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House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
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Trotz der von Karfreitag und Ostersonntag angebotenen falschen Hoffnung auf Pfingsten, bestand kein Zweifel über Gottes Absicht: Tod. Trotz des technokratischen Vorstoßes in das Leben, spannte Gott seinen Bizeps und Trizeps und vermutlich auch seinen Infiniomnizeps und machte sich mit dem Tod über uns lustig. Während der Feiertage starben die Patienten wie die Fliegen.
    Es war unheimlich. Wir arbeiteten wie wahnsinnig an einem Patienten. Es sah aus, als hätte er es geschafft, und dann,
bliep,
Herzstillstand und Tod. Ich nahm einen Patienten in der Notaufnahme auf, und als ich mein Stethoskop aufsetzte, griff er sich an die Brust, lief blau an und starb. Ich schlief friedlich, und plötzlich,
ssss,
der Reanimationsalarm. Ich rannte blinzelnd in helles Neonlicht und Musikberieselung hinaus, versuchte meine Schlaferektion zu verbergen und suchte das Zimmer, wo die Panik regierte. Doch natürlich hatte Gott seinen Zug bereits getan und wieder einen kalt gemacht. Nachher, als wir die von Ollie gesammelten Berichte durchgingen, fanden wir, daß trotz all unserer Vorkehrungen ein aberranter Schlag in die vulnerable Phase gefallen war und,
pliep
 – geifernd und arrogant kam der Tod hereinstolziert.
    Wir waren alle schockiert. Die Familien der Toten, erst von Hoffnung aufgebaut und dann von Verzweiflung niedergeschlagen, litten jenseits aller Worte. Überrumpelt taumelten und dümpelten ihre von den Ankertauen geschnittenen Herzen in ihrer Brust wie Wollknäuel in leeren Taschen. Sie badeten uns in ihren Tränen. Jo, die Perfektionistin, war schwer angeschlagen. Am vierten Tag des Passafestes war sie außer sich vor Zorn. Sie wehrte sich gegen die entsetzliche Vorstellung, sie persönlich könne dabei versagt haben, die Patienten am Leben zu erhalten. Sie hielt sich an eine Art Phlogiston-Theorie und behauptete, auf der Station sei irgend etwas vergiftet. Als Pinkus kam, überfiel sie ihn mit dieser Idee und bestand darauf, die Station von oben bis unten auseinanderzunehmen, bis das schädliche Agens gefunden sei, das ihre Patienten umbrachte. Pinkus sagte phlegmatisch, sie könne tun, was sie wollte, wenngleich er nicht glaube, daß das der Grund sei. Er ließ mich seine Beine anfassen, und ich sagte:
    »Erstaunlich.«
    »Der Marathon ist in sechs Tagen. Ab heute pumpe ich mich mit Kohlehydraten voll.«
    »Pinkus«, sagte Jo mit großem Nachdruck, die Ringe unter ihren Augen noch schwärzer als sonst, »eins möchte ich hier mal vollkommen klarstellen: Wir werden diesen Krieg gegen den Tod gewinnen.«
    Der vorletzte Rückschlag für Jo kam in der fünften Nacht um vier Uhr. Sie blieb gewöhnlich praktisch die ganze Nacht auf, aber der Druck, als erster weiblicher
Resident
direkt mit dem Todesengel ringen zu müssen, hatte sie ausgelaugt, und da alles unter Kontrolle zu sein schien, hatte sie sich in dieser Nacht für eine Stunde hingelegt. Kurz darauf brach die Hölle los, mit einem Mann namens Gogarty. Ein massiver, funkelnagelneuer Herzinfarkt mit Herzstillstand. Jo wurde gerufen, und mit einem Fanatismus, den die Station noch nie gesehen hatte, verbrachte sie eine Stunde damit, das Opfer mit einer Vier-Sterne-Therapie ins Leben zurückzuzwingen. Unglücklicherweise erwies sich Gogarty als Ablenkungsmanöver, denn als Jo und die Schwestern sein Zimmer verließen, was erblickten da ihre müden Augen? Die alte Lady Zock lag mausetot, Arme und Beine von sich gestreckt, mit der Nase auf den Fliesen der Station. Was war passiert? Die alte Lady Zock hatte den Aufruhr in Gogartys Zimmer gehört und wollte in einer letzten philanthropischen Geste hilfreich bei der Reanimation einspringen. Der herzzerreißendsten Regel des
House of God
entsprechend: Gomers gehen zu Boden, hatte sie genau dies getan, dabei ihren Herzschrittmacher, der ihr großzügiges Herz in Bewegung hielt, abgerissen und war gestorben. Die letzte Ironie, typisch für Jos Leben, war, daß sie selbst darauf bestanden hatte, alle Schwestern zu Gogarty hinzuzuziehen, so daß sich niemand um Lady Zock kümmern konnte. Wenn aber ein Zock vernachlässigt wird, so erbebt Gottes Haus.
    Am nächsten Morgen gab es einen Riesenwirbel. Die Zocks erhoben sich gegen die Medizin. Schuldzuweisung war angesagt. Der Leggo unterließ es, bei der Gegenüberstellung um eine Obduktionserlaubnis zu bitten. Nicht so Jo, und die Lage wurde prekär. Der Leggo schickte Jo, zum Teufel noch mal, zurück auf Station. Wir sahen, wie er die Herde der Zocks zu dem grünen

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