf türkisch heißt, und Özlem kam mit Frau Antonies mimischen Arbeitsanweisungen nicht so ganz klar. Nachdem sie den Kaschmirblazer statt ihn auszubürsten in der Badewanne mit Kernseife bearbeitet und im Trockner auf Teenagergröße geschrumpft hatte, sah sich Frau Antonie wieder nach einer deutschsprachigen Hilfe um, auch wenn die erheblich teurer war.
Frau Schlicks war eine Hausfrau so recht nach ihrem Geschmack. Jedenfalls anfänglich. Sie kam zweimal wöchentlich, sah von allein, was getan werden mußte, und bestimmte, wann es getan werden mußte. »Heute werden Fenster geputzt!« ordnete sie an, selbst wenn in der Ferne Donnergrollen zu hören war und Frau Antonie sich eigentlich vorgenommen hatte, den Keller aufzuräumen. Frau Schlicks beschloß eine Generalreinigung der Küche just an dem Tag, als Toni zehn Kilo Bohnen einwecken wollte, und Frau Schlicks bügelte grundsätzlich nur dienstags, weil da im Radio immer die Fortsetzung einer Hörspielserie kam. Am liebsten jedoch putzte sie den Herd – innen und außen. Dieses Ritual bildete immer den Abschluß ihrer Fünfstundenschicht, und hinterher glänzte das zwanzig Jahre alte Stück wie ladenneu. Allerdings hatte Frau Schlicks die irritierende Angewohnheit, jedesmal, wenn sie kam, schnurstracks in die Küche zu laufen, die Backofentür aufzureißen und dann mit anklagender Miene festzustellen: »Sie haben ja schon wieder was drin gemacht!«
Als Frau Antonie eines Nachmittags mit einem abgedeckten Kuchenblech unterm Arm bei Tinchen vor der Tür gestanden und sie gebeten hatte, den Apfelstreusel in ihrem Ofen zu backen, weil sie selbst es nicht mehr schaffen würde, den Herd noch sauberzumachen, bevor sie abends wegmüßte zum Theater-Abonnement, und um acht in der Früh käme doch Frau Schlicks … war Tinchen der Kragen geplatzt. »Morgen schmeißt du sie raus! Und wenn du es nicht machst, tu ich es!«
»Ach ja«, hatte Frau Antonie geantwortet, »am besten kommst du so gegen halb eins vorbei, dann ist sie fast fertig. Und den Kuchen nicht zu lange drinlassen, sonst wird er trocken. Am besten vierzig Minuten bei zweihundert Grad.«
Frau Schlicks ging, Heidrun kam. Und blieb nur sechs Wochen, dann hatte Frau Antonie sie in flagranti erwischt. Also hatte es doch nicht an Alzheimer gelegen, daß die verschwundenen Geldscheine nicht wieder aufgetaucht waren. Dabei hatte sie schon unter der Matratze nachgesehen, im Nähkasten und sogar zwischen den Schuhcremedosen, weil man ja immer mal wieder liest, daß alte Frauen ihr Geld verstecken und es hinterher gar nicht mehr wissen.
Danach hatte es noch eine Jovanka gegeben, die aus Jugoslawien stammte und nur so lange bleiben wollte, bis sie einen deutschen Mann zum Heiraten finden würde, was zu Frau Antonies Bedauern relativ schnell geschah. Dann kam eine griechische Helena, ein nettes, fleißiges Mädchen, das der Vater eines Tages wortlos abholte … Nein, Frau Antonie hatte entschieden kein Glück mehr mit ihren Perlen. Ab und zu bat Tinchen ihre Frau Klötzer um Mithilfe, dann zogen sie gemeinsam zu Frau Antonie, holten die Gardinen runter, putzten Fenster und die Küchenschränke von innen, das hielt wieder ein Weilchen vor, doch eine Dauerlösung waren diese gelegentlichen Samariterdienste natürlich nicht.
So war es nach Frau Klaasen-Knittelbeeks Einzug
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