Hotel Transylvania
kannte die Gefahr. Verstehst du das, mein Kind? Ich kannte sie. Ich kannte sie schon, als ich vorgab, dass sie nicht bestand. Und Saint Sebastien wusste Bescheid, oder warum kehrte er sonst nach Paris zurück? Warum ist er hier, wenn nicht um deinetwillen?«
In Madelaines Miene zeigten sich Furcht und ein nicht geringer Anteil an Zorn. Sie entwand sich dem Griff ihres Vaters. »Dies ist weder die Zeit noch der Ort!«, sagte sie scharf. »Wenn ich mich in Gefahr befinde, wollt Ihr sie bitte nicht der ganzen Welt verkünden!«
Bevor de Montalia etwas darauf erwidern konnte, berührte Saint-Germain ihn sanft an der Schulter. »Marquis, Eure Tochter hat durchaus Recht. Gewiss kann das, was Ihr ihr zu sagen habt, doch warten, bis Ihr Euch mit ihr in privatim zurückziehen könnt. Bis dahin darf ich vorschlagen, dass wir die Musikanten aufsuchen? Wenn Ihr mir vielleicht sagt, was Ihr befürchtet, können wir gemeinsam eine Lösung erarbeiten.«
Er ließ sich von der Tür fortziehen, sagte jedoch zu Saint-Germain: »Ihr seid ein Dilettant. Ihr wisst nichts von dem, was meiner Tochter zustoßen kann.«
»Dann hoffe ich, dass Ihr mich aufklären werdet.« Er hatte le Marquis aus der Eingangshalle geführt und geleitete ihn nun über einen Flur zu der Bibliothek, wo die Musikanten warteten. »Ich bitte Euch, wendet Eure Gedanken für diesen Abend von Euren Sorgen ab. Wenn nicht um Euretwillen, so doch um Eurer Tochter willen.« Er öffnete die Tür zu der Bibliothek und wurde von einem Gemurmel empfangen, das stockend erstarb, als er die Tür hinter sich und Robert de Montalia verschloss.
Ein hoch gewachsener Mann mit weichen Zügen und einem prachtvollen Anzug stand neben dem Kamin. Auf seinem bartlosen Gesicht lag ein Ausdruck versammelter Intelligenz. »Saint-Germain«, sagte er mit süßer Stimme, die so hoch war wie die eines Knaben.
»Guten Abend, Aurelio.« Er wandte sich zu seinem unwilligen Begleiter.
»Erweist mir die Ehre, mein lieber Marquis, Euch Aurelio Ombrasalice zu präsentieren. Dies ist le Marquis de Montalia, der Vater jener Frau, zu deren Ehren wir unsere kleine Zerstreuung abhalten.«
Ein allgemeines Geraune erhob sich von den Musikern, und eine Frau, deren Hässlichkeit sie außerordentlich anziehend machte, trat vor und knickste hochachtungsvoll vor Robert de Montalia.
»Das ist Madame Inez Montoya, die heute Nacht die Persephone singen wird. Ich denke doch, dass das Thema von Persephone und dem Gott der Unterwelt Euch nicht als unpassende Kost für Eure Tochter erscheinen wird.«
Le Marquis ließ seinen Blick über die Musiker schweifen und machte eine abwesende Handbewegung. »Die Geschichte ist nicht allzu grausig. Aber es kommt doch eine Entführung darin vor, nicht wahr?« Er verzog das Gesicht.
Saint-Germain begegnete diesem Vorbehalt mit einem entwaffnenden Lächeln und der ganzen Kraft seiner Augen. »Ich werde Ombrasalice bitten, es Euch jetzt vorzusingen, und wenn Ihr etwas Anstößiges darin findet, wird er es nicht singen.« Er drehte sich rasch um und sagte: »Aurelio, wollt Ihr das für mich tun? Ich weiß, dass Ihr nur für einen Gesangsauftritt bestellt seid, aber ich würde es als einen Gefallen betrachten.«
Der große Sänger nickte anmutig. »Ich werde diese eine Arie singen. Aber nur leise.«
»Ich danke Euch, mein Freund. Ich weiß es sehr zu schätzen.« Saint-Germain winkte de Montalia auf einen Sessel und wartete mit einer undeutbaren Miene, während die zehn Musikanten ihre Instrumente stimmten. Er glaubte nicht, dass Robert de Montalia die Botschaft in der Arie hören würde, die nur für Madelaine gedacht war. Als die Instrumente fertig gestimmt waren und die Spieler Saint-Germain erwartungsvoll ansahen, erklärte er: »Die Arie, mon Marquis, ist in zwei Teile gegliedert, ein Largo, dann eine Passage für die Violinen, gefolgt von einem andante expressivo. Mein Herr, jederzeit, wenn Ihr bereit seid.«
In absteigenden Triaden durchlief die kurze Einleitung in D-Moll die Streicher und endete in zwei Pizzicato-Akkorden. Aurelio Ombrasalice trat vom Feuer und sang mit seiner kraftvollen hohen Stimme:
In meinem Schattenreich
verschont vom Sonnenschein wütete ich
und wusste nicht warum.
Dein Lachen auf den Wiesen
raubte mir den Verstand, als es emporflog
und den Himmel erstürmte.
O Persephone, besiegt bin ich durch Liebe
und das, was meine Liebe haben muss!
Die Streicher modulierten sich zum Dur und wurden schneller. Saint-Germain beobachtete
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