Hotel Transylvania
seine teuflischen Gefolgsleute benötigen werde.« Er hielt inne, als er das Erschrecken in Hercules Gesicht sah. »Denn sie sind teuflisch.«
Für seine Antwort musste Hercule sich räuspern. »Ja.«
»Ich hoffe, dass es dazu nicht kommt«, sagte Saint-Germain und gab damit eine Versicherung, die er selbst nicht empfand. »Bereite dich dennoch auf das Schlimmste vor, dann werden wir nicht unvorbereitet überfallen.«
»Ich werde Eure Pferde und Kutschen überprüfen müssen«, sagte Hercule und schob sich an Saint-Germain vorbei auf die Tür zum Küchenflur zu. Wo das Stroh die Kopfsteine nicht mehr bedeckte, machten seine Krücken ein pochendes Geräusch.
»Ihr müsst nur danach fragen.« Er sah Hercule an und achtete darauf, seinen Stolz nicht erneut zu verletzen. »Sprecht mit Roger.«
»Nachdem ich nach den Pferden und den Kutschen gesehen habe«, sagte Hercule. Schon wollte er die Tür mit einer Bewegung seiner Krücke schließen, aber er drehte sich um und sah Saint-Germain erneut in die Augen. »Lasst mich nur einen Schlag gegen Saint Sebastien führen, nur einen einzigen, und ich bin lebenslang Euer Mann, Comte.« Dann wandte er sich brüsk um, entfernte sich durch den schmalen Flur und ließ Saint-Germain allein im düsteren Stall zurück.
Eine Nachricht von Lucienne Cressie, von ihrer Zofe angenommen und von ihrem Gatten abgefangen:
Meine liebe Claudia;
einst botet Ihr mir an, mich in Eurem Haus aufzunehmen, falls ich je das Gefühl hätte, diesen Ort verlassen zu müssen. Als ich dies verweigerte, war ich grob zu Euch, und dafür muss ich demütig Eure Verzeihung erflehen und bete, dass Ihr nicht taub seid gegen meine Bitte. Wenn Ihr es über Euch bringt, mir meine Unbeholfenheit zu verzeihen, sendet mir über meine Dienerin Nachricht, damit ich es auch sicher erfahre. Mein Ehemann verwehrt es mir, jemanden zu empfangen oder Nachrichten auszusenden oder zu erhalten.
Ich habe Angst, Claudia. Ich habe Dinge gesehen und mehr von Verzweiflung und Demütigung erfahren, als dass ich der Befleckung, die sie auf meiner Seele hinterlassen haben, Ausdruck verleihen könnte.
Bitte, bitte weist mich nicht ab. Mein Leben und meine Rettung liegen in Eurer Hand. Um der Liebe Gottes und unseres Erlösers willen helft mir.
Lucienne
5
Saint-Germain, Ihr gebt nicht Acht«, sagte Jueneport, als er kurz von seinen Karten aufsah. »Setzt Ihr nun auf Euer Blatt oder nicht?«
»Was?«, fragte der Angesprochene leicht abwesend. »Ach, das Spiel. Nein, ich denke, ich werde das Spiel nicht beenden.« Er warf die Karten offen auf den Tisch und legte dadurch ein Blatt auf, das ihm den sicheren Sieg eingebracht hätte.
Die anderen fünf Männer starrten einen Moment lang auf die Karten, dann sagte Jueneport: »Eure Aufmerksamkeit muss wahrlich abgeschweift sein, wenn Ihr das Spiel mit so einem Blatt und fünftausend Livres auf dem Tisch verlassen wollt.«
Saint-Germain widmete ihm ein süßes und unechtes Lächeln. »Deswegen gehe ich doch. Wo liegt die Herausforderung bei einem Blatt wie diesem?« Er hatte sich vom Tisch zurückgestoßen und stand nun langsam auf. »Fahrt fort in Euren Zerstreuungen, Ihr Herren. Ich suche meinen Trost im Souperzimmer.«
Jueneport lachte laut auf. »Aber Ihr esst doch nie, Saint-Germain.« Er sah die anderen um Bestätigung heischend an und erblickte wissendes Geschmunzel.
»Wohl wahr, Jueneport, ich speise nicht in der Öffentlichkeit. Aber dort ist Konversation anzutreffen und einiges an Witz. Vielleicht kann ich Trost bei einem oder zweien Angehörigen der höflichen Gesellschaft finden, die nicht dem Trunke oder dem Glücksspiel verfallen sind.« Er sagte dies mit spöttischem Ton, der aufbrausendes Gelächter von den anderen hervorrief, und keiner erkannte die schreckliche Müdigkeit in seinem Blick. Er vollführte einen Kratzfuß, schwenkte sein parfümiertes Spitzentuch, rief Jueneport in Erinnerung, dass sein Glück sich dem Ende zuneigte, und schlenderte mit einem letzten Wortspiel zum Großen Saal des Hotel Transylvania.
»Guten Abend, Hercule«, sagte er zum Majordomus, als er die Tür zum Nordflügel durchschritt.
»Guten Abend, Comte«, antwortete Hercule mit vollkommen regloser Miene.
»Wer ist heute Abend hier, Hercule?« Wie er so da stand, wirkte er entschieden elegant in seinem nüchternen schwarzen Samt. Die silberne Bestickung seiner Brokataufschläge
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