House of God
um uns herum. Der Grünstreifen, saftig vom frischen Regen, verlief quer vor uns vom See, der das Landhaus links widerspiegelte, an der hundertjährigen Eiche vorbei, unter der die WASPs ihre Hochzeiten abhielten, bis zu der alten Steinmauer, dahinter die symmetrischen und alten Häuser. Ein Hund kam, um zu spielen. Er ließ einen Stock immer ein Stück näher fallen, bis ich ihn aufnahm und warf und er hinterherjagte. Nach einer Weile war ich müde. Er merkte es und lief davon. Meine Gedanken suchten wie Marschflugkörper immer wieder ihr Ziel, die Intensivstation.
Auf der Rückfahrt war ich unruhig. Berry spürte es und fragte:
»Was ist los, Roy? Du hast den schwersten Teil des Jahres hinter dir.«
»Ich weiß. Ich vermisse es. Es ist schwer, mich zu entspannen. Selbst Fischen wäre leichter als das. Hab ich dir erzählt, daß ich mir eine Angel gekauft habe? Weißt du, ich brauche deine Hilfe. Mit deiner psychologischen Fachkenntnis kannst du mir vielleicht sagen, wie ich mich ändern kann.«
»Was ändern?«
»Meine Persönlichkeit. Ich möchte aus Typ A ein Typ B werden.«
Berry sagte nichts dazu. Wir trennten uns, wollten uns aber am Abend wieder treffen. Wir hatten Karten für Marcel Marceau.
Ich war ruhelos. Mir fehlte etwas. Es ging mir nicht gut. Ich wollte nicht zu Marcel Marceau, ich wollte auf meine Station. Es wäre merkwürdig, wenn ich am Abend einfach wieder hinginge, in meiner ersten freien Nacht. Außerdem war ich dort fertig. Aber, Moment mal, Jo hat es doch genauso gemacht! An meinem ersten Tag dort hatte sie die ganze Nacht bei Mrs. Pedley verbracht. Ich würde es auch tun. Unter dem Vorwand, daß ich mir um die alte Dame mit ventrikulärer Tachykardie Sorgen machte, wollte ich die Nacht auf der Station verbringen. Erst als die hermetischen Türen sich hinter mir schlossen, ich das ätherische
In aaachzig Taagen um diiie Welt …
hörte und es mir auf einem Stuhl in Mrs. Pedleys Zimmer bequem machte, war ich wieder ruhig.
Die Ruhe sollte nicht von Dauer sein. Berry erschien, todschick zurechtgemacht:
»Roy«, sagte sie, »was zum Teufel tust du hier? Wir wollten zu Marcel Marceau. Du hast selbst die Karten gekauft, erinnerst du dich?«
»Hier, fühl das mal«, sagte ich und zeigte auf meine
gastrocs.
»Was ist mit Marcel Marceau?«
»Außer Betrieb.«
»Also gut, Roy, entscheide dich: entweder dies hier oder ich.«
Ich hörte mich sagen: »Dies hier.«
»Genau das habe ich erwartet«, sagte Berry, »und ich nehme es dir nicht ab, denn du bist krank!«
Sie machte eine Bewegung zum Korridor hin, und im nächsten Augenblick kamen die beiden Polizisten, Gilheeny und Quick herein. Hinter ihnen erschienen Chuck und der Kleine.
»Einen schönen guten Abend Ihnen, aus den Tiefen meines nervösen Magens heraus«, sagte der Rotschopf und humpelte herein. »Wir haben Sie nicht mehr gesehen, seit Sie ein Super
-Intern
auf dieser unheimlichen Station geworden sind.«
»Wir haben Sie vermißt«, sagte Quick. »Finton hier, mit seinem verhuntzten Bein, kann Ihre Gesellschaft nicht mehr in dem Maße suchen, wie er es früher konnte.«
»Was zum Teufel machen Sie hier?« fragte ich mißtrauisch.
»Ihre Freundin sagt, Sie seien verrückt geworden und weigern sich, diese Station zu verlassen und mit ihr ins Theater zu gehen«, sagte Gilheeny.
»Ich gehe auch nicht«, sagte ich. »Es ist BK zwischen ihr und mir. So ist es nun mal. Wir haben Schluß gemacht.«
»He, Mann«, sagte Chuck, »du wills doch wohl nich hier bleiben, bei diesen jammervollen Patienten. Du bis fertich mit der beschissenen Station hier. Komm raus hier, Mann, komm mit.«
»Sie sind nicht jammervoll. Man kann sie retten.«
»Roy«, sagte der Kleine, »du benimmst dich wie ein Esel.«
»Vielen Dank, meine lieben Gutwetterfreunde. Ich bleibe hier. Ihr könnt mich nicht mehr verstehen. Bitte, laßt mich in Ruhe.«
»Unbefugtes Betreten ist ein Vergehen«, sagte Gilheeny, »also müssen wir Sie entfernen. Los, Jungs!«
Ich wehrte mich heftig und fluchte, aber Chuck, der Kleine und Berry hievten mich unter Gilheenys und Quicks Anleitung hoch, trugen mich hinaus, schleppten mich die Treppen hinunter und schoben mich ins Polizeiauto, das mit heulenden Sirenen durch den Stadtverkehr jagte und Berry und mich vor der Theatertür absetzte. Da saß ich nun, verdammte Scheiße. Ich überlegte, wie ich am besten abhauen könnte, sobald Berry und ich allein waren, aber ich hatte die Polizisten wieder einmal unterschätzt.
»Sie
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