Hotel Pastis
Geschäftsführer dieser Agentur und den Aktionären gegenüber verantwortlich. Wenn ich zwei Millionen Dollar aus der Kasse klaue, packen sie mich ganz schön am Arsch.«
Simon konnte es kaum glauben. »Verdammt noch mal, Bob. Der Junge wird vielleicht umgebracht, und Sie machen sich in die Hose, weil Sie das Lösegeld besorgen sollen.«
Ziegler sprach weiter, als ob er nichts gehört hätte. »Ich sage Ihnen, wie wir’s machen.« Seine Stimme bekam einen heiteren, fast freundlichen Unterton. »Ich werde die Sache abkürzen. Ich werde die Rechtsabteilung bitten, Ihnen eine einseitige Vereinbarung rüberzufaxen. Unterschreiben Sie einfach das Blatt und faxen Sie es zurück. Damit sichere ich mich ab, und dann überweisen wir das Geld.«
»Was soll ich unterschreiben und zurückfaxen?«
»Sagen wir, eine Rückversicherung, mein Freund. Sie bürgen für das Geld mit Ihren Anteilen an der Agentur.«
Simon war sprachlos.
»Ich kümmere mich sofort darum. Sie müßten das Fax in einer Stunde haben, okay? Bis später.«
Simon ging hinunter zur Bar und steuerte schnurstracks auf den Calvados zu. Nicole und Ernest, die an einem Tisch saßen und die Tagesabrechnung machten, sahen zu, wie er eine Flasche und ein Glas aus dem Regal nahm und sich dann zu ihnen setzte. Mit ausdrucksloser, sachlicher Stimme teilte er ihnen die Neuigkeit mit. Und dann saßen sie da, stellten einander nicht beantwortbare Fragen über die Entführer und Boone und warteten.
Endlich kam das Fax. Simon las es nur flüchtig durch, unterschrieb es und schickte es zurück. Irgendwo hatte er gehört, daß Faxschreiben nicht als rechtsverbindlich galten, aber Ziegler beschäftigte in diesem Augenblick wahrscheinlich die gesamte Rechtsabteilung damit. Scheißkerl.
Simon schickte Nicole und Ernest zu Bett, setzte sich mit einer Kanne Kaffee ins Büro und wartete auf das Läuten des Telefons. Endlich, um vier Uhr morgens, kam der Anruf. Hampton Parkers Stimme klang dünn und besorgt, und Simon hörte, wie er einen tiefen Zug von seiner Zigarette nahm. Er befand sich am Flughafen in Tokio, wartete darauf, daß sein Flugzeug aufgetankt und der Flug nach Paris bestätigt wurde. Von dort wollte er eine kleinere Maschine chartern und nach Avignon fliegen. Er wollte noch zwei Begleiter mitbringen, und sie müßten irgendwo Unterkommen. Während er die Einzelheiten mit Simon durchsprach, klang seine Stimme beherrscht und fast mechanisch.
»Glauben Sie, daß sie ihm etwas angetan haben?«
»Nein«, erwiderte Simon mit größtmöglicher Überzeugung in der Stimme. »Er sagte, es ginge ihm gut. Er klang ein bißchen durcheinander, mehr nicht.«
»Er ist mein einziger Sohn, müssen Sie wissen. Die anderen sind Mädchen. Und er ist ein guter Junge.«
»Wir mögen ihn alle sehr.«
»Diese Hurensöhne.«
»Machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden alles tun, was sie von uns verlangen.«
»Ich danke Ihnen. Ich werde Sie von Paris aus wieder anrufen.«
Simon konnte jetzt nichts mehr tun als ins Bett gehen und bis morgen warten, aber er war hellwach, aufgeputscht von der Spannung und dem vielen Kaffee. Er ging nach Hause und begab sich hinauf ins Schlafzimmer. Nicole atmete leise, ihr brauner Arm lag ausgestreckt auf seinem Kopfkissen. Als er sich hinunterbeugte und sie auf die Schulter küßte, lächelte sie im Schlaf.
Obwohl die Fenster offenstanden, war es heiß im Schlafzimmer. Während der ganzen ersten Julihälfte war die Tagestemperatur auf über achtunddreißig Grad gestiegen, und selbst die dicken Steinmauern des Hauses fühlten sich warm an. Simon zog sich aus, stellte sich fünf Minuten lang unter die kalte Dusche und ging mit einem um die Hüften geschlungenen Handtuch nach unten. Er öffnete die Tür zur Terrasse und rückte einen Stuhl so zurecht, daß er die Morgendämmerung beobachten konnte. Ihn überkamen böse Gedanken daran, wie es wäre, wenn Caroline entführt werden würde. Wahrscheinlich würde sie den Entführern einen Monolog halten und ihnen die Telefonnummern ihrer Rechtsanwälte geben, und sie würden noch dafür bezahlen, daß sie sie wieder loswurden. Vielleicht wären sie mit einem Austausch gegen Ziegler einverstanden. Gähnend rieb sich Simon den Sand aus den Augen und blinzelte, als der erste Silberstreifen der Dämmerung über dem tiefblauen Bergmassiv auftauchte. Ein weiterer heißer und schöner Tag kündigte sich an, wunderbares Wetter, um einer Lösegeldförderung in Höhe von zehn Millionen Francs nachzukommen! Er
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