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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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rechts geschoben, was gar nicht so einfach war, weil sie viel zu wenig Spielraum hatten, und dabei festgestellt, daß sie nichts, aber auch rein gar nichts anzuziehen hatte – eine Behauptung, die Florian rundweg abstritt. »Der ganze Schrank hängt doch voll!«
    »Ja, mit Plunder!«
    »Warum hast du ihn dann gekauft?«
    »Da ist es ja noch keiner gewesen.« Sie zog ein schulterfreies Cocktailkleid mit passendem Jäckchen heraus. »Sieh dir das an! Sowas trägt heute kein Mensch mehr.«
    »Dann laß es hängen. In zwanzig Jahren wird dir Tanja dankbar sein.«
    »Davon habe ich doch jetzt nichts!« Kurzerhand warf sie Florian aus dem Zimmer und rief ihre Mutter an. »Was trägt eine stellvertretende Chefredakteursgattin zum Abendessen mit Akademikers, wenn der ganze Auftrieb in einem Nobelschuppen stattfindet?«
    Frau Antonie antwortete mit einer Gegenfrage. »Wirst du endlich den Herrn Anwalt persönlich kennenlernen? Er genießt übrigens in den einschlägigen Kreisen einen ausgezeichneten Ruf.« Nachdem sie bei einem ihrer Ich-wollte-nur-mal-nach-dir-sehen-Besuche Thorsten begegnet war, hatte sie natürlich Näheres wissen wollen und war mit dieser neuen Bekanntschaft sehr einverstanden gewesen. Einen Anwalt gab es nämlich noch nicht im Bekanntenkreis, wenn man mal von Herrn Reutter absah, dem Ehemann einer der Canasta-Damen. Nur war der seit neun Jahren tot und im Bedarfsfall wenig nützlich.
    »Mit dem Herrn Anwalt hatte ich bereits das Vergnügen, Mutti, und sein ausgezeichneter Ruf ist mir momentan ziemlich egal, aber seine Frau kenne ich noch nicht, und falls die so ist, wie ich befürchte, dann sitzt sie spätestens am Freitag bei
La Beauté
und läßt sich runderneuern, während in einem Laden auf der Kö die letzten Änderungen an dem Modellkleid vorgenommen werden. Wenn man Björn glauben kann, gehört Frau Evert nicht zu den ganz Schlanken.«
    »Dann wird sie vermutlich Schwarz tragen«, sagte Frau Antonie sofort eingedenk eigener Erfahrung, daß diese Farbe auch bei Größe 46 noch elegant aussehen kann. »Also solltest du auf jeden Fall etwas anderes wählen.« Sie überlegte kurz. »Warum nimmst du nicht deinen seidenen Hosenanzug? Der steht dir doch ausnehmend gut.«
    Stimmt, an den hatte sie gar nicht gedacht. Wieder schob sie die Bügel vor und zurück und dann ein drittes Mal. Der Anzug war nicht da. »Ich rufe nachher noch mal an, Mutti, tschüß!« Sie legte den Hörer auf und kontrollierte noch einmal Stück für Stück den Inhalt des Schranks. Umsonst. Doch wo, zum Kuckuck, konnte der Anzug denn sein? Oder besser, wann hatte sie ihn zuletzt getragen? In diesem Jahr bestimmt noch nicht, schließlich handelte es sich um Sommer-, allenfalls Frühjahrsgarderobe, und soweit sie sich erinnerte, hatte sie ihn an dem Abend angehabt, als der Rhein mal wieder in Flammen gestanden hatte – jenem Spektakel, bei dem die Pyrotechniker ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen. Richtig, sie hatten mit Hildebrandts auf den Rheinterrassen gesessen, und dann hatte dieser schusselige Kellner beim Eingießen das Glas umgestoßen, und der ganze Wein war über den Anzug geflossen … »Heiliger Himmel, hoffentlich haben sie den nicht inzwischen versteigert!« Sie rannte die Treppe hinunter, holte vom Garderobenschrank das Telefonbuch und begann zu blättern. »Wie heißen die denn bloß? Es war irgendso ein Dutzendname, aber ich kann doch jetzt nicht alle Meiers, Müllers und Schulzes durchgehen?« Sie sah auf die Uhr. »Kurz vor sechs, das schaffe ich nicht mehr.« Halt, das Branchenbuch! Die berühmten Gelben Seiten. Sie hatten ihr schon einmal das Leben gerettet, sie am Heiligen Morgen vor dem Kältetod bewahrt, jetzt mußten sie noch einmal ran! Hastig blätterte sie die Seiten durch. Die Branche schien zu boomen, fast zwei Spalten
Chem. Reinigungen.
Und dann fand sie sie endlich, die Gebrüder Schmitz auf der Allee. Während sie die Nummer wählte, flüsterte sie immer wieder: »Bitte, bitte, seid ein kulanter Laden, der auf vertrottelte Kundinnen Rücksicht nimmt und die Sachen mindestens ein Jahr lang aufhebt.«
    Sie hatte Glück. Nein, den Kontrollzettel habe sie nicht mehr, oder falls doch, dann wisse sie nicht, wo sie ihn suchen solle, aber sie habe den Anzug schon im vergangenen Sommer hingebracht und könne ihn auch ganz genau beschreiben, sandfarbene Rohseide Größe vierz … wie bitte? Nein, kein Herrenanzug. Ja, sie werde warten.
    Sie wartete genau sieben Minuten lang, dann hatte man ihn

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