Hotel Mama vorübergehend geschlossen
zu und stellte es in den Kühlschrank. »Sag aber deiner Tante Bescheid, was drin ist, sonst habt ihr's morgen als Frischkäse auf dem Frühstückstisch. Und notier den Senf auf der Gedächtnisprothese für den Supermarkt!«
»
Was
soll ich?«
»Aufschreiben, daß der Senf alle ist. Wenn die Würstchen im Topf schwimmen, ist es nämlich zu spät! In solchen Fällen rastet meine Mutter regelrecht aus.« Dann besah er mißtrauisch seine Schuhsohlen. »Ich fürchte, die Fliesen sind bloß sauber, solange man nicht drüberläuft. Sobald du eine Weile drauf stehenbleibst, klebste fest.«
Es half nichts, sie mußten doch noch den Boden aufwischen, was ihre Laune nicht gerade hob, und als dann im Fernsehen auch noch der Spätabendkrimi zugunsten der Berichterstattung vom Katholischen Kirchentag um eine halbe Stunde nach hinten verschoben wurde, war Thorsten endgültig sauer. »Ich denke, wir haben Religionsfreiheit? Ich bin evangelisch, warum muß ich mir das jetzt angucken?« Dann tat er es aber doch. »Nun sieh dir bloß mal das Gewimmel an! Wenn nur die Hälfte davon sonntags in die Kirchen ginge, wären sie garantiert wieder voll.«
»Da sind aber die Chancen geringer, ins Fernsehen zu kommen. Du brauchst doch nur mal zu beobachten, wie mediengeil die in die Kamera winken! Wenn der da hinten mit dem Schild nicht aufpaßt haut er das Ding vor lauter Begeisterung noch seinem Vordermann auf die Omme. Kannst du erkennen, was draufsteht?«
Thorsten kniff die Augen zusammen. »Jesus lebt!« Und dann, ganz entgeistert: »Heißt das, wir kriegen keine Osterferien mehr?«
Der Krimi muß wohl doch nicht das gehalten haben, was sein Titel versprochen hatte, denn als Tinchen und Florian gegen halb eins zurückkamen, war das Haus hell erleuchtet, der Fernseher lief, konnte den voll aufgedrehten CD-Player an Lautstärke jedoch nicht überbieten, auf der Toilette gurgelte die Klospülung, weil sich der Schwimmer wieder mal verhakt hatte, und inmitten dieses Höllenlärms zwei schlafende Jünglinge, einer auf dem Sofa, der andere im Sessel, Beine auf dem Tisch. Zwei leere Flaschen Cola, eine halbvolle Flasche Navy-Rum und zwei benutzte Rotweingläser, eins davon auf dem Fußboden, vervollständigten das Stilleben. Oben drüber, auf der Messingstange der Lampe sitzend, hockte Omelette und plierte die Störenfriede an, um dann laut kreischend mit Zielrichtung Wintergarten zu entflattern.
Nachdem er die Geräuschquellen mit Ausnahme des Papageis ausgeschaltet hatte, wandte sich Florian um. »Ich habe den Eindruck, Tine, daß sich nicht nur Björn bei uns wie zu Hause fühlt.« Dann ging er zum Telefon, um Herrn Evert mitzuteilen, daß sein Sohn aus gegebenem Anlaß diese Nacht nicht mehr heimkommen werde.
17.
Als die Kletterrosen Knospen ansetzten und Frau Antonie mit Björns Hilfe die im Keller überwinterten Geranien ans Tageslicht geholt hatte (sie wartete damit immer etwas länger als üblich, die Eisheiligen hatten sich schon so manches Mal erheblich verspätet), hatte Tinchen ihren Haushalt endlich wieder fest im Griff. Ostern war noch etwas hektisch verlaufen, weil die im Garten versteckten Eier kurz vor Beginn der Suchaktion ganz schnell wieder eingesammelt werden mußten, denn der sonnige Frühlingsmorgen hatte sich innerhalb von Minuten in einen dunkelgrauen Nachwintertag verwandelt. Dann hatte sich herausgestellt, daß nicht mal mehr Eier zum Frühstück dagewesen waren, die waren alle hartgekocht, gefärbt und anschließend in einer Gemeinschaftsaktion bemalt, aber nicht durch frische ersetzt worden, weshalb Florian am Ostermorgen den Restbestand von Frau Antonie holen mußte und trotzdem keins abbekam. Der selbstgebackene Napfkuchen war innen ein bißchen klitschig gewesen, und beim verspäteten Eiersuchen innerhalb des Hauses war auch noch die Bodenvase zu Bruch gegangen. Den Verlust hätte Tinchen ja verschmerzt, so richtig hatte ihr dieser graublaue Kübel nie gefallen (er war ein Geschenk von ihrer Mutter gewesen und hätte zu deren Möbeln viel besser gepaßt!), aber als die zehn Liter Wasser in ebenso vielen Quadratmetern Velour-Teppichboden versickert waren, hatte sie bis zur endgültigen Trockenlegung das Wohnzimmer zum Sperrbezirk erklären müssen.
Auch Tims sechster Geburtstag hatte noch etwas Unruhe ins Haus gebracht, hauptsächlich deshalb, weil Tanja am Tag davor Mumps bekommen hatte. Also wurden am nächsten Morgen Luftballons, Mohrenköpfe, Papierhütchen, halb aufgetaute panierte Hühnerbeine,
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