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Hotel van Gogh

Hotel van Gogh

Titel: Hotel van Gogh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Bechtle
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nicht mehr gespieltem Ernst, vor.
    Die Überarbeitung des Manuskripts verläuft anders als das mühsame Abringen der Worte bei der ersten Fassung. Nachdem der Ablauf der Geschichte feststeht, passen frühere Darstellungen und Passagen nicht mehr, bis sich unvermittelt ein neues Ende aufdrängt und das Buch insgesamt in einem anderen Licht erscheint. Ich hatte nicht geahnt, wie fordernd Schreiben wirklich ist. An eine schnelle Umsetzung meiner Pläne gewöhnt, hatte ich damit nicht gerechnet. Jeder Satz, jedes Wort müssen immer wieder neu auf die Waagschale gelegt und überprüft werden. Oft lese ich laut, um zu hören, wie es klingt, ob die Worte so auch stimmen.
    Nach einigen Monaten steht die zweite Fassung. Ich habe über fünfzig Seiten herausgestrichen. Was mir unerlässlich erschien, steht plötzlich dem Lauf der Handlung im Weg. Neue Schwerpunkte haben sich entwickelt, fast unbemerkt, die Familie des Bankers etwa, die aufgewertet werden musste, um das irrationale Verhalten des Bankers im Widerspruch zu seiner rationalen Vergangenheit herauszustellen. Ein neues Buch, und wieder das Gefühl, dass nur so die Geschichte aussehen konnte, dass damit alles gesagt ist und es nichts mehr hinzuzufügen oder zu verfeinern gibt.
    Und nun, wie geht es weiter?
    »Lass den Entwurf ein paar Monate liegen. Du steckst zu tief drin!«
    Françoise hat recht, aber bereits nach einer Woche, in der ich das Manuskript nicht anrühre, gebe ich den Widerstand auf. Ich arbeite zwei Wochen ohne Unterbrechung daran, als hätte ich alles um mich herum vergessen. Entschieden weniger zu korrigieren als bei der ersten Überarbeitung. Die Geschichte fließt, die Personen leben, das Ende ist nachvollziehbar.
    Ich lese das Manuskript noch einmal in einem Zug. Es gibt nichts mehr hinzuzufügen, mehr wäre weniger, und was ich geschrieben habe, scheint mir unerlässlich.
    Ich drucke das Manuskript aus, 425 Seiten. Obenauf das Deckblatt: Central Park South, Roman von Arthur Heller .
    Von allen Seiten werde ich gefragt, wo mein Buch erschienen ist.
    Wie, noch nicht veröffentlicht?
    Offensichtlich verleiht erst die Veröffentlichung das Gütesiegel, den Beweis, auf den es ankommt. Ich habe mich drei Jahre versteckt, erst hinter Sarah und dann hinter dem Drogenmädchen. Was bedeutet ein fertiges Manuskript, das noch vor keinem Leser bestanden hat? Niemand hat mir beim Schreiben über die Schultern geblickt, keine Bewertungen, Besprechungen oder Lesungen. Sandkastenspiele, und sonst nichts. Das Schreiben ist eben auch eine Droge, ich habe zu spät festgestellt, dass ich dieser Sucht verfallen bin, und nun komme ich nicht mehr davon los.
    Als Unternehmer konnte mir niemand etwas vormachen, ich wusste genau, in welchen Maschinen und industriellen Anlagen meine Sensoren zum Einsatz kamen. Aber welcher Verlag sich für mein Buch interessiert oder welcher Lektor in welchem Verlag gerade auf mein Thema setzt? Beim Schreiben war ich nie so verzweifelt. Hoffnung und Träume waren meine Nahrung. Jetzt weiß ich nicht mehr weiter.
    Mein einziger Verlagskontakt ist Lauren, die Lektorin aus New York. Ihr Verlag gehört zu einer bedeutenden deutschen Verlagsgruppe. Sie kenne sich im deutschen Markt aus, hatte sie mir damals bei unserem zufälligen Kennenlernen erzählt. Auf Zufall ist Verlass. Ich sende Lauren eine E-Mail und schildere ihr mein Problem. Am nächsten Tag ruft sie an, ermutigend und zuversichtlich, wie es die Amerikaner gerne sind. Ich bin froh, dass sie meine Nervosität nicht sieht. Der erfolgreiche Geschäftsmann als stümperhafter Anfänger.
    Lauren meint, in den USA sei es üblich, über eine Agentur zu gehen. Dagegen gebe es in Deutschland nur wenig ernstzunehmende Agenten, die sich mit deutschen Autoren befassten, weil die Verleger dort im eigenen Markt immer noch selbst neue Talente entdecken wollten. Schließlich gibt sie mir drei Namen, darunter eine Agentin, die sie mir besonders ans Herz legt. Sie habe einmal als Verlagslektorin gearbeitet, könne ein Manuskript auf seine Marktmöglichkeiten hin lesen und verstehe die vertragliche Seite bis in die letzten Einzelheiten.
    Sofort schreibe ich ihr. Aber was soll ich über mich sagen, ich passe nicht in das typische Bild des Neuautors? Lauren hat mir versichert, dass das in Amerika gut ankäme, der Aussteiger, der schon immer schreiben wollte und dann den unternehmerischen Erfolg hinter sich lässt. Da gebe es prominente Beispiele. Ich bezweifle, dass dies auch in Deutschland gilt, ein

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