Hotel Transylvania
kannst Milane herbeirufen und ihm die Aufgabe übertragen. Du«, zeigte sie auf, »warst diejenige, die sagte, dass sie bei der Vorbereitung der Fete helfen wollte.«
»Ich muss verrückt gewesen sein.« Sie stieß sich von dem kleinen Tisch ab, an dem sie arbeitete. »Ach, Tante, hört nicht auf mich. Ich habe Kopfschmerzen. Der Morgenbesuch von le General hat mich in schlechte Laune versetzt. Als ob sich irgendjemand um die österreichische Erbfolge scherte. Ist es nicht gleich, ob der bayrische Kurfürst oder Friedrich auf dem Thron sitzt?«
»Nun«, erklärte ihre Tante, als sie weiter an ihrem Gobelin arbeitete, »als Fleury noch lebte, hatten wir jahrelang Frieden, Madelaine, und das hassten die Generäle.« Sie beschäftigte sich einen Augenblick lang mit ihren Fäden und fuhr dann fort. »Jetzt ist Fleury tot und die Mätresse des Königs spricht sich für den Krieg aus – sehr dumm von ihr, wie ich denke. Das wird sie eines Tages noch die Zuneigung Seiner Majestät kosten, denk an meine Worte. Mittlerweile haben wir alle gelernt, Maria Theresia von Österreich zu verabscheuen, und da die Engländer sie nun unterstützen, liegt es auf der Hand, dass es Krieg geben wird.«
»Das ist dumm. Dumm und verschwenderisch!« Madelaine war an die Fenster getreten und sah nun hinaus. In dem schwachen Licht war sie sehr hübsch, und ihr dunkles Haar brachte die feine warme Farbe ihrer makellosen Haut aufs Vollkommenste zur Geltung. Sie trug ein schlichtes Kleid aus geblümtem Taft über einem einfachen Leinenunterrock mit Lochstickerei. Ihr Korb war selbst für morgendliche Hauskleidung sehr sparsam. Eine breite Schärpe aus rosigem Satin umfasste ihre schmale Taille, und weil es in dem großen Haus kalt war, hatte sie einen spanischen Fransenschal über ihre Schultern drapiert und unter ihrem Busen zusammengebunden. Ein Band aus dem gleichen Rosensatin wie ihre Schärpe wand sich durch ihr Haar und raffte die langen Locken in einem kunstlosen Haufen zusammen.
»Der König wünscht der Welt zu vermitteln, dass er wie sein Urgroßvater selbst regieren wird. Oh, es ist Narretei, denn in seiner Nähe gibt es fähige Männer, die an solcherlei Mühe gedeihen, und er, der Arme, hat keine wahre Freude an der Eintönigkeit der Regierung. Herrje«, unterbrach sie sich. »Ich wollte nichts Respektloses über Seine Majestät sagen, der natürlich ein ruhmreicher Herrscher ist.« Sie wandte sich einige Minuten lang wieder ihrer Nadelarbeit zu und sagte dann in einem ganz anderen Ton: »Mach dir keine Sorgen, Madelaine. Die Fete wird ein Erfolg. Du wirst mit Komplimenten und Aufmerksamkeiten überschüttet werden und sehr wahrscheinlich den Tag danach im Bett verbringen, um dich von deinen Lustbarkeiten zu erholen.«
»Ach, Tante. So meinte ich es nicht. Ich bin nicht ganz bei mir. Ich denke, es liegt am Wetter. Man hatte mir für heute Morgen einen Ausritt versprochen, aber bei diesem Regen ...« Abrupt wandte sie sich von den Fenstern ab und kehrte zum Tisch zurück.
»Es ist in der Tat schwer, im Haus zu bleiben, wenn es doch entzückend wäre, sich draußen aufzuhalten«, räumte Claudia ein, als sie sorgsam einen weiteren Faden auswählte und ihn gegen ihre Leinwand hielt. »Wie ärgerlich«, sagte sie mit veränderter Stimme. »Sie können ja sagen, was sie wollen, aber diese beiden Stränge kamen von zwei verschieden gefärbten Partien. Nun, dann werde ich wohl am Hintergrund arbeiten müssen, bis ich die Zeit gefunden habe, mich mit meinem Färber zu beraten.« Sie seufzte und zog ein langes Twist aus hellblauem Stickgarn aus ihrer Handarbeitskiste.
Madelaine beschäftigte sich gerade mit dem Zuschneiden einer neuen Feder und hörte das meiste gar nicht. Prüfend musterte sie die Tinte im Fässchen und goss ein wenig Wasser dazu. »Daran mag es gelegen haben«, sagte sie bei sich. »Die Tinte wird allmählich schrecklich dick.«
Der Stapel hatte sich um sechs weitere adressierte Einladungen erhöht, als die Tür sich öffnete und le Comte d'Argenlac den Raum betrat. Seine modische Kleidung verriet, dass er schon vor einer Weile eingetroffen war und seine Reisekleider abgelegt hatte. Er war ein gut aussehender Mann, der in seinem neununddreißigsten Jahr stand, aber in Anwesenheit seiner Frau hatte er die Manieren eines mürrischen Knaben.
»Gervaise«, sagte seine Frau und erhob sich.
Er küsste ihr die Hand mehr aus Benimm denn aus Interesse. »Guten Tag, Claudia, Ich sehe, es ergeht Euch wohl.« Er wandte sich
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