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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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daß ich fertig bin.«
    Am anderen Ende des Kanals ging eine Taschenlampe an und warf einen Lichtkegel auf das schmierige, brackige Wasser und die schwitzenden Mauern. Die Reihe der Männer bewegte sich weiter. Vor der Mündung des Kanals bis zur Mitte des Tresorraums waren es zwanzig Meter, hatte der General gesagt. Das Seil wurde von Hand zu Hand weitergereicht, bis es auf seine vollen zwanzig Meter ausgerollt war. Fernand gab Jean die Taschenlampe und begann, mit Vorschlaghammer und Eisen auf die gewölbte Decke über dem Kanal einzuhämmern.
    Der alte, von der Feuchtigkeit aufgeweichte Mörtel ließ sich leicht entfernen, und schon nach wenigen Minuten hatte Fernand zwei große Steine herausgeschlagen. Ein Schwall von Schutt und Erde prasselte ins Wasser hinab, und beim nächsten Schlag vibrierte seine Hand — er war mit dem Eisen auf Stahlbeton gestoßen. Lächelnd sah er Jean an. Jetzt kam das, was er am meisten liebte, der künstlerische Teil sozusagen, nämlich die Dosis exakt so zu bestimmen, daß nicht gleich das ganze Haus über ihnen zusammenstürzte. Er gab Jean Hammer und Eisen, nahm die Einkaufstüte — Borel hatte streng darauf geachtet, daß sie kein Wasser abbekam — und begann dann, sein plastique anzubringen.
    Noch zehn Minuten bis Mitternacht, die Band auf der place steuerte auf ihren letzten Höhepunkt zu, bevor sie eine halbe Stunde pausieren würde, um sich wie alle anderen das Feuerwerk anzusehen. Der chef d’animation fuhr in einem eigenen Boot, das der Neffe des Bürgermeisters ruderte, an den Kähnen entlang und vergewisserte sich, daß die jungen Männer bereit waren, das Feuerwerk in der richtigen Abfolge zu zünden. Er selbst würde ihnen von der Brücke aus das Zeichen geben. Ein wenig gelangweilt nach dem ereignislosen Abend in ihrem Renault schlenderten die gendarmes durch die Menge und vertrieben sich die Zeit bis zum Ende ihrer Schicht damit, den Mädchen nachzuschauen. Unterdessen sahen die Männer im Kanal auf ihre Uhren und warteten.
    »Noch zwei Minuten«, sagte Jojo.
    Fernand überprüfte die Sprengkapseln. »Alles klar. Los, zurück zum Eingang. Es wird eine Menge von der Decke herunterkommen.«
    Sie wateten zum Plastikvorhang am Ende des Tunnels zurück und hockten sich schweigend hin. Fernand beleuchtete mit der Taschenlampe seine Uhr. Himmel, dachte Jojo, ich hoffe, er weiß, was er tut.
    »Noch sechzig Sekunden.«
    Der chef d’animation, flankiert von den beiden gendarmes, die auf der Brücke einen Platz für ihn freigemacht hatten, hob beide Arme zum Himmel. Er liebte die Vorstellung, als der Karajan des Feuerwerks aufzutreten, und wußte sich geschickt in Szene zu setzen. Zufrieden sah er auf die beiden Flußufer, an denen sich die Leute in sechs Reihen hintereinander drängten und gespannt darauf warteten, daß seine Arme sich senkten und so das Startsignal für die pyrotechnische Symphonie gaben, wie er sich auszudrücken pflegte. Er stand auf Zehenspitzen und hoffte, daß der Fotograf vom Provençal ihn im Visier hatte. Als die Kirchturmuhr dann den ersten Mitternachtsschlag tat, riß er mit einer schwungvollen Gebärde die Arme herab und beugte den Kopf — das Zeichen für den ersten Kahn.
     
    Die Explosion im Kanal verlief zur Überraschung aller ziemlich undramatisch — ein dumpfer Knall, der zudem noch durch das Wasser gedämpft wurde, dann das Platschen des herabfallenden Schutts. Fernand, der zwei Finger über Kreuz gelegt hatte, watete nach hinten, um sich die Sache anzusehen.
    Er leuchtete mit seiner Taschenlampe in die zerklüftete Öffnung, an deren Rändern Fetzen eines angesengten Teppichbodens herabhingen. Der Lichtkegel fiel auf die glatte weiße Decke des Tresorraums, und Fernand drehte sich grinsend zu den anderen um. »Habt ihr alle eure Scheckhefte dabei?« Einer nach dem anderen hievten sie sich durch das Loch und sahen sich tropfend und nervös, doch voll stolzer Begeisterung im Raum um, während Fernand die Tresorfächer mit plastique zu behandeln begann. Systematisch nahm er sich die einzelnen Reihen vor. »Ihr braucht nicht den Atem anzuhalten«, meinte er gelassen. »Das hier dauert ein bißchen.«
    Jojo streifte sich die nasse Hose ab und wünschte, er hätte eine trockene Zigarette. »Vergiß nicht, daß das Feuerwerk um halb eins zu Ende ist.«
    Fernand zuckte die Achseln. »Selbst wenn hier drin der Dritte Weltkrieg losgehen würde, würde das draußen niemand merken, dafür sind die Mauern zu dick. Könnt ihr irgend etwas

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