Hotel Transylvania
Schweigen.
»Nun fragt ihr euch, ob er echt sei, da ich doch kein Priester bin.« Er hielt den Kelch höher. »Ihr könnt ihn ja berühren, wenn ihr wollt. So weit ich weiß, treten die Verbrennungen sofort auf.« Er wartete, und die Männer in den Seidenroben rührten sich nicht. »Ich verstehe.«
Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn herumfahren, und in diesem Augenblick verwünschte er sich, da er sich nicht von Saint Sebastians Bewusstlosigkeit überzeugt hatte. Denn der Anführer des Zirkels rannte auf Madelaine zu, und obgleich er den Dolch nicht mehr führte, hielt er doch nun eine zackige Bruchplanke in der Hand, mit der er zum Schlag ausholte.
Und in jenem Moment machte das Schweigen, die fast schlafwandlerische Benommenheit, welche die Angehörigen des Zirkels so schwerfällig und zu den Dienern von Saint-Germains Kontrolle gemacht hatte, einem Wutausbruch Platz, der sich krachend wie ein holländischer Deich entlud, um dem tosenden Meer den Weg freizugeben. Mit einem schrecklichen Aufbrüllen stürzten sich die Männer in den Seidenroben auf Saint-Germain.
Aus einer Nachricht des Abbe Ponteneuf an seine Cousine, la Comtesse d'Argenlac, datiert auf den 5. November 1743:
... Aus tiefstem Herzen bete ich zu Gott, dass Er Euch trösten und Eure Augen der Pracht öffnen möge, die alle guten Christen jenseits des Grabes und des Todesschattens erwartet. Es ist meine Pflicht, Euch diesen Brief zu schreiben, liebe Cousine, doch schon will mir die Feder stocken, und ich bringe es nicht übers Herz, Euch zu sagen, was sich zugetragen hat. Ich bestürme Euch, Euer Herz zu wappnen, um der schrecklichen Nachricht mit großer Tapferkeit zu begegnen, denn wir alle, die wir Euch kennen und lieben, können nur wünschen, dass Ihr niemals die Prüfung erdulden müsstet, die Euch nun bevorsteht.
Es war vor weniger als einer Stunde, als eine Kutsche heranfuhr, um mich zu einer Kirche am Rande der Stadt zu bringen. Ihr könnt Euch meine Überraschung für dieses ungewöhnliche Ersuchen vorstellen, denn es ist keinesfalls alltäglich, dass ein solches Ersuchen mich zu so später Stunde ereilt. Doch bin ich nicht seit zwanzig Jahren ein Priester, ohne gelernt zu haben, das klaglos hinzunehmen, was Gott mir sendet. So geschah es, dass ich in der Kutsche zu der bereits erwähnten Kirche fuhr. Wir trafen binnen kurzem ein, und ich wurde sogleich in die Sakristei geführt, wo meine Augen eines schrecklichen Anblicks gewahr wurden. Vor mir waren die Leichen dreier Männer aufgebahrt. Einer war seinem Aussehen nach ein Scharlatan, und ich kannte ihn nicht. Ein anderer gehörte zu Saint Sebastiens Dienern, was ich an seiner Livree erkannte. Saint Sebastien ist ein solch unbußfertiger Verbrecher sämtlicher Todsünden, dass ich zwar den Mann selbst nicht erkannte, aber sein Herr wird wohl kaum seinen Fuß auf einen Pfad gesetzt haben, der zu unserem Herrn und Seiner Süßen Mutter führet.
Es ist der dritte Mann, von dem ich sprechen muss, und das Herz will mir dabei stehen bleiben. Der dritte Mann war le Comte d'Argenlac, Euer geliebter Gatte, den Ihr so sehr liebtet, und der stets Euer wackerer Beschützer gewesen ist.
Zudem ist es meine allerunangenehmste Pflicht, Euch davon in Kenntnis zu setzen, dass er nicht durch einen Unfall oder durch höhere Fügung verstarb. Meine unglückliche Cousine, er wurde kaltblütig von einer oder mehreren unbekannten Personen gemeuchelt.
Der Curé dieser Kirche hat mir sein Arbeitszimmer zur Verfügung gestellt, damit ich Euch sogleich die Nachricht schicke. Seine Gelehrsamkeit ist nicht groß, aber er ist ein guter Mann, und ich habe ihm gesagt, dass mir le Comte bekannt sei und es nur würdig und recht ist, dass Ihr als meine Cousine über diese Tragödie von jemandem unterrichtet werdet, der mit Euren besonderen Lebensumständen vertraut ist.
Lasst Euch von Eurem Schmerz nicht überwältigen. Betet zu Maria für die Errettung der Seele Eures Gatten. Ihr werdet feststellen, dass solcherlei religiöses Exercitium viel zur Erleichterung Eures Gram beiträgt, der Euch sonst gewisslich verzehren muss. Ich habe oft gesagt, dass, als Gott die Frau dem Manne zur Gehilfin gab, er sie anfällig machte für Launen und Schwächen, die ihr Gatte nicht kennt. Der exzellente Trost der Heiligen Schrift wird Euch dabei behilflich sein, diese Gefühle zu beherrschen, die Euren Busen erfüllen müssen, da Ihr dieses lest...
Ich werde selbst dafür Sorge tragen, dass der Leichnam von le
Weitere Kostenlose Bücher