Hotel Transylvania
die
Alternativen. »Nun, Sattin, entweder arbeitet einer Eurer eigenen Gildenbrüder mit den Dieben zusammen, oder jemand hat Euer Geheimnis erfahren. Wie dem auch sei, Eure Gilde schwebt in der großen Gefahr, entdeckt zu werden. Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich mich nicht mehr lange in dieser Gegend aufhalten. Wenn die Justiz Euch nicht findet, wird es der tun, der den Athanor an sich nahm.« Er warf einen kurzen Blick auf die Fenster, die nun fast völlig verdunkelt waren. Schummriges Licht erfüllte den Schankraum, da nur zwei Talgkerzenleuchter die Düsternis zurückhielten. »Lasst uns zum Laboratorium gehen. Es ist dunkel genug, dass Domingo y Roxas für heute die Jagd nach dem Grünen Löwen aufgegeben hat.«
Widerwillig stand Sattin auf. »Folgt mir«, sagte er. Er verspürte eine seelische Verlassenheit, die ihn auslaugte.
Saint-Germain legte seinen Umhang wieder an, und als er die Schnalle festzog, berührte er den Rubin in der Spitze an seiner Kehle. »Ich frage mich«, sagte er zu Sattin, »ob Le Grâce an diesem Diebstahl teilgenommen hat.«
»Das wäre unmöglich.«
»Unmöglich?« Saint-Germains Augenbrauen hoben sich. »Sagt nicht unmöglich, Sattin. Jener Weg führt zu Blindheit.« Er blieb in der Tür stehen, um auf Sattin zu warten, und sah, wie der Blick des Engländers einen seltsamen Ausdruck annahm. »Was ist?«, fragte er.
Sattin zögerte und unternahm dann einen tollkühnen Vorstoß. »Ich dachte gerade an etwas, das ich einst gelesen hatte. Da war ein Mann, der vor fast einem Jahrhundert Helvetius aufsuchte.«
»Ja?«, sagte Saint-Germain leichthin.
»Er gab ihm ein Stück vom Stein der Weisen.«
»Welch ein Glück für Helvetius.«
»In seinem Buch beschreibt er den Mann. Er sagt, dass er mittelgroß war, dunkle Augen und dunkles Haar hatte, kleine Hände und Füße. Der Fremde sprach ausgezeichnetes Holländisch, aber mit einem leichten Akzent, der auf die nördlichen Regionen hindeutete. Selten erhob er seine Stimme, aber er hatte ein beeindruckendes Auftreten und große Autorität.«
Saint-Germain nickte. Seine Miene war ausdruckslos. »Warum erzählt Ihr mir das, Sattin?«
»Bis zu diesem Augenblick war mir nicht bewusst«, sagte Sattin fast wie in einem Traum befangen, »wie ähnlich Ihr und dieser Mann Euch seid.«
»Wie alt war Helvetius' Besucher? Hat der gute Mann das vielleicht irgendwo erwähnt?«
»Er sagte, dass er vielleicht zweiundvierzig Jahre alt war.« Nun war Sattin verwirrt, und er blieb am Tisch in der Mitte des Schankraums stehen.
»Und wie alt, meint Ihr, bin ich?«
»Nicht älter als fünfundvierzig.«
Saint-Germain hielt auffordernd die Tür auf. »Da habt Ihr Eure Antwort, Sattin. Lasst uns nicht weiter Zeit verschwenden.«
Aber Sattin starrte Saint-Germain mit insgeheimer Sorge an, als er ihn durch
die finstere Straße zu einem Haus in der Nähe der Schänke ›Zum Roten Wolf‹ führte. Die Nacht um sie war erfüllt von den letzten Geräuschen des Tages. Hier und da erklangen Stimmen und Geräusche hinter verschlossenen Türen, einige laut und fröhlich, andere eher Unheil verkündend. Über dem Gestank des Elendsviertels hing der Geruch von in Öl gekochtem Essen. Magere Katzen lungerten in den Schatten herum und wichen zurück, als Sattin und Saint-Germain vorbeigingen.
»Hier, Hoheit«, sagte Sattin ehrerbietig, als er eine Nebentür zu dem Haus aufzog, das gewiss das älteste in der ganzen Straße war. »Wir haben nicht viel, doch folgen wir unserer Berufung, so gut wir es vermögen.«
Schon im Lande Khem, das der Wissenschaft ihren Namen gab und nunmehr Ägypten genannt wurde, hatte Saint-Germain alchemistische Laboratorien gesehen und verfolgt, wie sie sich in vielen Ländern und zu vielerlei Zeiten entwickelt hatten. Er wusste, dass dieses hier heiß sein und stinken würde, und er ward nicht enttäuscht.
»Prinz Ragoczy«, sagte Domingo y Roxas, als er sich zur aufgehenden Tür wandte. »Ich wagte kaum zu hoffen, dass Ihr kommen würdet. Le Grâces Grazie hat uns auf dem falschen Fuß erwischt.« Er lächelte über seinen schwachen Scherz.
»Das ist nicht weiter wichtig. Ich weiß, wo Le Grâce ist, und werde mein karges Bestes geben, um festzustellen, ob er vielleicht den gegenwärtigen Verwahrungsort des Athanors kennt.« Er wandte sich um und verneigte sich vor der älteren Frau mit den strengen, entschlossenen Gesichtszügen. »Madame?«, sagte er auffordernd.
Sie nickte Saint-Germain ohne große Umschweife
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