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Hotel Transylvania

Hotel Transylvania

Titel: Hotel Transylvania Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Quinn Yarbro
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aneinander und zwang sich, mit dem Zittern einzuhalten. »Wisst Ihr, was es bedeuten würde, arm zu sein, Gervaise?«, fragte sie dann. »Habt Ihr die geringste Vorstellung, wie wir leben müssten? In welchen Umständen wir uns wieder fänden? Nein?«
    »Ihr seid melodramatisch, Claudia«, knurrte er, jedoch ohne Überzeugung.
    »Im vergangenen Frühling sah ich Lorraine Brèssin«, sagte sie fast tonlos. »Ich sah, wo sie lebte. Es war noch nicht genug, dass Brèssin sie dem Bankrott preisgab. Als er sich umbrachte, sorgte er zugleich dafür, dass seine Familie nichts mit Lorraine zu tun haben wollte. Sie und ich sind im gleichen Alter, und sie sieht aus wie eine Fünfzigjährige. Ihr Haar ist verfilzt, sie trägt schlechtere Gewänder als meine Kammerzofe. Ihre beiden Töchter – entsinnt Ihr Euch ihrer? Sie hatten keine Fertigkeiten außer ihrem Aussehen und ihrer feinen Rede, und sie wurden von Bordellbesitzern verschleppt. Die Töchter von le Vicomte de Brèssin sind nunmehr gemeine Huren, Gervaise«, sagte sie mit einem erstickten Aufschluchzen.
    »Nun, darüber braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen, Madame. Wir haben keine Töchter, und was das betrifft: auch keine Söhne, die man in Bordelle verkaufen könnte. Wenn wir also mein Vermögen und das Eurige verlieren, werden wir niemandem schaden außer uns selbst.« Mit langen Schritten ging er zur Tür. »Beherrscht Eure Tränen, Claudia. Es ist schon schlimm genug, dass Ihr mich retten müsst. Euch noch weinen zu sehen, ist eine schlimmere Kränkung, als ich ertragen kann.« Er zog die Tür auf, blieb kurz darin stehen und betrachtete seine Comtesse. »Ich nehme an, ich muss Euch danken, dass Ihr meine Schulden bezahlt habt. Aber ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr mir in Zukunft meine Angelegenheiten selbst überlasst!«
    Sie nickte. Ihre Haltung war sehr aufrecht. »Wie Ihr wünscht. Gervaise«, sagte sie mit erstickter Stimme.
    »Ich gehe aus. Erwartet nicht, dass ich mit Euch zu Abend speise.« Er hatte die Befriedigung, ihre Fassung zerbrechen zu sehen. Claudia bedeckte das Gesicht mit den Händen und weinte. »Guten Tag, Madame.«
    Als er das Privatgemach hinter sich gelassen hatte, ging Gervaise über den langen Flur zu den Stallungen. Er hatte große Befriedigung aus der Unterhaltung mit seiner Frau gezogen, doch nun empfand er gewisse Zweifel. Tatsächlich wusste er nicht, wie er die kläglichen Überreste seines Vermögens retten sollte. Er hatte einige sehr beunruhigende Briefe von seinem Geschäftsführer erhalten, aber er weigerte sich zuzugeben, dass Claudia vielleicht richtig gehandelt hatte, als sie so viel von seinen Schulden bezahlte, wie sie es vermocht hatte. Er fluchte und hielt inne, als ein Lakai ihn anrief. »Was gibt es, Scirraino?«, verlangte er ungeduldig zu wissen, als der Diener herbeieilte.
    Scirraino verbeugte sich und sagte: »Es will Euch jemand sprechen, Herr«
    Gervaise fuhr zusammen; er dachte, dass es vielleicht um seine Schulden gehe. Sein Geschäftsführer hatte ihn vor dieser Möglichkeit gewarnt. »Hat er seinen Namen genannt?« Er sprach die Worte lauter, als er es beabsichtigt hatte, und verriet dadurch seine Unruhe. Er warf einen Blick über Scirrainos Schulter. »Wo ist er?« Wieder waren die Worte zu laut, und er verzog das Gesicht und sah zu der Tür, die zur Bibliothek führte. Plötzlich erkannte er, dass sie nur angelehnt war. Er stieß sie auf und betrat leise den Raum.
    Madelaine saß am Schreibtisch beim Kamin. Ein Kerzenleuchter beschien den alten ledergebundenen Band, in dem sie las. Sie hatte den Ellbogen aufgestützt, berührte ihren Hals und rieb sich langsam über die Haut. In ihren veilchenfarbenen Augen lag ein verstohlenes Lächeln.
    »Mademoiselle«, sagte Gervaise recht scharf.
    Madelaine sah ruckartig auf, blickte etwas verwirrt und erhob sich, um vor ihrem Gastgeber einen Knicks zu vollführen. »Was gibt es mein Herr?«, fragte sie, als sie den verzweifelten Schimmer in seinem Blick sah.
    »Nichts. Nichts.« Er musterte die Bibliothek, als habe er den Raum noch nie gesehen. Dann wandte er sich wieder zu ihr. »Was lest Ihr da?«
    Madelaine sah kurz auf das Buch hinunter. »Lateinische Gedichte. Hier, lasst mich Euch dieses vorlesen.« Sie nahm das Buch auf und drehte es so, dass ihr Schatten nicht über die Seite fiel.
     
    »Jucundum, mea vita, mihi proponis amorern
    Hunc nostrum internos perpetuumque fore.
    Di magni facite ut vere promittere possit
    Atque id sincere dicta et ex animo
    Ut

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