Hotel Pastis
anderen Ende herrschte eine ganze Zeitlang Schweigen, währenddessen Caroline entsetzt in den Abgrund geregelter Beschäftigung blickte. In Erwartung des Redeschwalls, der jetzt kommen würde, hielt Simon den Hörer von seinem Ohr weg.
Er harrte noch aus bis zu dem Punkt, da die Rechtsanwälte, die einen festen Platz in Carolines Denken einnahmen, zur Untermauerung ihrer Position zitiert wurden. Dann legte er sanft den Hörer auf.
Fast sofort klingelte es. Simon trank sein Calvados aus. Das Telefon klingelte weiter. Mist.
»Caroline, wir werden darüber reden, wenn du dich wieder beruhigt hast.«
»Monsieur Shaw?« Eine männliche Stimme, Franzose.
»Oui?«
»Monsieur Shaw, ich habe hier einen Freund von Ihnen.«
Es entstand eine Pause, dann hörte Simon eine gepreßte Stimme: »Simon? Hier Boone.«
»Boone! Wo zum Teufel sind Sie? Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht.«
»Ich weiß es nicht, Mann. In irgendeiner Telefonzelle. Simon, diese Typen hier...«
»Sind Sie okay?«
»Soweit ja. Hören Sie zu...«
Der Hörer wurde Boone abgenommen, Simon hörte murmelnde Stimmen, dann meldete sich wieder der Franzose. »Passen Sie auf, Monsieur Shaw. Dem jungen Mann geschieht nichts. Er kann ganz schnell wieder freikommen. Sie werden das organisieren.«
Man hörte, wie eine weitere Münze in den Schlitz geworfen wurde. »Monsieur Shaw?«
»Ich höre.«
»Bon. Sie werden zehn Millionen Francs besorgen, in bar. Verstanden?«
»Zehn Millionen?«
»In bar. Ich werde Sie morgen abend zur gleichen Zeit anrufen und Ihnen Anweisungen für die Übergabe geben. Und Monsieur Shaw?«
»Ja?«
»Kein Wort an die Polizei. Das wäre ein großer Fehler.«
Dann brach die Verbindung ab. Simon saß einen Augenblick lang da und vergegenwärtigte sich Boones gepreßte, verschreckte Stimme. Er sah auf die Uhr. In New York war es jetzt später Nachmittag. Falls Boones Vater überhaupt in New York war. Und falls er die Nummer hatte. Er wählte bereits die Nummer der internationalen Auskunft, entschied sich dann aber anders. Ziegler hatte sicher Parkers Nummer.
»Bob? Simon Shaw.«
»Ist es wichtig? Mir steht das Wasser bis zum Hals.«
»Es geht um Parkers Sohn. Er ist entführt worden.«
»Ach, du Scheiße.« Ziegler stellte das Raumtelefon ab und nahm den Hörer. Seine Stimme klang nah und irritiert. »Sind Sie sicher?«
»Er wird in der Schule schon seit ein paar Tagen vermißt. Ich habe gerade einen Anruf von den Leuten bekommen, die ihn entführt haben. Ich habe auch mit Boone selbst gesprochen. Ja, ich bin sicher.«
»Um Himmels willen. Haben Sie schon die Polizei unterrichtet?«
»Keine Polizei. Hören Sie zu, ich muß mit Parker sprechen. Sie wollen zehn Millionen Francs für die Freilassung, und zwar in vierundzwanzig Stunden.«
»Wieviel ist das in richtigem Geld?«
»Fast zwei Millionen Dollar. Geben Sie mir Parkers Nummer in New York.«
»Das können Sie vergessen. Er ist auf dem Weg nach Tokio. Heute morgen abgeflogen.«
»Scheiße.«
»Da haben Sie verdammt recht, Scheiße.«
Simon hörte, wie ein paar Gäste lachend von der Bar heraufkamen und sich gegenseitig eine gute Nacht wünschten. »Bob, ich habe keine zehn Millionen Francs in meiner Hosentasche. Kann die Agentur das Geld auftreiben?«
Zieglers Stimme klang widerstrebend. »Das ist eine ganze Menge.«
Simon beschloß, an Zieglers menschliche Instinkte zu appellieren. »Er ist ein wichtiger Kunde, Bob.«
Einen Augenblick lang erwog Ziegler die möglichen Vorteile, wenn er Hampton Parker einen persönlichen Dienst erwiese und ihm in dieser dringlichen Angelegenheit aus der Patsche half. Wenn ihm das nicht für die nächsten zehn Jahre Aufträge sicherte!
Ziegler hatte sich entschieden. »Das wichtigste ist der Junge, habe ich recht? Hier steht ein Menschenleben auf dem Spiel. Niemand soll, verdammt noch mal, sagen, daß diese Agentur kein Herz hat.« Ziegler machte sich Notizen, während er sprach. Das würde eine wunderbare Pressemitteilung werden. »Okay. Wir werden das Geld telegrafisch auf Ihre Bank überweisen, und ich werde irgendwie Parker auftreiben und ihn informieren. Bleiben Sie in der Nähe des Telefons. Wahrscheinlich wird er mit Ihnen sprechen wollen.«
Simon gab Ziegler seine Bankverbindung in Cavaillon durch. »Es muß morgen um diese Zeit hier sein, Bob. Okay?«
»Klar doch, klar.« Dann änderte sich plötzlich Zieglers Tonfall. »Da ist nur noch eine Kleinigkeit.«
»Welche?«
»Eine Sicherheit für das Geld. Ich bin
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