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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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und Stromkonzernen propagiert Atdorf als unverzichtbar
für die Energiesicherheit. Und das macht jemanden sehr zornig.«
    »Könnte sein. Unser Wächter könnte zum
Beispiel der Meinung sein, dass der Runde Tisch nur die Leute ruhig stellen
soll. Dass es nicht um Ökologie, sondern rein um ökonomische Interessen geht.
Dass unter dem Deckmäntelchen Ökologie ein nicht wiedergutzumachender Schaden
an der Natur angerichtet werden soll.«
    Iris zog die Nase kraus. » ›Erst drei, dann fünf, dann
sieben, dann weitere‹ , stand in dem Brief. ›Bis das
aufhört.‹ Müssen wir also zunächst von drei potenziellen
Mordopfern ausgehen? Ich denke, davon hat er gesprochen. Dann, falls sich
nichts tut, fünf. Dann sieben.«
    »Sehe ich auch so. Außerdem: Die heiße Phase für das Bauvorhaben
Atdorf kommt erst noch. Wenn die Pläne offen liegen und es um die
Ausgleichsflächen geht. Ich frage mich sowieso, wo dieser landschaftliche
Ausgleich für Atdorf und die A98
eigentlich herkommen soll.«
    »Werter Kollege, was das angeht, kommen eben andere Gegenden
Baden-Württembergs in den Genuss, dann werden die sogenannten Ausgleichsflächen
in Form eines neuen Biotops oder einer Aufforstung zum Beispiel bei Karlsruhe
entstehen. Im Zweifel fließt halt Geld. Aber das ist alles ziemlich vage. Gibt
es denn bei euch wirklich so gar keine konkreteren Hinweise? Wenigstens einen
klitzekleinen Anhaltspunkt?«
    Martin Felix zuckte die Schultern. »Nein. Die Spur, in die ich die
größte Hoffnung setze, ist die Überprüfung derjenigen, die sich via Internet
oder Leserbriefen in irgendwelchen Kommentaren gegen Atomkraft, gegen Atdorf
oder gegen Stuttgart 21 ergehen. Außerdem hetzen rechte Aktivisten auf
ihrer Homepage gegen linke, und die wiederum outen die Rechten im Netz. Das
erleichtert uns die Arbeit etwas.« Er grinste schief.
    »Und was gilt für alle anderen? ›Es lebe der große Lauschangriff‹?«
    Martin Felix ignorierte die Bemerkung. »Was halten Sie denn davon,
einmal eine Liste all derer zu schreiben, die Sie sich als potenzielle Mörder vorstellen könnten? Sie kennen doch die Leute
hier.«
    Nun, keine Antwort war auch eine. »Vielleicht ist das gar keine
schlechte Idee. Apropos – soll ich auch den Keltenforscher auf die Liste
nehmen, der neulich via Leserbrief darauf hingewiesen hat, dass durch die
Umweltzerstörung auch Feengebiete vernichtet werden?«
    Der Glückliche hob die Augenbrauen. »Feengebiete?«
    »Ja, Regionen, in denen Feen leben. Ist doch ein schöner Gedanke,
dass es solche Gegenden bei uns noch gibt, oder?« Sie reckte das Kinn.
    »Können Sie nicht einmal sachlich bleiben?«
    »Sie sind gut. Ich muss mich in Kreativität üben. Ich bin
schließlich auf dem besten Wege, eine erfolgreiche Galeristin zu werden.
Blöderweise habe ich dabei auch noch Trautmann an der Hacke.«
    »Sparen Sie sich Ihren Sarkasmus. Und was Trautmann betrifft: selbst
schuld. Außerdem glaube ich, dass Ihnen das gar nicht so unrecht ist.«
    »Grinsen Sie nicht so blöd. Sie Hauptkommissar. Sie hatten schon
immer die Menschenkenntnis eines Igels.«
    Er runzelte die Stirn. »Eines Igels? Was soll das denn heißen?«
    »Kleines Hirn, stachelig, und im Fall von Gefahr rollt er sich zusammen
und stellt sich tot.«
    »Das ist jetzt aber nicht fair.«
    Dieses Mal feixte sie. »Nein, nicht so ganz. Aber ein bisschen
schon. Ich gehe übrigens morgen zur Demo bei Kleindöttingen unter dem Motto
›Menschenstrom gegen Atom‹ gegen das Schweizer KKW Beznau. Es haben jede Menge Schweizer, aber auch deutsche Umweltinitiativen zum
Mitmachen aufgerufen, hundertneunundvierzig, glaube ich. Es sind auch einige
von der Bürgerinitiative gegen das Pumpspeicherwerk Atdorf dabei, das stand im
Laufenburger Mitteilungsblatt. Mal sehen, ob sich da etwas ergibt. Außerdem
muss ich nicht mehr auf irgendwelche Landesgrenzen
oder Bürokraten Rücksicht nehmen, nicht wahr?«
    »Geben Sie zu, das ist praktisch.«
    »Alles hat was Gutes, sagte meine verstorbene Mutter immer, wenn sie
mal wieder den Liebhaber gewechselt hatte.« Sie biss sich auf die Lippe.
    Er lachte, es klang gekünstelt. Dieses Weib war unmöglich. Es gab
niemanden, der so penetrant sein, der ihn so schnell auf Hundert bringen
konnte. Aber er bewunderte ihren Verstand und hatte in den Jahren der
Zusammenarbeit gelernt, ihrem Instinkt zu vertrauen. Mochte sie auch
widerborstig sein, er schätzte diese nägelkauende, sture Person. Irgendwie
beneidete er sie sogar, weil sie sich nicht

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