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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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zu
sammeln, was dazu veröffentlicht wurde. In seinem Schlafzimmer lagen die
Zeitungen an einer Wand schon kniehoch.
    Der Drucker ratterte und spuckte die beiden Meldungen des
Landkreises Lörrach aus, die er abheften wollte. Er war und blieb eben ein Fan
des Papiers. »Seit Wochen kaum Regen – die Situation für die
Gewässer im Landkreis wird zunehmend kritischer … ansteigende
Konzentrationen der Schmutzstoffe … und damit absinkende
Sauerstoff-Gehalte – all dies setzt nicht nur den Fischen, sondern auch
den Kleinlebewesen in und an den Gewässern zu.«
    »Auch die nächsten Tage ist kaum Regen in Sicht, die
angekündigten Gewitter mit lokalen Schauern werden die Lage nicht wesentlich
bessern …«
    Trautmann hatte keine Ahnung, ob er diese beiden Meldungen jemals
benötigen würde. Aber seit er sich vor mehr als zwei Jahren vom Autor von
Westernromanen zum Detektiv hatte umschulen lassen, sammelte er Nachrichten
praktisch aus beruflichen Gründen. Vielleicht konnte er sie außerdem einmal
nutzen, um Krimis zu schreiben. Diese Westernromane um seinen immer
heldenhaften Helden Peter West hingen ihm sowieso zum Hals raus.
    Und irgendwann, wenn sie sich einmal als nicht so widerborstig
erwies, würde er dies alles Iris Terheyde zeigen. Vielleicht wäre sie dann
beeindruckt. Wenigstens ein wenig.
    Sie wich ihm wieder einmal aus. Dabei hatte sich doch alles so gut
angelassen.
    Trautmann war sicher, dass sie ihm etwas verschwieg. Er kannte sie
gut genug. Hinter der angeblichen Kündigung, dem Traum von der eigenen Galerie
und dieser plötzlichen Anstellung als Aushilfe in Lindas Buchhandlung steckte
mehr, eine Gefahr, über die sie nicht sprach. Er hatte sie noch nie so verletzt
und wütend gesehen wie vorgestern Abend, als er ihr im Rebstock über den Weg
gelaufen war. Er sah sie wieder vor sich, wie sie am Katzentisch mit einem
leeren Rotweinglas vor sich, schon halb betrunken, neben der Tür zur
Rheinterrasse saß und den nächsten Schlegel bestellte. Es war ganz sicher nicht
der erste Schnaps und der erste Rotwein gewesen. Und das war so gar nicht ihre
Art. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass sie es hasste, die Kontrolle über
sich zu verlieren. »Lasch mich in Ruh!«, hatte sie ihn anfangs mit schwerer
Zunge angefaucht. Und dann doch von ihren Plänen erzählt.
    Da hatten bei ihm alle Alarmglocken geschrillt. Das war nur die
halbe Wahrheit. Sie war in Gefahr!
    Schon allein bei diesem Gedanken stellten sich ihm die Härchen an
den Armen auf. Sie war nun einmal sein Gänseblümchen, ob es ihr gefiel oder
nicht. Mochte sie auch noch so widerborstig sein. Oder sich so geben. Doch er
hatte genau gewusst, dass sie ihm nicht mehr erzählen würde. Je mehr er in sie
drang, umso bockiger hatte sie reagiert. Also hatte er ihr den Vorschlag unterbreitet,
in der Galerie auch eine Detektei aufzumachen.
    Er wusste, dass auch er ihr nicht gleichgültig war. Er spürte es
einfach. Und dann wieder dachte er, er würde sich das alles nur einbilden. Weil
er es sich so sehr wünschte.
     
    »Akazie blüht,
    doch ich steche mich
    an einem Dorn.«
     
    Max Trautmann seufzte. Ja, so war sie. So hatte sie sich
in seine Gefühle geschlichen und sich darin festgekrallt. Sperrig, kratzbürstig,
unberechenbar. Im einen Moment offen und herzlich, im nächsten verletzend,
immer dann, wenn er schon begann, Hoffnung zu schöpfen. Wie eine Mimose, ein
Pflänzchen »Rühr mich nicht an«, das bei der kleinsten Berührung die Blätter
einrollte. Er konnte die Haikus schon nicht mehr zählen, die er über sie geschrieben
hatte, hatte sich aber inzwischen damit abgefunden, dass er sie ihr nie würde
zeigen können. Das war frustrierend. Sehr. Noch frustrierender jedoch wäre eine
Welt ohne sie. Das war seine größte Angst. So etwas hatte er schon einmal
erlebt. Damals, als seine geliebte Stiefschwester Klara Selbstmord begangen
hatte und damit einfach aus seinem Leben verschwunden war. Als Iris nach dem
Selbstmord und dem Tod des Stiefvaters gegen ihn ermittelt hatte. Damals hätte
etwas aus ihnen werden können. Beinah jedenfalls. Trautmann wusste, dass das schon
an Paranoia grenzte. Er hatte panische Angst, dass das, was hinter Iris’
Veränderung steckte, sie dazu veranlassen könnte fortzugehen, weg aus der Wohnung,
die der seinen direkt gegenüber lag, und fort aus seiner Welt. So wie Klara.
    Er blätterte zurück und überflog die Überschriften zum geplanten
Pumpspeicherwerk Atdorf. Der Artikel »Pannen bei der Planung« stammte

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