House of Night 7. Verbrannt
Rae schüttelte den Kopf, wie um zur Besinnung zu kommen, hob eilig Dallas’ Hemd vom Boden auf und streifte es über. »Was zum –«
»Bleib hinter mir, Stevie Rae. Der kriegt dich nicht.«
In immer gleichem Abstand folgte Rephaim dem Jungen, der langsam zurückwich, wobei er Stevie Rae ebenfalls zum Zurückweichen nötigte. Dann aber spähte Stevie Rae an ihm vorbei, und ihre Augen weiteten sich, als sie Rephaim endlich wahrhaft erkannte.
»Nein! Das ist nich wahr. Du darfst nich hier sein!«
Die Worte durchbohrten ihn wie Messer.
»Aber ich bin hier!« Sein Zorn war längst übergekocht. Der Junge zog sich immer weiter zurück, mit Stevie Rae hinter sich. Rephaim überquerte die Schwelle zur Küche. Dabei lenkte eine flüchtige Bewegung seinen Blick nach oben.
Dicht unter der Decke wogte eine unheilvolle Masse aus Finsternis.
Rephaim riss sich davon los und richtete den Blick wieder auf die beiden. Er wollte jetzt nicht an die Finsternis denken. Er durfte nicht einmal entfernt die Möglichkeit in Betracht ziehen, der weiße Stier könnte zurückgekehrt sein, um den Rest seiner Schuld einzufordern.
»Bleib stehen!«, schrie der Junge und wedelte mit der Hand, wie um einen Vogel zu verscheuchen, der durchs Fenster in ein Haus geflattert war.
»
Lassss
mich vorbei! Sie gehört mir!« Er verwünschte sich wegen des tierhaften Zischens in seiner Stimme, konnte aber nichts daran ändern. Er war am Ende seiner Geduld.
»Bitte geh, Rephaim. Alles ist okay. Dallas tut mir nich weh.«
»Ich soll einfach gehen? Dich verlassen?«, brach es aus Rephaim hervor. »Wie stellst du dir das vor?«
»Du solltest nich hier sein!«, schrie Stevie Rae, die aussah, als wollte sie gleich in Tränen ausbrechen.
»Wie hätte ich fernbleiben können? Hast du tatsächlich geglaubt, ich würde nicht bemerken, was du vorhast?«
»Verschwinde!«
»Ich soll wegrennen? Wie du vor mir? Nein. Das werde ich nicht tun, Stevie Rae. Ich habe mich
entschieden
, es nicht zu tun.«
Der Junge hatte die Wand erreicht. Während er Rephaim unentwegt anstarrte, tastete er nach einigen Schnüren, die aus einem Loch in der Wand ragten.
»Ihr kennt euch wirklich.«
»
Gewisssss
, du Narr!«, zischte Rephaim und hasste sich für die unbezähmbare Bestie in seiner Stimme.
»Woher?«, schleuderte der Jungvampyr Stevie Rae entgegen.
»Ich kann das alles erklären, Dallas.«
»Gut!«, rief Rephaim, als hätte sie nicht mit dem Jungen, sondern mit ihm gesprochen. »Ich will eine Erklärung für das, was hier geschehen ist.«
»Rephaim.« Sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. Es wirkte sehr frustriert. »Das ist jetzt echt ungünstig.«
»Ihr kennt euch.«
Rephaim bemerkte die Veränderung im Ton des Jungen schneller als Stevie Rae. Er sprach härter – kälter, hasserfüllter. Die Finsternis über ihnen erbebte wie in freudiger Erwartung.
»Ja, schon. Aber ich kann’s erklären. Schau, er –«
»Du hattest die ganze Zeit was mit ihm.«
Sie runzelte die Stirn. »Die ganze Zeit? Nein. Ich hab ihn nur gefunden, als er schwer verletzt war; ich wusste nich, was –«
»Die ganze Zeit hab ich dich behandelt wie ’ne Königin, als ob du ’ne
echte
Hohepriesterin wärst«, unterbrach er sie wieder.
Sie sah verletzt und schockiert aus. »Ich
bin
’ne echte Hohepriesterin. Aber hör doch zu, ich hab Rephaim gefunden, als er schwer verletzt war, und ich konnte ihn einfach nich sterben lassen.«
Rephaim nutzte die Tatsache, dass die Aufmerksamkeit des Jungen ganz auf Stevie Rae gerichtet war, um sich Stück für Stück näher an diesen heranzupirschen.
Die Finsternis über ihnen verdichtete sich.
»Er war dabei, als du in dem Kreis fast umgebracht wurdest!«
»Er war derjenige, der mich in dem Kreis gerettet hat!«, schrie Stevie Rae zurück. »Wenn er nich aufgetaucht wär, hätte der weiße Stier mich leergetrunken.«
Ihre Worte beeindruckten den Jungen nicht. »Du hast dieses
Ding
vor uns geheimgehalten. Du hast uns alle angelogen!«
»Mann, Dallas! Ich wusste nich, was ich sonst machen soll!«
»Du hast mich angelogen, du Nutte!«
»Das sagst du nich nochmal!« Stevie Rae verpasste ihm eine Ohrfeige. Eine sehr heftige.
Dallas taumelte einen halben Schritt rückwärts. »Was hat das Scheiß-Ding mit dir gemacht?«
»Außer mir zweimal das Leben zu retten? Nichts!«, brüllte sie.
»Er hat dir ’ne totale Gehirnwäsche verpasst!«, brüllte Dallas zurück. Die Finsternis über ihnen begann von der Decke zu tropfen, als habe
Weitere Kostenlose Bücher